Die Komission für Justiz und Sicherheit hat nach monatelangen Untersuchungen festgestellt: Kantonsrichter Peter Schnyder ist für eine Kollegialbehörde unverträglich. Sie wird eine Nichtwiederwahl Schnyders empfehlen.
Die Situation war komplex: Am 5. Juni letzten Jahres wurde vom ganzen Richterkollegium ein Antrag auf Amtsenthebung von Dr. Peter Schnyder gestellt. «Diese Situation war ein Novum», sagt Ilario Bonodolfi, Präsident der KJS, am Dienstagmorgen vor den Medien im Regierungsratssaal in Chur. Recherchen ergaben, dass es auch in anderen Kantonen noch nie zu einer solchen Situation gekommen war. Es gab also keine entsprechenden Rechtssprechungen oder Erfahrungen, was zu einem grossen juristischen Aufwand führte.
Ein ganzes Jahr später präsentierte die Kommission für Justiz und Sicherheit jetzt die Ergebnisse ihrer Untersuchungen. «Die Untersuchungen haben bei Herrn Schnyder einen ausgeprägten Individualismus und ein Beharren auf der eigenen Meinung in einer Art und Weise offenbart, die für eine Kollegialbehörde als unverträglich beurteilt werden müssen», sagte Ilario Bonodolfi. Ausserdem seien Amtspflichtverletzungen festgestellt worden. So sei Peter Schnyder, als die Situation am 7. Mai letzten Jahres eskaliert war, am nächsten Tag nicht zu einer Verhandlung erschienen. «Peter Schnyder besteht auch dann auf seiner Meinung, wenn sie nicht haltbar ist und ist nicht willens, diese zu reflektieren.» Bei der Verhandlung handelte es sich um einen Erbstreit, dessen Urteil im Nachhinein verändert worden war, ohne die anderen Gerichtsmitglieder zu benachrichtigen. Auch in dieser Sache ist ein Strafverfahren hängig.
Brunner leitet Ausstandsbegehren ein
Von einer Amtsenthebung will die KJS dennoch nichts wissen – zu unverhältnismässig. Sie will im Hinblick auf die von Juni auf August verlegten Neuwahlen Peter Schnyder eine Empfehlung für eine Nichtwiederwahl abzugeben. Auch für Gerichtspräsident Norbert Brunner gibt es keine derartigen Konsequenzen – er scheidet Ende Jahr aus dem Amt, weil er sich nicht mehr für eine Wiederwahl zur Verfügung stellt.
Norbert Brunner sieht sich in der gleichen Erbsache ebenfalls mit einem Disziplinarverfahren konfrontiert – wegen einer sehr ernsthaften Amtspflichtverletzung. Dabei wurde Norbert Brunner die Immunität, die ihn vor derartigen Anschuldigungen schützt, aberkannt, damit eine strafrechtliche Untersuchung durchgeführt werden kann. Nachdem er rechtliches Gehör erhalten hatte, reichte Norbert Brunner ein Ausstandsbegehren für gegen alle 11 Kommissionsmitglieder ein, das vom Grossrat behandelt werden muss. «Es ist ihm nichts anderes eingefallen, als das zu tun», sagte Ilario Bonodolfi.
Pendenzenberg verdoppelte sich
Was bei der Untersuchung auch noch herauskam: Seit 2011 ist der Pendenzenberg des Kantonsgerichts stetig gestiegen. «Sie machen nichts anderes, als einen grossen Berg Arbeit vor sich herzuschieben», sagte Grossrätin und Kommissionsmitglied Julia Müller. Zwei externe Experten stellten fest, dass sich der Pendenzenberg in den letzten fünf Jahren praktisch verdoppelt hat und die Richterstellen ausreichend besetzt sind. Weniger Gefallen fanden die Experten an den Ressourcen des Aktuariats und empfehlen, dieses um ein bis zwei Stellen zu erhöhen. Ausserdem soll der Einsatz von Ersatzrichtern geprüft werden.
(Bild: GRHeute)