Andreas Wieland: «Hoffentlich ist Graubünden mutig genug»

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Andreas Wieland, letztes Mal dagegen, diesmal dafür und an vorderster Front aktiv. Was hat den Meinungsumschwung herbeigeführt?

Das ist kein Meinungsumschwung. Ich war bei der letzten Olympia-Abstimmung in Graubünden dagegen, weil wir temporäre Bauten für eine Milliarde Franken hätten bauen müssen. In unserem Konzept verwenden wir bestehende Anlagen und bringen diese auf den neusten Stand! Das ist ein fundamentaler Unterschied.

In der Zwischenzeit hat sich auch das wirtschaftliche Umfeld in Graubünden dramatisch verschlechtert. Man stelle sich vor: Der Rückgang der Logiernächte in Graubünden ist jedes Jahr grösser als die Einwohnerzahl im Kanton! Das Investitionsklima hat sich merklich abgekühlt und wird auch in den nächsten Jahren frostig sein. Wer soll in diesem Umfeld Geld im Kanton investieren? Dazu kommt die IOC-Agenda 2020, die neue Möglichkeiten für eine Kandidatur zulässt.

Die Agenda 2020 des IOC wird viel erwähnt, die Gegner glauben ihr aber grundsätzlich nicht. Welches sind die Kernpunkte darin, die Olympische Spiele in Graubünden attraktiver machen?

Motiviert hat mich in erster Linie, dass dezentrale Spiele möglich sind. Das war mein Haupt-Kritikpunkt bei der letzten Abstimmung. Die Charta ermöglicht deutlich günstigere Spiele, bei denen keine Bauruinen zurückbleiben. Nicht nur dadurch werden die budgetierten Kosten kleiner, auch in der operativen Durchführung unterstützt das IOC die Organisatoren finanziell neu auf einem ganz anderen Level.

Aber ist Olympia in Graubünden deswegen sinnvoll?

Mein Wunsch ist es, Graubünden gesellschaftlich weiter zu bringen. Olympia ist das Ziel, das uns auf dem Weg der Transformation in die digitale Zukunft begleitet. Wir müssen zeigen, dass wir in Graubünden Outdoor-Sport auf einem Niveau betreiben und organisieren wie nirgendwo auf der Welt. Alle Standorte sind da, das Knowhow auch. Wenn wir das nicht packen, dann kann es eigentlich niemand.

Bleiben wir beim Schlagwort «Digitalisierung», das immer wieder fällt. Was heisst das konkret? Wie sieht die digitalisierte Zukunft in Graubünden, im Tourismus aus?

In Graubünden mangelt es an Leuchtturmprojekten, die international beachtet werden. Leuchtturmprojekte kamen in der Vergangenheit vor allem aus den Bereichen Architektur, Forschung und Kultur. In Zukunft sind digitale Leuchtturmprojekte zu erwarten. Olympische Spiele haben das Potential, ein globales Leuchtturmprojekt mit Ausstrahlung in die beteiligten Kantone in die Schweiz und in die ganze Welt zu sein.

Olympische Spiele eröffnen dem Kanton Graubünden die Chance, sich auf der einen Seite als landschaftlich bezaubernder, gastfreundlicher und weltoffener Kanton zu präsentieren und auf der anderen Seite durch die Digitalisierungsoffensive während der olympischen Spiele mit einer digitalen Leistungsschau zu zeigen, dass man ein digitaler und vernetzter Kanton ist.

Zum Beispiel?

Wir sprechen zum Beispiel von führerlosen Pistenfahrzeugen, die via GPS und Sensortechnik nachts die Pisten automatisch erstellen. Oder von Pisten-Pricing-Modellen, bei denen Schneesportler für die gefahrenen Kilometer und die Pistenqualität bezahlen. Oder von Kamerasystemen, die mit den Gästen kommunizieren können – oder die es erlauben, dass Feriengäste auf der Piste miteinander sprechen können. Es geht aber auch um das grosse Thema «Big Data». Es wird zukünftig immer schwieriger, die Menge an Informationen auszuwerten, zum Beispiel die Anzahl Gäste zu vergleichen mit den Online-Interessenten an einem Angebot mit dazugehöriger Analyse, welche Kommunikation wirkt und welche nicht. Dann heisst Digitalisierung aber auch Investition in Verkehrsleitsysteme, um Optimierung von Kundenprozessen und der Verstärkung des Kundenerlebnisses. Oder die Sharing Economy, wo Leasing das Eigentum ablöst.

Das heisst?

Ich nenne gerne das Beispiel Formel 1, ich habe das in Hockenheim gesehen. Alle Fahrer sind verdrahtet und werden in Echtzeit überwacht. Das Publikum erhält alle Informationen via Sensoren und spüren den Stress, den die Fahrer in gewissen Situationen erleben. Man ist hautnah dabei, selbst wenn man zuhause in der Stube sitzt. Diese Gefühle auf die User zu übertragen, ist ein echter Mehrwert und wird auch mobilitätsmässig Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Ein anderes Beispiel: Heutzutage sind Werbevideos das eine.

Wenn aber User von sich aus Videos erstellen und beispielsweise auf Youtube hochladen, kann das eine vielfach höhere Glaubwürdigkeit aufweisen. Warum nicht solche positiven Beeinflusser beispielsweise mit Gratistickets belohnen? Das muss man aber irgendwie in ein System bringen. Die Digitalisierung ist an den verschiedensten Fronten möglich, wir müssen sie nur vorantreiben. Die zehn Jahre Vorbereitung, die Olympische Spiele mit sich bringen, ermöglichen genau dies.

 

Wie Andreas Wieland seine Rolle als Olympia-Promotor sieht und um wie viel Geld es wirklich geht, lesen Sie auf der nächsten Seite.