Wieso der Spengler Cup dieses Jahr anders wird

Der 91. Spengler Cup bietet eine grosse Herausforderung für den HC Davos. Man sollte nicht enttäuscht sein, wenn der HCD nicht um den Titel mitspielt.

«Wir fahren nicht zum Spass nach Davos», «Der Spengler Cup ist alles andere als ein Schaulaufen für uns», «Wir prüfen den Ernstfall Olympia mit dem stärkstmöglichen Team»: Patrick Fischer, Head Coach der Schweizer Nationalmannschaft gibt den Ton an. Die Staff der Schweizer Nati kommt ins Landwassertal um zu gewinnen. Fischer nutzt das Traditionsturnier, um sich optimal für die olympischen Spiele vorzubereiten.

 

«Eine grosse Anzahl an ehemaliger NHL-Spieler drängen sich für die olympischen Spiele auf», «Es steht viel auf dem Spiel für die nominierten Spieler», «die finale Evaluation, wer uns bei den olympischen Spielen vertreten darf». Der kanadische Verband rund um General Manager Sean Burke gibt den Ton an: Der Spengler Cup ist das wichtigste Vorbereitungsturnier der Ahornblätter für die olympischen Spiele.

 

Bis vor kurzem galt der Spengler Cup als romantisches Turnier in den Schweizer Alpen. Die kanadischen Spieler liebten die Zeit in den Bergen, um mit der ganzen Familie anzureisen, Weihnachten zu feiern, den Schnee und das Panorama zu geniessen, und mit Gleichgesinnten das Jahr ausklingen zu lassen. Es war bis 2017 ein schönes, grosses, kanadisches Familienfest. Idylle und Besinnung an erster Stelle, Hockeyspielen an zweiter Stelle.

 

Jetzt ist alles anders. Nach dem Entscheid der NHL, nicht an den olympischen Spielen teilzunehmen, ist erstmals seit 1994 wieder die Chance für Nicht-NHLer da, die kanadische Flagge an Olympia zu vertreten. Dementsprechend gross ist der Kampf um die Plätze im Kader. Und da die KHL und SHL während der Altjahreswoche durchspielen, setzt sich das kanadische Kader hauptsächlich aus Spielern der National League, der Swiss League, der AHL und der amerikanischen College-Meisterschaft zusammen. Die aufgebotenen Spieler sind sich bewusst: Nur mit einem sackstarken Auftritt am Spengler Cup werden sie ein Aufgebot für die olympischen Spiele erhalten. Denn in Pyengchang kommen dann noch mit ziemlicher Sicherheit über ein Dutzend Spieler der KHL, der SHL und eventuell sogar der kanadischen Juniorenmeisterschaft hinzu (welche während des Spengler Cups die kanadische Juniorenauswahl an den World Junior Championship in Buffalo vertreten). Nur wenige Plätze werden für die Spengler Cup-Teilnehmer vorhanden sein. Das wissen die kanadischen Spieler. Vorbei sind die Zeiten, als der Spengler Cup eine kanadische Weihnachtsfeier für Frau, Kinder und Freunde darstellte. Dieses Jahr ist alles anders: Die kanadischen Vertreter werden sich voll und ganz auf ihren Auftritt auf dem Eis konzentrieren und sich für ein Nati-Aufgebot in Pyengchang aufdrängen möchten. Die Romantik ist weg, das knallharte Business hat Einzug gehalten. Kanada will um jeden Preis gewinnen.

 

Der Spengler Cup wird dieses Jahr in über 40 Ländern übertragen, erstmals auch in China, England, und anderen exotischen Hockey-Ländern wie Andorra oder Venezuela. Der Spengler Cup ist ein Business, auf und neben dem Eis.

 

Bis 2011 war Davos (in den meisten Fällen) die einzige Schweizer Vertretung am Spengler Cup. Nach dem neuen Deal änderte sich für den HCD alles: Zum einen rangen die anderen National League Teams dem HCD 800’000 Franken jährlich als Entschädigung ab, was den Landwassertalern ein veritables Loch in die Kasse riss, das vor allem in den nächsten Jahren immer spürbarer wird: Kann der HCD in der National League überhaupt noch kompetitiv bleiben?

