14.05.2022 - AMERICAN FOOTBALL CEFL - Calanda Broncos vs Budapest Wolves -

«Ich erwarte eine herausfordernde Saison mit vielen starken Teams»

Nach dem verlorenen Endspiel 2022 steigen die Calanda Broncos mit grossem Erfolgshunger in die neue Saison. Zum «Season Opener» empfängt der Churer Football- Klub am Samstag um 18 Uhr im Stadion Obere Au die Geneva Seahawks. Der Erfolgscoach Geoff Buffum hat grosse Erwartungen, wie er im Interview mit GRHeute verrät.

2012 gewann Coach Geoff Buffum mit den Calanda Broncos nach einer unvergesslichen Saison die höchste europäische Footballkrone, verliess die Bündner danach aber wieder, ehe er 2015 zurückkehrte. Seither hat Buffum die Broncos in neun Saison zu sechs nationalen Meisterschaften geführt und damit nicht nur zum erfolgreichsten Schweizer Footballklub gemacht, sondern auch zum erfolgreichsten Bündner Sportverein seit dem Jahrtausendwechsel. Nach der bitteren Finalniederlage 2022 gegen Bern sind die Broncos wieder topmotiviert, die Schweizer Footballkrone nach Graubünden zurückzuholen.

 

Coach Buffum, eine neue lange Saison mit Schweizer Meisterschaft und Europacup steht bevor. Wie ist der Stand der Vorbereitungen?

Wir hatten eine gute Preseason und am Samstag ein gutes Scrimmage gegen Argovia, was uns erlaubte, die typischen Fehler eines ersten Spiels aus dem Weg zu räumen. Wir sind ready to go.

 

Nach Chase Andries im letzten Jahr setzen die Broncos diese Saison mit John Uribe auf einen neuen, erfahreneren Quarterback. Was ist Ihr Eindruck vom neuen Spielmacher

John ist ein Veteran im europäischen Football. Es gab so gut wie keine kulturelle Anpassungszeit. Er weiss genau, was zu tun ist und welche Erwartungen auf seinen Schultern liegen. Für ihn selbst ist es das erste Mal in sechs Jahren, dass er ein neues System lernen muss. Wir arbeiten immer noch daran, das Zusammenspiel mit der Offense zu perfektionieren. Gegen Argovia sind wir langsam gestartet, aber wir haben da schon gesehen, wie es immer besser lief. Vom Spielertyp her ist John Uribe deutlich näher an einem Quarterback-Typen wie Conner Manning als wir letztes Jahr hatten. John steht gerne in der Pocket und hat einen guten Arm dafür. Wenn es nötig ist, kann er mit dem Ball auch laufen, aber wir werden ihn sicher weniger als Läufer einsetzen als letzte Saison Chase Andries.

 

Als zweiten Import verpflichteten die Broncos erneut Max Gray, der 2019 als «Notnagel» geholt wurde und nun schon seine vierte Saison in Chur spielt…

…eigentlich ist es schon sein fünftes Jahr. 2020 war Max auch schon hier, als wegen Corona die Saison abgesagt wurde. Ich bin sehr froh, dass sein Weg wieder zu uns geführt hat, nachdem es mit der XFL leider nicht geklappt hat. Er ist ein toller, vielseitig einsetzbarer Footballer, der auch viel Energie ins Team bringt. Wegen anderer beruflichen Verpflichtungen wird Max allerdings erst nach Ostern zu uns stossen.

 

Gemäss verschiedener Prognosen gelten die Calanda Broncos in diesem Jahr als klare Favoriten auf den Schweizer Titel. Wie gehen Sie mit diesem Druck um?

Naja, wir haben letztes Jahr nicht gewonnen. Prognosen nützen nichts. Die meisten sogenannten Experten sagen einfach etwas und nehmen das eigentlich gar nicht so ernst. Das bedeutet am Ende gar nichts. Was ich weiss, ist, dass wir ein Team haben, das sehr hungrig ist. Ich erwarte eine herausfordernde Saison mit vielen starken Schweizer Mannschaften. Er wird interessant zu sehen sein, wer wie gut ist.

 

Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht die anderen Teams?

