Die Entscheidung steht bevor. Dieses Wochenende stimmen die Einwohner der 17 Park-Gemeinden über den Parkvertrag des Parc Adula ab. Beide Seiten weibelten gestern noch einmal fleissig für ihr Anliegen.
Parc-Adula-Präsident Fabrizio Keller liess gestern den Gemeindepräsidenten von Vals, Disentis/Mustér, Medel/Lucmagn, Sumvitg und Trun ein Schreiben zukommen, in dem er «ein paar Überlegungen» anstellt, warum sich die Wasserkraftwerke gegen den Park stellten. «Obwohl aus dem kantonalen Richtplan ganz eindeutig hervorgeht, dass es für die Umgebungszone keine neuen Vorschriften (oder Einschränkungen) gibt, meinen die Vertreter der Wasserkraftwerke heute, dass dem nicht so sei und der Park ihre Existenz – ohne zu sagen, in welcher Form – gefährde», schreibt Keller in einem Brief, der GRHeute vorliegt, «ihr Ziel ist es, Zweifel zu säen, um das Abstimmungsergebnis zu beeinflussen.»
Schelte für Wasserkraftwerke und Martin Schmid
Keller «wagt auch eine Hypothese», warum sich die Wasserkraftwerke so verhielten. Grund seien die Energiepreise auf dem Markt. «Die Wasserkraftwerke versuchen auf jede erdenkliche Weise, die Kosten zu reduzieren, und streben eine wesentliche Kürzung (oder sogar die Aussetzung oder Abschaffung) der Wasserzinsen an.» Die Berggemeinden und -kantone seien gegen eine Kürzung. Da die Energiepreise in der Schweiz wohl noch lange niedrig bleiben würden, werde «die politische Auseinandersetzung wohl noch lange andauern und in eine heftige Konfrontation münden.» Ein künftiger Nationalpark wäre für die Wasserkraftwerke in diesem Szenario nur ein «lästiger Akteur in der Debatte».
«Bitter enttäuscht» ist Fabrizio Keller von Ständerat Martin Schmid, der den Kraftwerken ein ‹Nein› empfohlen hat. «Es wäre schön gewesen, darüber zu diskutieren. Stattdessen spielte sich alles hinter dem Rücken der Person ab, die sowohl mit Befürwortern als auch mit Gegnern eine demokratische Debatte führt.» Falls seine Hypothese stimme, müsse sich der Ständerat letztendlich entscheiden, ob er die Energielobby vertreten oder in Bern für die Interessen der Bündner Gemeinden und des Kantons Graubündens eintreten wolle.
«Wir wollen kein Reservat»
Auch von den Gegnern des Parc Adula war gestern zu hören. 20 Minuten online veröffentlichte einen Bericht, indem sich SVP-Politiker Pablo Maissen, der das Nein-Komitee anführt, äusserte: «So etwas habe ich noch nie erlebt. Die Stimmung ist sehr aufgeheizt.» Den raffgierigen Promotoren des Parks gehe es ums Geld, nicht um die Anliegen der Einheimischen. «30 Prozent des Kantons Graubünden würden von Bern regiert. Wir wollen aber kein Reservat, in dem fremde Vögte das Sagen haben», so Maissen in markigen Worten und kritisiert unter anderem, dass Besucher die markierten Wege in der Kernzone nicht mehr verlassen dürften: «Wir dürften keine Pilze mehr suchen und keine Steine sammeln.» Wie Maissen gegenüber 20 Minuten Online sagte, graue es ihm vor der Vorstellung, im Gänsemarsch über die Greina-Hochebene (Bild) zu watscheln.
«Unterländer verbieten uns, Pilze zu sammeln»#ParcAdula#Nationalpark#Schweiz#Graubuendenhttps://t.co/OXvxEsPbst
— Pablo Maissen (@pablo_maissen) 24. November 2016
(Bild: Adrian Michael)