 

Zum anderen gibt es noch einen weiteren Aspekt, der Veränderungen brachte: Der neue Modus und die Teilnahme eines zweiten Schweizer Teams. Die Teilnahmen von Genf-Servette und dem HC Lugano in den letzten Jahren zeigten, dass die Romantik vorbei war. Die neuen Schweizer Teilnehmer reisten nicht mehr nach Davos, um eine besinnliche Woche zu haben, sondern um zu gewinnen. Das zweite Schweizer Team wollte (bisher mit Erfolg) zeigen, dass der Spengler Cup für sie kein Spass-Turnier ist. Sie wollten (mit Erfolg) zeigen, dass der HCD es bisher zu locker hatte. Die Finalteilnehmer seit 2013: HC Genf-Servette, HC Genf-Servette, HC Lugano, HC Lugano. Der HCD wiederum war seit 2012 nicht mehr im Finale vertreten. Alles wurde anders: Das Spiel wurde ernster, härter, schneller. Der Spengler Cup ist seit dem neuen Modus keine Schönspielerei mehr, sondern eine Herausforderung. Und dieser war der HCD in den letzten Jahren nicht mehr gewachsen.

 

Und jetzt kommt also nebst der kanadischen Auswahl auch noch die Schweizer Nati. Und die hat sogar noch mehr Ambitionen als die anderen Schweizer Clubs. Es geht nicht mehr nur darum, zu zeigen, dass man den Spengler Cup mit genügend Effort gewinnen kann (so wie de HC Genf-Servette 2013 & 2014), sondern es geht nun auch um Plätze im olympischen Kader. Die Schweizer Nati wird einen Gang schneller, härter, bissiger spielen als alle bisherigen Schweizer Vertreter. Das soll nicht heissen, dass der HCD bisher keinen Effort betrieb oder das Turnier auf die leichte Schulter nahm. Es ist lediglich eine Erinnerung, dass die Qualität der Schweizer Nati unbestritten höher ist als die eines einzelnen Clubs (in dem Fall des HCDs). Und der Kampfeinsatz wird bei der Schweizer Nati mindestens so hoch sein wie bei den Landwassertalern.

 

Kanada und die Schweiz werden einen Takt höher spielen als die Vertreter der letzten Jahre. Gut möglich, dass es eine klare Zäsur geben wird.

 

Mountfield und HPK Hämeenlinna sind zwar gute Teams. Aber eben doch nur Teams, die in die Schweiz reisen, um während der Altjahreswoche ein Turnier zu spielen. Da scheinen die Ambitionen etwas zu fehlen – Traditionsturnier hin oder her. Dinamo Riga hat allenfalls noch etwas mehr Druck, da für die Letten ein guter Auftritt ebenfalls mit einem olympischen Aufgebote belohnt werden könnte. Aber wirkliche Stricke werden die Letten auch nicht zerreissen können.

 

Und dann ist da der HCD. Was bedeutet diese neue Ausganslage für die Davoser? Warm anziehen. Team Canada und die Schweizer Nati werden Vollgas geben und sind die klaren Favoriten. Die Spieler von Riga werden sich nicht schonen und wollen sich für die olympischen Spiele aufdrängen. Und HPK Hämeenlinna und Mountfield HK spielen mindestens auf dem Niveau des HCD.

 

Die Romantik des Traditionsturnieres ist definitiv vorbei – es geht um einiges, und dementsprechend wird der Kampf um einen Finalplatz gross.

 

Andres Ambühl sagt im Interview mit hcd.ch selbstbewusst: «Alles ist möglich». So lieben wir den Sertiger Captain. (Und eigentlich hat er recht: In den letzten Jahren war Ambühl stets der Antreiber der Schweizer Nati, und er spielt ja beim HCD, ergo: Alles ist möglich.) Aber eben: Die Qualität der Schweizer Nati ist um einiges höher als die des Davoser Kaders, der Biss wird bei den Gegner so stark wie noch nie sein. Niemand reist mehr an den Spengler Cup, um Geschenke zu verteilen. Da darf man sich nichts vormachen: Wenn der HCD nicht in jeder Partie 100% gibt, liegt wenig bis nichts drin.

 

Man darf als HCD Fan nicht enttäuscht sein, wenn auch das Finale des 91. Spengler Cups ohne Davoser Beteiligung über die Bühne geht. Man sollte nicht mal enttäuscht sein, wenn bereits das Viertelfinale Endstation ist. Attraktiv wird der Spengler Cup dieses Jahr auf jeden Fall.

 

(Bild: HCD Medienmitteilung)