In «Unsere musikalischen Prinzipien» schafft Zürcher Autor und Regisseur Andreas Liebmann ein Wortgewitter der gegenwärtigen Stimmungslagen. Die Demokratie als klingende Klangkulisse. Sehnsuchtsvolle Melodien, aggressive Reinheitswächter und Vierteltöne aus dem Orient. Das Theater Chur zeigt diesen Abend zwischen Konzert, Performance und Schauspiel am Freitag, 26. und Samstag, 27. Januar 2018.
«Wir haben gestimmt. Wir stimmen. Und wenn wir stimmen, dann stimmt das.» Andreas Liebmann dekliniert in «Unsere musikalischen Prinzipien» das politische System der Schweiz als Konzert durch: Die direkte Demokratie gibt sich gern als braves Schulorchester. Dabei kratzen ihre Instrumente längst tödliche Melodien. Klänge der Hochkultur säubern Bahnhöfe von Gesindel. Identitätsmelodien dudeln als Ohrwürmer durch Zeitungsredaktionen, Schulhöfe und Wandelhallen. Die Internationale des Nationalismus wummert ihren Generalbass links und rechts durch alle Gehörgänge, komponiert aus kultureller Überlegenheit, ressentimentgeladenem Dreck und der Illusion des richtigen Tons. Wenn es eine Lehre aus der gegenwärtigen Katzenmusik gibt, dann die, dass jede Tonfolge, endlos wiederholt, sich selbst irgendwann auslöscht. Wer stimmt, bestimmt die Stimmung, und was stimmt, bestimmen wir.
In «Unsere musikalischen Prinzipien» schafft Liebmann mit zwei Performerinnen (Ana Berkenhoff und Sandra Utzinger), einem Soundkünstler und drei musizierenden Gästen ein Wortgewitter der gegenwärtigen Stimmungslagen. Ein Echoraum zur Auseinandersetzung mit Nationalismus. Diesem Kernthema nähert sich der Autor und Regisseur über die Metapher Musik an: Die Liebe zur Musik setzt er für einmal gleich mit der Liebe zum Vaterland. «Musik ist grundsätzlich etwas Schönes. Doch was passiert, wenn die Verteidigung dieses Schönen plötzlich zu Gewalt führt? Wie hängt die Freude an der Melodie mit Hass zusammen?» Andreas Liebmann nutzt in seinen Arbeiten den Theaterraum als Spiegelkabinett politischer Auseinandersetzungen. «Exodus», ein Bänkelgesang über die neuen Europäer, tourt seit 2015 im In- und Ausland und in der «Klubschule Import» (Rote Fabrik, 2016) konnten Schweizerinnen und Schweizer bei Neuangekommenen die Schulbank drücken (Wiederaufnahme seit Oktober 2017 als «Abendschule Import»).
(Bild: zVg.)