Schweizer Spiele? «Graubünden hat ‹mehrere Perlen’»

Die Schweizer Olympia-Kandidatur 2026 gewinnt an vielen Orten Aufwind. GRHeute hat den Solothurner alt-Kantonsrat Markus Schneider, Mitglied und Sprecher der IG Switzerland 2026, interviewt.

Markus Schneider, Ende Januar wurde Ihr Projekt einer nationalen Kandidatur erstmals breit kommuniziert. Wie waren die Reaktionen bisher?

Ich muss da etwas ausholen. Wir haben schon Ende August 2015 unser Projekt bei Swiss Olympic eingereicht. Der nationale Sportverband hat allen Bewerbern einen Maulkorb verpasst. Herr Constantin der Walliser Kandidatur hat sich dann zuerst nicht mehr daran gehalten, im Dezember haben dann auch die Bündner kommuniziert. Überrascht war ich, als Ende Januar dann Swiss-Olympic-Präsident Jörg Schild unsere gesamtschweizerische Kandidatur in den Medien ins Spiel gebracht hat. Das war für uns dann auch der Moment, um aktiv über unser Projekt zu kommunizieren. Die Reaktionen seither sind seht gut.

Die Bündner Promotoren haben zugesagt, sie würden im Falle einer nationalen Kandidatur mitmachen. Jetzt bekommen Sie Zuspruch des Bündner Olympia-Promotoren Christoffel Brändli, der anno dazumal die Kandidatur 2010 mitlanciert hatte…

…das ist natürlich sehr erfreulich. Wir haben aus Graubünden Signale bekommen, dass man auch bei einer Schweizer Kandidatur mitmachen würde. Keine Region in der Schweiz kann Olympische Spiele alleine stemmen, nur schon wegen fehlenden Infrastrukturen. Bündner Winterspiele müssten auch mindestens die Innerschweiz für Skisprung-Wettbewerbe und die Region Zürich für Eis-Bewerbe einbeziehen.

Und wie sind die Reaktionen des dritten Bewerbers, dem Wallis

Im Gegensatz zu Graubünden wollen es diese alleine durchziehen. Aber wie man hört, gibt es da auch schon interne Reibereien. Und auch das Konzept ist umstritten, weil die Bewerbe durchgängig im Unterwallis stattfinden sollen – das «Deutsch-Wallis» wäre sozusagen ausgeschlossen. Aber wir wollen hier keine grosse «Messerstecherei» loslegen. Swiss Olympic plant, mit den verschiedenen Ideenträgern gemeinsame Workshops im laufenden Jahr zu veranstalten. Ich kann mir gut vorstellen, dass eine Zusammenarbeit möglich ist.
 
Graubünden müsste bei Ihrer Kandidatur einige Konzessionen eingehen, zum Beispiel im Ski alpin, wo das Berner Oberland mit Wengen und Adelboden starke «Gegner» für St. Moritz oder die Lenzerheide wären, oder?

So detailliert kann man noch nichts sagen. Klar ist, dass Graubünden mehrere «Perlen» hat, die man in einer gesamtschweizerischen Kandidatur nicht auf der Seite lassen kann. Das Paradebeispiel sind natürlich die Bobbahnen in St. Moritz. Es gibt drei Ansatzpunkte für unser Konzept: Erstens: Die Schweiz weist in fast allen Wintersportarten erprobtes Veranstaltungs-Know-how und entsprechende Wettkampfstätten auf. Da knüpfen wir an. Zweitens: Die Nachhaltigkeit. Wir gehen dahin, wo die Sportstätten schon sind und wollen diese optimal nutzen. Ganz ohne Bauten geht es nicht, ich denke da beispielsweise an eine Eissschnelllauf-/Short-Track-Halle. Drittens wollen wir zeigen, was die Schweiz touristisch ausmacht, und zwar die Kombination vom alpinen und vom urbanen Raum.

Trotzdem müssten Graubünden bzw. das Wallis in ihrem Konzept einige Sportarten «loslassen», was nicht ohne Widerstand ginge. Wie stehen Sie zu Ihren Konkurrenten?

Wir sehen uns nicht als Konkurrenz. Wir wollen dazu beitragen, dass es zu einer breit abgestützten, nationalen Kandidatur kommt. Die Schweiz ist ein Top-Wintersprt-Land. Kaum ein anderes Land kann eine ähnliche Dichte an Infrastruktur und Know-how vorweisen. Die IOC-Charta 2020 gibt nun die Chance, dass wir als traditionelles Wintersportland die Spiele auch dezentral austragen können. Das hätte auch den Vorteil, dass die Kantone kleinere Beträge einsetzen müssten. Und es wäre auch kein Desaster, wenn die Zustimmung an einzelnen Orten fehlen würde. Die liessen sich einfach ersetzen. Nicht ein Kanton allein müsste die Spiele stemmen, sondern das Gewicht würde auf die Schultern der ganzen Schweiz verteilt. Und: Die Spiele würden vom allen mitgetragen, die Kantone müssten sich nicht gegenseitig beneiden.
 
Sie haben Infrastrukturen angesprochen, vor allem den Bau einer Eisschnelllauf-Halle. So etwas würde sicher nur in einer Grossstadt Sinn machen, oder? Hinter vorgehaltener Hand spricht man offenbar von Zürich Oerlikon?

Das ist sehr gut möglich.
 
Und wie würden die Olympischen Spiele 2026 Ihrer Meinung nach heissen?

Als Hostcity würde wahrscheinlich Zürich, Luzern oder Bern fungieren.
 
Welche Reaktionen haben Sie von den angefragten Wettkampforten erhalten?

Wir haben Kontakte aufgenommen und positive Feedbacks erhalten. Auch von Seiten der Parteien. Abgesehen von den Grünen sind Vertreter aller Parteien in der IG Switzerland 2026 dabei.
 
Sie selbst sind SP-Mitglied und alt-Kantonsrat in Solothurn. Gerade im Kanton Graubünden stellen sich die SP-Exponenten aus Prinzip gegen Spiele in der Schweiz. Wie haben Ihre politischen Kollegen auf Ihr Engagement reagiert?

Die Reaktionen wären mir eigentlich ziemlich egal. Ich bin politisch nicht mehr aktiv. Und selbst wenn, würde ich für dieses Projekt einstehen. Als Solothurner bin ich vielleicht etwas unbefangener als die Bündner. Aber ich weiss auch von mehreren Bündner SP-Vertretern, die auch schon beim letzten Versuch für die Olympischen Spiele gewesen sind.
 
Und wie geht’s nun weiter?

Am 11. März gibt Swiss Olympic die Rahmenbedingungen für eine mögliche Schweizer Kandidatur bekannt. Das werden wir analysieren und entsprechend kommunizieren. Danach beginnt der nationale Bewerbungsprozess.

 

(Bild: Snowboard-Halfpipe am Laax Open – EQ Images)