Gleich vier neue Flüchtlingszentren nimmt der Kanton Graubünden neu in Betrieb. Die Münstertaler Politikerin Gabriella Binkert Becchetti ist enttäuscht: «Das ist eine Untergrabung der Gemeindeautonomie seitens des Kantons.» GRHeute hat mit der Vizepräsidentin der SVP Graubünden gesprochen.
Frau Binkert Becchetti, Sie sind Tochter eines Nigerianers, SVP-Politikerin und wohnen im Münstertal. Was halten Sie davon, dass in Val Müstair jetzt Flüchtlinge wohnen?
Nicht so viel. Und ich spreche hier nicht nur als SVP-Vertreterin, sondern auch als Vize-Gemeindepräsidentin von Val Müstair. Ich vertrete den folgenden Standpunkt: Der Kanton hat nicht mit uns geredet, uns erst letzte Woche kurzfristig darüber informiert, und am Montag sind die Flüchtlinge schon gekommen. Das ist eine bodenlose Frechheit.
Entlastet Sie das nicht, wenn der Kanton die Aufgabe der Platzierung den Gemeinden abnimmt?
Es geht ja um einen privaten Anbieter in Val Müstair. Wir hätten zumindest erwartet, dass man uns fragt, wer der Anbieter Werner Braun überhaupt ist. Ich kenne das Haus. Wenn da 50 fremde Menschen mit einer einzigen Betreuungsperson leben, dann gibt das ein Chaos. Stellen sie sich vor, einer aus der Gruppe wird krank oder müsste psychologisch betreut werden. Dann werden schliesslich wir tangiert, der Kanton wird dann nicht mehr hier sein, wir müssen uns dann darum kümmern.
Die Flüchtlinge waren nicht gerade erfreut, als sie ihr neues Zuhause sahen…
…man hat gesehen, wie zufrieden sie mit der angebotenen Lösung sind. Es ist ganz klar, dass das Wirtschaftsflüchtlinge sind. Andere hätten die Bleibe dankbar angenommen.
Woran erkennen Sie das?
Nachdem wir erstmals davon gehört haben, dass Flüchtlinge kommen, haben einige gehofft, dass Familien kommen. Ich habe Stimmen von Leuten gehört, die sie willkommen heissen wollten. Die vielleicht zu Weihnachten den Kindern etwas vorbeibringen wollten. Sie sind enttäuscht worden. Das sind alles junge Burschen, die arbeiten könnten.
Wie ist die Stimmung in der Bevölkerung?
Die Haltestelle des Postautos befindet sich inmitten der kleinen Fraktion Valchava. Die Kindergärtnerin hat gesagt, sie werde die Kinder in der ersten Woche zum Postauto begleiten. Anschliessend müssen wir, das heisst die Eltern, schauen. Vor allem Mütter und Frauen haben Angst. Vor allem wegen der Nicht-Information des Kantons herrscht eine grosse Unsicherheit.
Und was werden Sie jetzt tun?
Am Donnerstagabend informiert der Kanton erstmals die Bevölkerung. Ich habe schon von vielen, die sonst nie an die Versammlungen kommen, gehört, dass sie kommen und Klartext reden werden. Dann schauen wir weiter.
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(Bild: Screenshot RTR)