Was für eine Dramatik! Die Minnesota Wild und Nino Niederreiter sind aus den NHL-Playoffs ausgeschieden. Beim 4:5 zuhause gegen Dallas vergab der Churer den Ausgleich 34 Sekunden vor Schluss um Milimeter. Nähere Studien zeigen allerdings, dass es ein Eigentor von Dallas gewesen wäre.
Was gibts Besseres als NHL-Playoffs? 0:4 lagen die Minnesota Wild gestern Nacht gegen Dallas hinten, wohlwissend, dass eine Niederlage das 2:4 in der Serie und damit das Saisonende bedeutet. Im Schlussdrittel aber aus dem Nichts das verzweifelte, furiose «All-In-Comeback» Minnesotas: Innerhalb von 291 Sekunden kamen die Gastgeber zwischen der 44. und der 49. Minute auf 3:4 heran. Nach einer vergebenen Riesenchance Jason Zuckers erhöhte Dallas aber Sekunden später durch ein (un-)glückliches Eigentor zum 3:5. Angepeitscht von 18’000 Fans gaben die Wild aber nicht auf und kamen durch Jason Pominville knapp fünf Minuten vor Schluss erneut auf 4:5 heran.
Dramatische Schluss-Sekunden
Eine Minute vor Schluss schickte Wild-Coach John Torchetti nach einem Time-out seine besten Spieler aufs Eis. Jene, die die unglaubliche Aufholjagd mit einer weiteren Overtime belohnen sollten – mit dem Saisonende «on the line». Unter den sechs Auserwählten auch Nino Niederreiter, der sich vor dem Tor Dallas› breit machte. Und jetzt nahm das Drama seinen Lauf. Niederreiter hatte sich schon im Verlauf des Spiels drei gute Chancen erarbeitet, konnte aber keine verwerten. Mit zwei Assists war der Churer allerdings massgeblich an der Aufholjagd beteiligt.
40 Sekunden vor Schluss kommt Minnesota zu einem Abschluss, Nino reagiert auf den Abpraller, sieht seinen Nachschuss aber in extremis von Dallas-Goalie Kari Lehtonen abgewehrt.
So. Close. pic.twitter.com/9Z5Fj44EVm
— Pete Blackburn (@PeteBlackburn) 24. April 2016
Die Schiedsrichter schauen sich das Ganze auf Video an, und erst da zeigt sich die brutale Wahrheit.
Der Puck hatte die Torlinie fast vollständig überquert – aber eben nur fast. Einige Milimeter, die fehlten für eine weitere Overtime und der Chance, im NHL-Playoff-Rennen zu bleiben. Milimeter, die Minnesota nach 82 Regular-Season-Spielen und 6 Playoff-Schlachten abrupt in die Sommerferien schicken. Ein brutales Ende nach einem heroischen Kampf der Minnesota Wild – mit Nino Niederreiter als tragischem Helden.
Nähere Videostudien am Montagvormittag zeigen, dass Niederreiter zwar die Chance auf den Ausgleich gehabt hatte, das «Tor» aber ein Eigengoal gewesen wäre. Dallas-Verteidiger Jason Demers war als letzter Spieler am Puck, Nino berührte ihn bei der Schussabgabe nicht mehr. Allerdings hätte die Szene ein Penalty für Minnesota geben müssen – Demers vereitelte die Torchance letztlich mit seinem Handschuh.
Nicht unverdient ausgeschieden
Schlussendlich muss man allerdings anerkennen, dass die Dallas Stars über die ganze Serie die bessere Mannschaft waren. Nach dem 5:4-Overtime-Sieg vom Freitag, bei dem Minnesota ebenfalls einem frühen Zweitorerückstand nachlaufen musste und bei dem Niederreiter sein einziges Playoff-Tor in diesem Jahr erzielte, konnte man gestern vor eigenem Publikum nicht lange hoffen. Schon nach dem Startdrittel lag Minnesota 0:3 hinten und zeigte wenig Feuer, schon gar nicht nach dem 0:4 nach zwei Abschnitten. Ehe das fulminante Comeback der Saison ein erinnerungswürdiges Finale bescherte.
Für die Minnesota Wild und Nino Niederreiter ist es das Ende einer turbulenten Saison mit einem Trainerwechsel und vielen Hochs und Tiefs. GRHeute hat schon letzte Woche über die Inkonstanz von Minnesota und Nino, deren Formkurven verblüffend ähnlich verliefen, berichtet.
Trotz Inkonstanz gute statistische Werte
Auch wenn die Saison für Niederreiter und Minnesota nicht immer wunschgemäss verlief, kann man dem Churer attestieren, in seiner Karriere voll auf Kurs zu sein. Schliesslich ist Nino immer noch erst 23 Jahre alt und hat bereits 336 NHL-Spiele auf seinem Konto. 68 Tore und 68 Assists stehen mittlerweile auf seinem Haben-Konto. Diese Saison absolvierte er ein Mammutpensum von 88 Spielen für Minnesota und skorte dabei 21 Tore und 28 Assists. Das sind zwar sieben Tore weniger, aber auch 14 Assists mehr als letzte Saison. In den ersten beiden Jahren in Minnesota skorte er inklusive Playoffs jeweils 42 Punkte, dieses Jahr 49. Zum dritten Mal beendete er die Saison mit einer positiven Plus/Minus-Bilanz (+10).
Wir haben schon öfters darüber berichtet: Das grösste Problem von Nino Niederreiters letzter Saison war die Einsatzzeit. Der Churer war drittbester Torschütze und fünftbester Skorer seines Teams in der Regular Season, dazu mit einem Tor und fünf Assists zweitbester Skorer in den sechs Playoff-Spielen für Minnesota. Von allen Stürmern bekam er aber über die ganze Saison gesehen nur am achtmeisten Eiszeit (in den Playoffs «verbesserte» er sich immerhin auf die Nummer 6 aller Angreifer).
Jedenfalls ist der Churer für die nächste Saison, seinem letzten im laufenden Vertrag bei Minnesota, gut aufgestellt. Setzt er seinen persönlichem Steigerungslauf der letzten Jahre erneut einen drauf, darf sich der dannzumal 24-Jährige auf einen schönen neuen Vertrag (wo auch immer) freuen. Zurzeit verdient Niederreiter in Minnesota 2,667 Millionen US-Dollar im Jahr.
Hier sind alle 21 NHL-Saisontore von Nino Niederreiter im Rückblick.