Netflix wird arg beansprucht dieser Tage, Youtube auch. Wobei es sich bei Youtube um Solo-Geschichten handelt. Irgendein Random Held spielt ein Game, irgendwer schaut zu, das ist das dieser Tage viel proklamierte Social-Distancing auf den Punkt gebracht. Es ist ein bisschen wie Distance Learning: Die Kinder hören ihrem Lehrer, wie in der Realität, ein paar Minuten zu und am Schluss des Tages müssen sie zeigen, was sie daraus gemacht haben. Digitalisierung, Baby! Nur der Held-Effekt ist beim Lehrer oder der Lehrerin nicht immer dabei, es ist die Jugend, die rebelliert halt.
Schwieriger ist Netflix. Friends, How I met your Mother, Name it – die meiste Zeit sitzen die in einem Restaurant, einer Bar, und trinken und erzählen sich Zeug. So richtig analog. Sie treffen sich! Sitzen nahe beieinander und bereden ihre Leben, ihre Ansichten, ihre Pläne. Nach stundenlanger Lektüre von Verhaltensregeln während dieser Coronakrise hat es mich schon mehr als einmal durchzuckt, weil ich dachte: ABER DAS DARF MAN DOCH GAR NICHT!!!! DIE SIND VIEL ZU NAHE!!! (Auch auf Netflix: Cast away. Das totale Gegenteil! Einer allein auf einer einsamen Insel!!! )
Der zweite Gedanke, ich gebe es zu, ist auch ein bisschen Neid. Ich vermisse meine Freundinnen und meine Freunde, das ungezwungene Beisammen sein, das Senden von Whatsapp mit dem Inhalt: Party, heute Abend? Bei euch oder bei uns? Alles vorbei und man weiss nicht wie lange. Mir fehlt das Lachen, die Empörien, einfach ein analoges Leben jenseits der vier Wände mit Kinder, Küche, Kamikaze, Handy beiseite, auch ohne Party. Beim Einkaufen jemanden zu treffen und nicht darauf schauen müssen, das der Abstand eingehalten wird, oder überhaupt sich auf ein Gespräch führen zu können, ohne penibles Einhalten von Sicherheitsabständen.
Dennoch habe ich eine neue kleine Freude entdeckt: Zoom. Sich Online zum Apero treffen. Am Freitagabend. Ehrlich, ich sehe auf diesem Wege Leute, mit denen ich sonst nicht soo viel Kontakt habe, weil sie von anderen, mit denen ich mehr Kontakt habe, eingeladen wurden. Und es macht Spass!
Es ist bisweilen sogar anstrengender als das frühere, analoge Leben. Diese Woche feiert ein Freund seinen 40., und ein Familienmitglied hat organisiert, dass die Kinder mit dem Grossvater synchron kochen und damit in tiefe Familiengeheimnisse eingeweiht werden. Das tönt nach Stress? Es ist noch nicht zu Ende: Am Wochenende wird Onkel Peter 70. Das muss gefeiert werden. Der einzige Vorteil: Weil wir alle abgemacht haben, einen Kuchen zu backen, gibt es sicher genug für alle.
(Bild: GRHeute)