Es ist ziemlich offen. Ich glaube, dass die Zürich Renegades mit Clark Evans als Quarterback ein sofortiger Anwärter auf einen Playoff-Platz sein werden, auch wenn sie in den letzten beiden Jahren viele Spiele in der NLA verloren haben. Auch die Bern Grizzlies würde ich nicht ausser acht lassen, auch wenn sie einige Spieler an die Helvetic Guards verloren haben. Ich bin mir sicher, dass sie ein Team haben, das kompetitiv sein wird. Auch die Geneva Seahawks sind dieses Jahr definitiv ein Playoff Contender. Sie haben ein gutes Programm, Headcoach Franck Calvin hat das Programm nach dem Abgang von Larry Legault vor zwei Jahren gut zusammengehalten. Wir werden sehen, was die Thun Tigers dieses Jahr zeigen. Nach der letzten Saison gibt es einen ordentlichen Hype in Thun, allerdings muss man festhalten, dass sie letzte Saison nur die schwächeren Teams der Liga geschlagen haben. Es ist insgesamt schwierig zu sagen. Ich hoffe, natürlich, dass wir obenaus schwingen. Dahinter würde ich sagen, dass es auf den Positionen 2-6 ziemlich offen ist. Bei den Winterthur Warriors bin ich skeptischer, ich glaube, sie stehen vor einer harten Saison.

 

Zurück zu den Broncos: Wie beurteilen Sie die Stärken und Schwächen Ihres Teams?

Es ist ein bisschen früh, das zu sagen. Eine Stärke ist wahrscheinlich, über alles gesehen, unsere Tiefe. Wir haben einige starke, junge Spieler, die aus der U19 zur ersten Mannschaft gestossen sind und einen sofortigen Impact haben werden. Auch sind einige alte «Stars» zurückgekommen: Lukas Lütscher, Marco Berger, und auch von Mauro Bühler werden wir diese Saison wieder mehr sehen. Wir haben sicher einen guten Kern und werden mit einem vollen Roster an den Spielen antreten können. Als Schwäche haben wir auf einzelnen Positionen, vor allem in den Lines, noch etwas wenig Tiefe.

 

Ohne zu viel zu verraten: Was können die Zuschauerinnen und Zuschauer vom Spielsystem der Broncos erwarten?

In der Defense spielen wir ein komplett neues System, das unser neuer Defense Coordinator Fred Beck installiert hat, da darf man sicher gespannt sein. Im Angriff werden wir wie gesagt etwas mehr spielen wie damals, als Conner Manning noch hier war. Ohne Vergleiche anstellen zu wollen, weil Conner wirklich ein einzigartiger Spieler war. Wir haben ein starkes Receiver-Team zusammen und eine grosse und schwere Offense Line. Natürlich müssen wir auch immer noch in der Lage sein, mit dem Ball laufen zu können.

 

Da, bei den Ballträgern, haben sich vielleicht die grössten Veränderungen ergeben: Mit Erik Rageth, Steffen Haenelt, Brecht DeBoosere und Tino Muggwyler verlieren die Broncos auf diese Saison hin gleich vier herausragende Running Backs. Keine Bedenken?

Es stimmt, wir verlieren einige gute Spieler auf dieser Position. Aber ich bin sehr zuversichtlich bezüglich der neuen Ballträger. Cesare Alberti ist ein italienischer Running Back, der von Lugano zu uns gekommen ist und sehr gut aussieht. Noah Bachofen ist aus der U19 in die erste Mannschaft gekommen und macht einen starken Eindruck. Und dann haben wir mit Carlos Cerqueira einen weiteren jungen Footballer, der schon letztes Jahr gut gespielt hat und ein sehr vielseitig einsetzbarer Ballträger ist. Wir haben im Running-Back-Room zwar Spieler verloren. Aber ich denke nicht, dass wir auf dieser Position dadurch schwächer sind, möglicherweise sogar besser.

 

Am letzten Samstag testeten Sie gegen das NLB-Team der Argovia Pirates und setzten sich letztlich klar mit 45:0 durch. Welche Eindrücke gewannen Sie am Testspiel?

Argovia ist ein solides Team, das ich als Herausforderer in der NLB sehe. Übermotiviert werden wir durch das Spiel natürlich nicht. Wir wollten sehen, wie die Starter in Aktion aussehen und wie sich unsere zweite Reihe schlägt. 2015, im ersten Swiss Bowl nach meiner Rückkehr, hatten wir gerade mal 30 Spieler im Kader. Es ist heute eine etwas andere Challenge, 50 Spieler zu managen, wenn mehrere Spieler um eine Position kämpfen. Das Scrimmage hat uns wichtige Eindrücke gegeben. Und es half wie gesagt sicher auch, um die typischen Fehler eines ersten Saisonspiels hinter uns zu bringen.

