Eine wöchentliche Hockey Kolumne mit den wichtigsten Meldungen, besten Spielern und lustigsten Aktionen der Woche. Ein Ranking, das man nicht zu ernst nehmen sollte.
MySports richtet mit grosser Kelle an und gibt freudig an, Pioniere in Sachen Advanced Stats zu werden. Zeit, die 15 wichtigsten Statistiken genauer unter die Lupe zu nehmen. Ein Gespräch zwischen den beiden HCD Fans Rudi Rational und Egon Emotional:
Rudi: „Und, biste ready?“
Egon: „Weiss noch nicht. Ich brauch zuerst was zu trinken. Ich kann mich schon nicht mehr erinnern, über was wir letzte Woche gesprochen haben.“
Rudi: „Kannst du hier nochmals nachlesen.“
Egon: „Ah, genau. Corsi, WoWy, und der andere Kram.“
Rudi: „Oje. Also, auf geht’s zu den nächsten Stats, die du kennen solltest. Ich versuche, es dir so einfach wie möglich zu machen.“
Egon: „Du Nerd.“
Rudi: „Ich lass mich auf dein Niveau runter. Ok, los geht’s.“
5. Zone Starts (Offensive/Defensive Zone-Starts-Ratio)
Egon: „Klingt langweilig.“
Rudi: „Ist aber logisch.“
Egon: „Dann erklär mal, Brilli.“
Rudi: „Bist du heute etwas zickig? Also, ich machs dir ganz einfach: Wenn ein Spieler in der gegnerischen Zone aufs Eis darf, hat er mit grosser Wahrscheinlichkeit positivere Corsi Werte als ein Spieler, der im eigenen Drittel zum Bully antreten muss. Wo ein Spieler eingesetzt wird, hat einen enormen Einfluss auf das End-Resultat und schlussendlich auf die individuelle Statistik.“
Egon: „Logo. Und wie heisst das Ganze?“
Rudi: „Die Rede ist von sogenannten Zone-Starts, oder genauer gesagt von Offensive (OZS) und Defensive (DZS) Zone-Starts.“
Egon: „Sag mal, erfindest du eigentlich diese doofen Namen?“
Rudi: „Nein.“
Egon: „Also, gib mir ein Beispiel für OZS und DZS.“
Rudi: „Ok. Andres Ambühl kommt bei 5 Bullies im gegnerischen Drittel aufs Eis, und wird bei 15 Bullies im eigenen Drittel eingesetzt. Er ist offensichtlich als Defensiv-Center im Einsatz und hat am Ende ein Zone-Start Ratio von 5:15, oder in Prozent ausgedrückt OZS 25%.“
Egon: „Das ist gar nicht so kompliziert.“
Rudi: „Hab’s dir ja gesagt. Ok, auf zum nächsten Thema.“
4. Penalty +/-
Egon: „Strafen. Kenn ich.“
Rudi: „Ein Spieler frisst Strafen, und holt Strafen heraus. Das ist ein wichtiger Indikator für die Performance eines Spielers. Provokateure sitzen zwar ab und zu auf dem Strafbänkli, im Idealfall provozieren sie aber mehr Strafen, als dass sie selbst erhalten.“
Egon: „Klar. Der Dino war in dem Bereich sicher sackschwach.“
Spieler | Pen + | Pen – | Pen +/- |
Perttu Lindgren | 18 | 10 | 8 |
Dino Wieser | 4 | 11 | -7 |
Rudi: „Ja, nicht sehr überzeugend. Perttu Lindgren erhielt letzte Saison 10 kleine Bankstrafen. Lindgren wurde aber 18 mal gefoult und holte so mehr Powerplays heraus als er verursachte. Seine Penalty +/- war Ende Saison +8. Anders Dino Wieser. Der jüngere Wieser Stürmer verursachte 11 Strafen, holte aber nur 4 raus. Das ist ein Penalty +/–Wert von -7.“
Egon: „Wusst ich’s doch! Der Dino ist einfach ein Jähzi, der lässt sich viel zu leicht provozieren.“
Rudi: „Also, Penalty +/- ist verständlich, oder?“
Egon: „Yes.“
Rudi: „Ok, machen wir weiter.
