Graubünden braucht einen «Marshallplan Tourismus»

Gastgewerbe und Hotellerie nehmen für unseren Tourismus eine zentrale Stellung ein. Volle Hotels bedeuten florierende Bergbahnen, Detailhandelsumsätze, Aufträge fürs Baugewerbe, Frequenzen bei Kulturanlässen und damit vor allem die Sicherung der Arbeitsplätze in den peripheren Gebieten unseres Kantons. 

Umso enttäuschender war die Antwort unserer Bundespräsidentin bei der letzten Pressekonferenz zu den Perspektiven im Tourismus. Man habe ja die Hotels nicht geschlossen, war die banale Antwort. Kein Wort darüber, dass mit den Einschränkungen des Reiseverkehrs bis zu 50 und mehr % der Gäste vom Besuch der Schweiz ausgeschlossen sind, kein Wort darüber, dass mit der „Senioren-sollen-zu-Hause-bleiben-Strategie“ ein grosser Teil der potentiellen Gäste ausgebremst wurden. Dies in einer Situation wo wir wirtschaftlich den grössten Einbruch seit dem zweiten Weltkrieg befürchten müssen! 

Nicht allein mit der Forderung nach einem Bundesfonds, sondern mit einer raschen und aktiven Politik im Sinne eines „Marschallplanes“ für den Tourismus muss die Regierung jetzt rasch reagieren, sonst werden wir bereits diesen Sommer eine Katastrophe erleben. Mögliche Massnahmen sind nebst anderen:

  1. Kurzfristig muss der Schweizer Markt aktiviert werden. Die Werbemittel von Graubünden Ferien sind deshalb in den kommenden Monaten auf diesen Markt zu konzentrieren.
  2. Neben den bereits erfolgten kurzfristigen Massnahmen für die KMUs, allenfalls ergänzt durch die Lösung des Kantons Freiburg für die Hotellerie, ist ein Investitionsprogramm aufzugleisen, der unsere Hotellerie in die Lage versetzt, in den nächsten  Jahre Marktanteile zurückzugewinnen und neue aufzubauen. Mit Erneuerungsinvestitionen soll die Attraktivität und damit die Wettbewerbsfähigkeit rasch verbessert werden. Zu diesem Zweck sollte allen Betrieben je ein Kreditrahmen von  100000 – 1 Mio Franken für Betriebsinvestitionen (Erneuerungen, Sanierung Heizungen, Malerarbeiten ua.) bereitgestellt werden, wobei die Investitionen innert rund zwei Jahren zu erfolgen haben. Die Kredite müssten für 10-15 Jahre zinsfrei  zur Verfügung gestellt werden, nachher allenfalls in Hypothekarkredite umgewandelt werden. Teilbeträge, die heute schon subventioniert werden, sollen dabei a fonds perdue geleistet werden. Geht man davon aus, dass etwas mehr als die Hälfte der Betriebe dieses Angebot nutzen werden,  kann mit dieser Aktion in diesem und dem nächsten Jahr ein Investitionsvolumen von rund 200-300 Mio Franken ausgelöst werden. Es ist dies insbesondere auch für das Bauhaupt- und nebengewerbe ein nötiger und  wichtiger Impuls, um die schwierige aktuelle Lage zu überwinden. 
  3. Betriebe, die vom Angebot Gebrauch machen, müssten für die Sommersaison 2020 und die Wintersession 2021 mit attraktiven Angeboten ihren Beitrag leisten, damit Graubünden trotz den  leider eingebrochenen Märkten  nicht als Verlierer dasteht.

Immer wieder sprechen heute Politiker darüber, dass man den Betrieben Perspektiven geben muss. Die bisher erfolgten Massnahmen sind leider vor allem darauf ausgerichtet, kurzfristige Engpässe zu überbrücken. Nötig sind aber vor allem Massnahmen, die mittel- bis längerfristig unsere Wirtschaft wieder in Gang bringt.  Es geht in der Tat um sehr viel, nicht zuletzt um die Sicherstellung der Besiedlung unseres Berggebietes. Dass auch der Bund, der bei der Lufthansatochter Swiss grosszügig klotzen will,  auch in der Verantwortung steht, ist unbestritten. Allerdings wäre es verfehlt, auf den Bund zu warten, die Zeit drängt. 

Christoffel Brändli, alt-Regierungsrat

 

Dieser Leserbrief erschien am 21. April 2020 als Kolumne im Bündner Tagblatt