 

Rechnet man die Saison 2012, als Sie mit einer Star-Truppe den Eurobowl gewannen, hinzu, ist 2023 Ihre 10. Saison als Headcoach bei den Calanda Broncos. Haben Sie gedacht, dass Sie so lange – und so erfolgreich – bleiben?

Ich habe mir damals schon vorgestellt, dass dies eine Möglichkeit sein könnte. Dass wir in all den Jahren so erfolgreich waren, hat verschiedene Gründe. Zum einen sicher an der umsichtigen Klubführung von Präsident Christoph Sünderhauf, der Ende 2015 ans Ruder kam, und seinen Vorstandskollegen. Ausserdem haben wir uns im Nachwuchsbereich deutlich verstärkt. 2015 hatten wir nur wenig einheimische Nachwuchs-Coaches, da sind wir heute deutlich breiter und besser aufgestellt. Unser Kader in der ersten Mannschaft ist mittlerweile nicht nur gross, sondern auch fast vollständig aus der Region: Nur noch drei Spieler wohnen und leben nicht in der Gegend.

 

2023 ist auch die erste Saison der Helvetic Guards, die in der ELF antreten werden. Einige Teams wie Bern und Zürich haben eine beträchtliche Zahl an Spielern an die neue Mannschaft verloren. Von den Broncos gingen nur zwei. Was sind die Gründe dafür und was denken Sie über die Guards.

Die Guards hatten mehr Einfluss auf die ganze Liga als auf uns. Obwohl die Guards-Coaches aggressiv rekrutierten und viele unserer Spieler anwarben, entschieden sich letztlich fast alle zu bleiben. Ich war nie eingeschüchtert. Auf unserer Heimfahrt nach der bitteren Final-Niederlage habe ich mir dies überlegt und mich eigentlich rasch gut gefühlt – selbst wenn wir mehr Spieler verloren hätten. Wir leben bei den Broncos eine sehr gute Vereinskultur, und viele Spieler haben sich nach reiflicher Überlegung dazu entschieden zu bleiben. Ein wichtiger Grund ist auch, dass wir schon seit x-Jahren international spielen, sprich: der Reiz, auch mal gegen internationale Top- Teams zu spielen, war bei unseren Spielern vielleicht weniger gross als bei anderen Mannschaften. Da Nose Guard Mike Sousa seinen Rücktritt angekündigt hatte, sprich: nicht zu uns zurückgekommen wäre, haben wir im Grunde nur einen Spieler (Receiver Greg Calonego, die Red.) an die Guards verloren.

 

Im ersten Saisonspiel empfangen Sie die Geneva Seahawks. Man weiss wenig über die Westschweizer. Können Sie Genaueres über die Seahawks sagen?

Es ist ein gefährliches Team, ein «sneaky» Team. Viel wissen wir nicht, ausser, dass sie einige neue Spieler haben. Zum einen sind einige Footballer aus der französischen Liga zu Genf gewechselt, dazu bringt ein grosser Teil ihrer starken U19-Mannschaft vom letzten Jahr frisches Blut ins Team. Ich muss zugeben, ich bin etwas nervös. Genf war schon letztes Jahr «tough». Sie haben in Chur nichts zu verlieren, können somit völlig unbeschwert aufspielen. Ich schlafe zwar noch gut, aber etwas besorgt bin ich schon. Es wird definitiv kein einfacher Sieg für uns.

 

Das Saisoneröffnungsspiel zwischen den Calanda Broncos und den Geneva Seahawks findet am Samstag, 18.3.2023, um 18 Uhr im Stadion Obere Au in Chur statt. Tickets zum Startspiel gibts hier. Wer noch mehr Football schauen will, kommt bereits um 14.30 Uhr auf die Kosten, wenn sich die U19-Equipe der Broncos mit ihren Alterskollegen der St. Gallen Bears zum Saisonauftakt der U19 Elite-Meisterschaft messen.

 

Info

GRHeute ist seit 2016 Medienpartner der Calanda Broncos.

 
 
 
(Bilder: Sergio Brunetti/stockpix.it)