Einst war Beath Nay einer der grossen Favoriten auf den frei werdenden Stadtrat-Sitz. Nachdem er aus der SVP Chur ausgetreten war, hat Nay letzte Woche angekündigt, als Unabhängiger anzutreten. GRHeute hat in der Interview-Serie mit den neuen Stadtratskandidaten mit dem 46-jährigen Churer Grossrat, Gemeinderat und Mitglied der Churer Geschäftsprüfungskommission gesprochen.
Beath Nay, wir gratulieren Ihnen zu Ihrem Mut, auch als Unabhängiger zu den Stadtratswahlen anzutreten. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschlossen?
Herzlichen Dank. Nachdem die Familie mit der schwierigen Situation hervorragend umgegangen ist und ich dadurch meine Familie geschützt weiss, ziehe ich nicht zuletzt auch daraus Kraft, weiterzumachen. Darum habe ich mich dazu entschieden, meine Erfahrung in einer Kandidatur anzubieten.
Mit Ihrer Kandidatur haben Sie die kleinen Chancen des SVP-Kandidaten Hanspeter Hunger noch weiter geschmälert. Ist Ihre Kandidatur auch ein Racheakt?
Dieser Vorwurf läuft völlig ins Leere. Ich bin ein christlich geprägter, mit Werten erzogener Mensch. Bei mir haben niedere Beweggründe wie Rache keinen Platz. Schlussendlich handelt es sich um Majorzwahlen. Ich bewerbe mich für eine Geschäftsführer-Position, sprich den Stadtrat, das ist alles. Ich bin auch der Meinung, dass es für die Churer Bevölkerung nur positiv sein kann, je grösser die Auswahl ist.
Das heisst, es spielt also gar keine Rolle, ob man in einer Partei ist?
Wenn man bedenkt, dass es in Chur vielleicht 500-600 aktive Parteimitglieder gibt, dann habe ich nicht das Gefühl, dass dadurch 20’000 Wahlberechtigte wesentlich beeinflusst werden können. Die Parteien sind nicht so wichtig, die Leute wählen Köpfe in den Stadtrat.
Wie hoch beurteilen Sie Ihre Chancen, am 5. Juni gewählt zu werden?
Ich bin nicht am Rechnen. Ich bin aus Erfahrung bereit für den anstehenden Wahlkampf, wie es auch schon bei der Kandidatur 2012 der Fall war. Damals war ich nicht einmal Gemeinderat, das wurde mir auch vorgeworfen. Jetzt bin ich als Grossrat, Gemeinderat und Mitglied der Churer Geschäftsprüfungskommission auf jeden Fall in erhöhtem Masse bereit. Mir geht’s darum, reinen Wein einzuschenken und meine Sichtweisen und Einschätzungen transparent kundzutun.
Sie müssen als Bürgerlicher auf Stimmen aus allen bürgerlichen Parteien hoffen. Wie waren deren Reaktionen auf Ihren Alleingang?
Von den anderen Parteien habe ich gar nichts gehört. Dafür von der Bevölkerung, aus der ich wahnsinnig schöne Signale erhalten habe. Das hat sehr gut getan. Auch aus dem Grossen Rat habe ich nur positive Reaktionen bekommen.
Sie sind aus der SVP Chur ausgetreten. Wo stehen Sie diesbezüglich heute?
Ich bin parteilos. Meine politischen Ideen schöpfe ich aber sowieso aus der Lebens- und aus der Unternehmenserfahrung, die ich zum einen tagtäglich im eigenen Betrieb mache, zum andern aber auch schon früher in Führungspositionen in den verschiedensten Branchen sammelte.
Von den neuen Kandidaten sind Sie der einzige amtierende Grossrat. Wie wichtig ist dies?
Es stimmt, Urs Marti und ich sind die einzigen kandidierenden Grossräte. Die Frage ist nicht, wie wichtig die Erfahrung für mich ist. Ich weiss, dass es wichtig ist.
Können Sie Beispiele dazu nennen?
Ein Beispiel, das dies unterstreicht, ist die Unternehmenssteuerreform 2009. Die Stadtregierung der letzten Legislatur wurde davon überrascht und versuchte in der Folge, deswegen die Steuern zu erhöhen, auch wenn es nur für ein Jahr gewesen wäre. Diese war unnötig und wurde von den Churerinnen und Churern mit eindrücklichen 84% abgelehnt. Es hat sich gezeigt, dass der Karren auch ohne Mehrbelastung der Bevölkerung aus dem Sumpf gezogen werden kann.
Sie sind Präsident des Initiativkomitees «200’000.- sind genug», das die Löhne des Stadtrats senken will. Und wenn Sie jetzt selbst gewählt werden?
Ich möchte eigentlich nicht, dass dies zum Thema des Wahlkampfes wird. Es ist eine sachlich richtige Forderung. Ich möchte das nicht als Wahlkampfbotschaft benutzen, aber ich hoffe natürlich schon, dass die Bürgerinnen und die Bürger die Argumente in den Abstimmungsunterlagen gut lesen. Dann können sie sich ihr eigenes Bild machen.
(Bild: zVg.)