Bühne frei für Johannes Comander

Viele Denkmale wurden dem Churer Reformator Johannes Comander schon gemacht in diesem Jahr. Ein weiteres Highlight: Das Theater «Comander» der Freilichtspiele Chur. 

Es wird nicht einfach, hatte es bei der Vorstellung des Stücks geheissen, aber damals sei es in Chur auch nicht einfach gewesen. «Revolution lag in der Luft.» Man wolle, hiess es weiter, die Leute von heute abholen. Ein Ballenberg-Stück sei nicht zu erwarten. 

Das Stück der Freilichtspiele Chur (Frech), das in der Comanderkirche aufgeführt wird – die einzige Kirche auf der ganzen Welt, die seinen Namen trägt – beginnt fast ein wenig wie ein Heidi-Film: Ein Elch läuft über ein Feld, die Musik verspricht eine heile Welt. Bis ein Wildschwein auftaucht und der Ton bedrohlich wird.

Man könnte das als Metapher für das ganze Stück sehen: Die streng katholische Kirche war eine heile Welt. Klitzekleine Risse gab es zwar schon, aber so richtig explodiert es erst, als Johannes Comander die Kirche öffnen will. Er kommt nicht als Revoluzzer nach Chur , wird es aber im Laufe der Geschichte – seiner und der der Welt. 

Einige Zitate sind geblieben: «Chur bewegt sich nicht.» «Gestalten wir den Wandel mit oder schauen wir nur zu?» «Es muss Schluss sein mit den Sexparties auf dem [bischöflichen] Hof!» «Das ist Chur, nicht Maienfeld, und schon gar nicht Zürich. Hier ticken die Uhren anders.» Man könnte sie durchaus heute noch gebrauchen. 

Die gar nicht ins Theaterstück passende Kirche, wie Bühnenbildner Lukas Stucki es an der Vorstellung des Stücks ausdrückte, wurde wunderschön in Szene gesetzt. Der Gang zwischen der Kirche und seinem Turm ist mit blauen Vorhängen verdeckt, die als kleine Bühnen dienen.  Auf dem Dach des Ganges, das glücklicherweise flach ist, flanieren mal ein Priester mit seiner Geliebten, der Bischof und auch Comander selbst. 

Der Cast mit Christian Sprecher als Johannes Comander und Anna-Katharina Müller als Weinbauer aus Maienfeld als Hauptfiguren sowie weiteren Schachspieler:innen macht seine Sache unglaublich gut. Das angekündigte Bäumlein-wechsle-dich-Spiel ist auch tatsächlich eins, amüsant und temporeich und der einen oder anderen Abzweigung, die man nicht hat kommen sehen. Persönliche Lieblingsfigur: der Bischof. 

Das Stück beginnt mit Tanz und hört mit Tanz auf. Dazwischen liegen knappe anderthalb Stunden beste Unterhaltung, die es locker mit einer Netflix-Serie aufnehmen kann. Aber vor allem ist es ein Stück Geschichte von Chur – und schon nur deshalb lohnt sich der Besuch! Unbedingte Sehempfehlung der GRHeute-Redaktion. Wer Angst vor dem Regen hat, kann diese ablegen: Die Tribüne ist bedacht und windgeschützt. Nass werden nur die Schauspieler, wenn sie als Pesttote einige seehr lange Minuten auf dem Boden liegen müssen. 

Comander wird noch bis am 10. August bei der Comanderkirche gespielt. Weitere Informationen gibt es hier: freilichtspiele-chur.ch

(Bilder: Regina Jäger Fotografie)