Die Coronakrise beschert der Rhätischen Bahn (RhB) ein schwieriges, verlustreiches 2020. Trotz grosser Anstrengungen auf der Kostenseite und zugesagter Unterstützung von Bund und Kanton, geht die Alpenbahn von einem Verlust im knapp zweistelligen Millionenbereich aus. Dies nach einem verheissungsvollen Start in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres und einem Rekordergebnis im Vorjahr.
Basierend auf den Zahlen von Ende Oktober erwartet die RhB für das Geschäftsjahr 2020 einen Verlust von 24.7 Millionen Schweizer Franken. Nach Abzug der zugesagten Covid-19-Finanzhilfe für den regionalen Personenverkehr RPV (CHF 12.8 Mio.) und den Autoverlad (CHF 1.8 Mio.), verbleibt voraussichtlich ein negatives Jahresergebnis von rund -10 Millionen Schweizer Franken.
Die RhB hat in der Coronakrise grosse Anstrengungen unternommen, die Kosten zu reduzieren. Dies beispielsweise mit der Repriorisierung von Projekten oder dem Zurückstellen von nicht sicherheitsrelevanten und zwingenden Unterhaltsarbeiten. Während des Shutdowns wurden weniger Züge begleitet und eine spürbare Reduktion der Öffnungszeiten an den Bahnhöfen umgesetzt. Für den Monat April hatte die RhB auf Empfehlung des BAV bis zu 20 % Kurzarbeit umgesetzt. Diese wurde von den zuständigen Stellen des Kantons und des Bundes gutgeheissen, worüber die RhB-Verantwortlichen sehr erleichtert sind. Weiter wurde für das RhB-Personal seit Mai und noch bis Ende Jahr ein konsequenter Abbau von Ferien, Mehrarbeits- und Überzeit angeordnet.
Personenverkehr: Schadensbegrenzung dank gutem Sommer
Wie die gesamte öV-Branche wurde auch die RhB vom Corona-Shutdown hart getroffen. Während die Betriebsleistung nur um weniger als 10 Prozent reduziert werden konnte, weil der Service Public aufrechterhalten werden sollte, brachen die Frequenzen zwischen März und Mai um 80 bis 90 % ein. Mit der Wiederaufnahme des touristischen Verkehrs im Juni erholte sich die Situation. In den Sommermonaten Juli und August erreichte die RhB, insbesondere dank Schweizer Fahrgästen, wieder ca. 80 % der Vorjahresfrequenzen. Während der noch andauernden zweiten Corona-Welle gingen die Frequenzen wieder auf 60 % im touristischen- resp. 70 % im Pendlerverkehr zurück.
Während des Shutdowns hatte die RhB das Angebot im Autoverlad ebenfalls auf einen Stundentakt reduziert. Die Frequenzen brachen auf ca. 25 % gegenüber dem Vorjahr ein. Allerdings setzte die Erholung früher und nachhaltiger ein als beim Personenverkehr. Bereits im Juli wurden fast gleich viele Fahrzeuge wie im Vorjahr transportiert, und seit August liegt die Anzahl transportierter Fahrzeuge über jener vom Vorjahr. Trotz dieser Erholung im zweiten Halbjahr kann der Rückgang während des Shutdowns nicht ganz wett gemacht werden. Die RhB erwartet auch im Autoverlad ein negatives Ergebnis von zwischen 1 und 2 Millionen Schweizer Franken per Ende Jahr.
Einzig der Güterverkehr konnte die Einflüsse der Coronavirus-Krise bisher wegstecken. Für die Bündner Güterbahn resultiert per Ende Oktober ein Einnahmeplus von 1.7 %. Die geleisteten Tonnenkilometer stiegen um 8 %. Dieses gute Ergebnis kam auch dank der Tatsache zustande, dass die Erträge aus Eigenleistungen für die vielen grossen Investitionsprojekte der RhB von der Coronakrise nicht gross tangiert wurden und deutlich über den Erwartungen gelegen sind.
Ausblick Geschäftsjahr 2021 und Folgejahre
Die nahe Zukunft bleibt für die RhB sehr anspruchsvoll. Für das Jahr 2021 erwartet sie gegenüber der gültigen Abgeltungsvereinbarung Mindereinnahmen von 17 Millionen Schweizer Franken. Die RhB ist im engen Austausch mit den Bestellern und hat bereits Gespräche geführt zu dem zu erwartenden Fehlbetrag für das nächste Jahr. Geschäftsleitung und Verwaltungsrat gehen davon aus, dass im Personenverkehr das Niveau von 2019 frühestens 2024 wieder erreicht werden kann.
Nach wie vor befindet sich die RhB in einer tiefgreifenden Modernisierungsphase. Auch dieses Jahr konnten zahlreiche Infrastrukturprojekte weitergeführt werden. So wurden beispielsweise die Doppelspuren Landquart – Malans und Bever – Samedan in Betrieb genommen. Parallel zum Ausbau der Strecken im Hinblick auf einen Angebotsausbau läuft die grösste Rollmaterialbeschaffung in der Geschichte der RhB nach Plan. 12 der insgesamt 56 bestellten Capricorn-Triebzüge sind bereits bei der RhB. Acht davon sind betrieblich einsetzbar und regelmässig auf dem Streckennetz der RhB anzutreffen. Geplant ist, dass ab Sommer 2021 alle Züge Landquart – Davos – Filisur mit Capricorn-Triebzügen geführt werden.
(Bild: zVg)