3. Primary und Secondary Assists
Im Eishockey werden seit gut 30 Jahren oftmals zwei Assists pro Tor gutgeschrieben. Das ist ein Phänomen, das eigentlich genauer untersucht gehört. Denn die zweiten Assists sind oftmals eine wage Wissenschaft.“
Egon: „Da bin ich nicht einverstanden. Zweite Assists können oftmals der Ausgang eines Tors sein.“
Rudi: „Ja, aber sind selten wiederholbar.“
Egon: „Was heisst das denn wieder?“
Rudi: „Das heisst, sie basieren auf Zufall und nicht auf Talent. Analysen haben ergeben, dass es – bei numerischem Gleichstand – für Secondary Assists mehrheitlich kein Talent braucht und diese hauptsächlich aus Glück zustande kommen. Ein Spieler, der in einem Jahr viele Secondary Assists hat, kann im nächsten Jahr wenige haben.“
Egon: „Echt?“
Rudi: „Ja. Anders die Primary Assists: Die ersten Assists sind ein Indikator für die Spielmacherqualitäten eines Stürmers.
Ein Beispiel:
Spieler | A | A1 | A2 | |
1 | Forster Beat | 24 | 13 | 11 |
2 | Du Bois Felicien | 15 | 3 | 12 |
3 | Schneeberger Noah | 14 | 5 | 9 |
Beat Forster buchte letzte Saison 24 Assists – am meisten aller Verteidiger. Felicien Du Bois sammelte 15 Assists. Von diesen 15 waren aber nur deren 3 Primary Assists. Die restlichen 12 Assists „erhielt“ Du Bois sozusagen geschenkt.“
Egon: „Interessant. Dann hätten wir besser Du Bois statt Forsti an Biel abgeben sollen.“
Rudi: „Ansichtssache. Fazit ist: Primary Points sind – vor allem bei numerischem Gleichstand – der wichtigere Wert als Total Points, denn Total Points werden durch die Secondary Assists oftmals verwässert.“
Egon: „Heute sind die Themen nicht so kompliziert.“
Rudi: „Hab’s dir ja gesagt, ist alles nicht schwierig, selbst für dich nicht.“
2. PDO
Egon: „Oh Nein! PDO hatten wir schon mal!“
Rudi: „Ja, damals hast du es begriffen, du hast es wohl einfach vergessen.“
Egon: „Erklär’s mir nochmal.“
Rudi: „Ok. Eishockey ist ein Sport auf Glatteis. Das führt dazu, dass Glück und Pech oftmals sehr nahe beieinander liegen. Über eine lange Zeit über pendeln sich statistische Werte aber langsam ein, das nennt sich Regression. Sidney Crosby mag in einem einzigen Spiel die schlechteren Statistiken haben als Sven Bärtschi. Über eine Saison hinweg wird Crosby aber die besseren Werte aufweisen.“
Egon: „Logo.“
Rudi: „Dieses Verhältnis von Glück und Pech kann im Eishockey auf eine einfache Art und Weise gemessen werden: Die Trefferquote aller Spieler und die Fangquote aller Goalies muss am Ende der Saison IMMER 100% betragen.“
Egon: „Logisch.“
Rudi: „Ein durchschnittlicher Spieler hat eine Trefferquote von 9%, eine durchschnittlicher Goalie eine Fangquote von 91%.“
Egon: „Auch logisch.“
Rudi: „Wenn nun also ein Spieler mit mehr als 20% trifft, so muss man annehmen, dass dieser Wert früher oder später sich irgendwann wieder dem Mittelwert annähern wird (so gesehen bei Marc Wieser vor zwei Jahren). Genauso ist es bei einem mittelmässigen Goalie: Hat Gilles Senn eine Fangquote von 95%, so muss man davon ausgehen, dass sich dieser Wert in Zukunft langsam wieder nach unten korrigieren wird.“
Egon: „Ausser Senn wird der nächste Leo!“
Rudi: „Selbst dann wird ein solcher Wert unmöglich zu halten sein. Womit wir bei PDO angekommen sind. Der PDO misst das ‚Glück’ eines Teams, und die Statistik ist banal: Alle Schüsse und alle Saves (der gesamten Liga über eine ganze Saison) müssen am Ende addiert 100% ergeben. Ganz egal, wie erfolgreich ein einzelnes Team ist, am Ende der Saison landet der PDO immer bei 100%. Der PDO berechnet sich einfach: Die Trefferquote aller Stürmer wird zur Fangquote addiert.
