«Eine Amtsenthebung von Peter Schnyder macht keinen Sinn»

Seit über einem Jahr macht das Kantonsgericht Graubünden und der Richter Peter Schnyder schweizweit Schlagzeilen. Das Kantonsgericht bezieht Stellung zum Amtsenthebungsverfahren-Antrag, den sie 2019 einreichten und jetzt wieder zurückzogen.

Das Kantonsgericht Graubünden informierte heute in einer ausführlichen Medienmitteilung über die Gründe gegen Peter Schnyder ein Amtsenthebungsverfahren zu eröffnen. Der Antrag für das Verfahren wurde im Mai 2019 schriftlich angekündigt und am 5. Juni 2019 vom Kantonsgericht Graubünden bei der Kommission für Justiz und Sicherheit (KJS) eingereicht. «Der Vorwurf, das Kantonsgericht habe die Sache vertuschen wollen, ist dadurch vollständig wiederlegt», heisst es in der Mitteilung.

Was passierte?

Peter Schnyder trat sein Amt als Kantonsrichter am 1. September 2014 an. Laut Mitteilung schien Schnyder sich gut einzuarbeiten und ins Team einfügen. Im Laufe der Zeit kam allerdings eine «andere Seite» von Schnyder zum Vorschein. Er kümmerte sich wenig um interne Abläufe und beachtete zum Beispiel standardisierte Vorlagen und IT-Vorgaben nicht. Er bemerkte des Öfteren, dass er «sich es vorbehalte, es so zu machen, wie er es für richtig halte.»

Durch die Anhörungen wurde festgestellt, dass Schnyder grosse Mühe mit der Zusammenarbeit mit dem Aktuariat hatte. Es sei wiederholt zu Auseinandersetzungen gekommen. Dies habe zur Beeinträchtigung der Vertrauensverhältnisse bis hin zu Personalabgänge geführt.

Laut der Mitteilung wollte sich Schnyder oft kompromisslos durchsetzen, was «eine fachliche Diskussion fast unmöglich machte.»

 

Nicht alle Richter waren dem Verhalten von Peter Schnyder gleich ausgesetzt. Es gab durchaus Unterschiede in der Zusammen-arbeit. Am ausgeprägtesten war die negative Zusammenarbeit mit den «untergebenen» Stellen von Aktuariat und Kanzlei. Das Verhältnis zu einem grossen Teil der Belegschaft war daher bereits vor den Vorkommnissen rund um die Erbsache S. erheblich belastet.

 

Als Peter Schnyder dann im Rahmen des Revisionsverfahrens die öffentlich bekannt gewordenen Anschuldigungen gegen den Kantonsgerichtspräsidenten erhob, kam es zu einer Eskalation, die dazu geführt hat, dass sich alle Mitarbeiter dazu entschlossen haben, den Antrag auf Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens zu stellen.

Dieser Entschied fiel nicht, weil Schnyder der Richter kritisierte, sondern die Art und Weise, wie er das getan hat. Dieses Vorgehen hat auch die KJS als schwerwiegende Amtspflichtverletzung gewertet.

 

Seit dem 7. Mai 2019 arbeitet Peter Schnyder nicht mehr am Kantonsgericht. Grund dafür ist, weil er seit über einem Jahr krankgeschrieben ist.

Nicht-Wiederwahl anstatt Amtsenthebung

An der Medienkonferenz vom 2. Juni 2020 hat die KJS mitgeteilt, dass das Kantonsgericht den Antrag auf Durchführung eines Amtsenthebungsverfahrens zurückgezogen habe. Der Antrag wurde vor einem Jahr eingereicht, allerdings erst im Frühjahr dieses Jahres bearbeitet. Da die Richterwahlen bevorstehen und von der KJS die Empfehlung auf Nicht-Wiederwahl von Schnyder signalisiert worden ist, hat das Kantonsgericht den Antrag zurückgezogen. «Es macht keinen Sinn, nur acht Wochen vor den Richterwahlen eine Abwahl zu traktandieren. Eine Nicht-Wiederwahl von Peter Schnyder hat das gleiche Ziel wie das bedeutend umfangreichere und zeitintensivere Amtsenthebungsverfahren», heisst es in der Mitteilung. Und weiter: «Eine Zusammenarbeit mit ihm ist nach allem, was in den letzten Jahren vorgefallen ist, nicht mehr zumutbar.»

Erbfall S.

Der Kantonsrichter Fridolin Hubert schreibt, dass diverse Medien im Erbfall S. berichteten, dass ein in der zuständigen Gerichtskammer gefälltes Urteil nachträglich vom Gerichtspräsidenten und vom Aktuar abgeändert worden. Hubert weist diese Vorwürfe in aller Form zurück.

Im Erbfall S. wurde kein ausformuliertes Urteilspositiv festgelegt. «Was in der Berichterstattung und von Peter Schnyder als solches präsentiert wurde, ist der erste Entwurf der Urteilsausfertigung», so Hubert. Der Entwurf war eine erste Diskussionsgrundlage für das endgültige Urteil. Beim angeblich im Nachhinein geänderten Urteil handelt es sich um die bereinigte Endfassung der vom Präsidenten und Aktuaren erstellten Urteilsausfertigung.

 

Das Kantonsgericht will die internen Abläufe und Prozesse überprüfen und – wo es angebracht ist – rasch anpassen. «Unser oberstes Ziel ist es, uns auf unsere Aufgabe, die qualitativ hochstehende und effiziente Rechtsprechung, zu konzentrieren.»

(Bild: zVg)