Egon: „ Jetzt erinnere ich mich. Mach nochmals ein Beispiel.“
Rudi: „Ok. Davos trifft wie verrückt und erzielt aus 20 Schüssen 4 Tore.“
Egon: „Geil. HCD! HCD! HCD!“
Rudi: „Unterbrich mich nicht. Also: Das ergibt eine Trefferquote von 20%. Gleichzeitig lässt Senn von 20 gegnerischen Schüssen nur 1 rein. Das ergibt eine Fangquote von 95%. Addiert ergibt sich ein PDO für Davos von 20% + 95% = 115%. Und entsprechend einem PDO für den Gegner von 80% + 5% = 85%.“
Egon: „Wer ist der Gegner?“
Rudi: „Irrelevant, ist nur ein Beispiel.“
Egon: „Gell, es ist der ZSC.“
Rudi: „Irrelevant, von mir aus.“
Egon: „Es ist der ZSC. Hehehe.“
Rudi: „Oje. Anyway: Man weiss, dass die Team-Trefferquoten zwischen 8% und 12% landen. Und es ist erwiesen, dass Teams eine Fangquote zwischen 88% und 92% haben. Ganz egal, wie heiss jemand während einer Phase ist, am Ende der Saison kann man mit diesen Werten rechnen. Das heisst, dass ein Team Ende Saison einen PDO von minimal 96% bis maximal 104% haben wird.
Und jetzt kommt die Krux: Da Eishockey ein rutschiges Spiel ist, das viel auf ‚Lucky Bounces’ basiert, und hohe Fang- und Trefferquoten über lange Dauer nicht haltbar sind, bzw. sich der statistischen Mitte annähern, kann man sagen: Teams mit einem PDO unter 100% leiden am fehlenden Glück. Entweder ist die Scheibe in letzter Zeit nicht gefallen, oder die Goalies haben eine Pechsträhne, und Teams mit einem PDO über 100% profitieren zur Zeit entweder vom Abschlussglück oder von einem heissen Goalie.“
Egon: „Gecheckt. Hat ein Team einen PDO über 100%, muss man sich Sorgen machen: Vielleicht treffen die Stürmer bald nicht mehr so gut, oder die Defense hat bald wieder mal etwas mehr Pech. Hat ein Team aber einen PDO unter 100%, so weiss man, dass noch Luft nach oben besteht. Das Abschlussglück wird kommen, die Goalies werden ihre Fangquote verbessern. „
Rudi: „Wow, Egon, ich bin beeindruckt.“
Egon: „Aber es gibt doch gute und schlechte Teams.“
Rudi: „Das stimmt. Und der PDO Ende Saison variiert vom besten zum schlechtesten Team. Der Unterschied ist aber marginal. Die extremsten PDOs, die in diesem Jahrzehnt erzielt wurden, lagen alle zwischen 97.1% und 102.8%.“
Egon: „Ok. Geschnallt. Genug für heute.“
Rudi: „Eine kommt noch.“
Egon: „Ok, aber danach ist Schluss. Ich hab schon Kopfweh.“
1. Schuss Distanz
Rudi: „Was ist der wichtigste Aspekt bei Schüssen?“
Egon: „Keine Ahnung. Wie scharf geschossen wird.“
Rudi: „Nein. Der Abstand zum Tor.“
Egon: „Echt?“
Rudi: „Ja. Wenn mal Tausende von Schüssen auf ein Tor abgefeuert wurden, sind Einflüsse wie Trefferquote, Schusswinkel, Screens, Talent und so weiter Nebenrauschen. Hier ein Diagramm, dass das Verhältnis von Abstand zu Trefferquote aufzeigt.“
Egon: „Hm, interessant.“
Rudi: „Ganz egal, ob Ovechkin oder Paschoud schiesst: Je weiter ein Spieler vom Tor entfernt ist, desto tiefer sinkt seine Trefferquote. Jeder Spieler versteht, dass seine Trefferquote steigt, je näher er dem gegnerischen Tor ist. Darum buchen Stürmer auch mehr als Verteidiger.“
Egon: „Logisch.“
Rudi: „Bist ja doch nicht so blöd.“
Egon: „Genug für heute, auf zum Feierabend-Bier.“
Rudi: „Ist gut, nächste Woche kommt noch der letzte Teil, dann bist du für die neuen MySports-Sendungen gewappnet.“
Egon: „Ich hoffe du hast noch eine Statistik zur Messung der Ähnlichkeit von Steffi Buchli und dem Pumuckl.“
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(Bild: GRHeute, Stats: sihf.ch, Boumatoews.blogspot.ch, behindthenet.ca)