«Wir haben wenigstens die Chance, Schweizer Gäste abzuholen»

Die erste Corona-Welle ebbt weiter ab. Am Freitag kommunizierte Graubünden „nur“ noch 15 Hospitalisierte in Graubünden, ab heute Montag öffnen unter strengen Vorgaben die Volksschulen und die Gastronomie wieder ihre Tore. Überstanden ist damit aber noch nichts, wie gestern der Bündner HotellerieSuisse-Präsident Andreas Füllig im Interview mit dem SonntagsBlick warnte. 

«Die Lage ist dramatisch», so Andreas Züllig, oberster Schweizer Hotelier im Interview mit dem SonntagsBlick. Bereits im März sei der Rückgang bei den Übernachtungen mit über 60% gross gewesen, im April und im Mai habe der Coronavirus den Tourismus fast vollständig stillgelegt. «Als der Bundesrat Mitte März die ausserordentliche Lage ausgerufen hat, war unser Haus innert 48 Stunden leer. Dann haben wir geschlossen und unsere 85 Mitarbeiter für vier Wochen in Kurzarbeit geschickt», so Züllig.

Sommertourismus als Licht am Horizont?

Ab 20. Mai öffnet der Schweizerhof auf der Lenzerheide wieder seine Tore, der Buchungsstand für die Hauptferienzeit sei «sehr gut». Allerdings würden in seinem Hotel aus Sicherheitsgründen rund die Hälfte aller Betten   leer bleiben, sagt Züllig. Schwieriger als in Graubünden sei die Tourismus-Prognose in den Städten: «Die Berghotels haben in diesem Sommer wenigstens die Chance, die Schweizer Gäste abzuholen. Aber die Hotels in den Städten leben zu 80 Prozent von den ­ausländischen Gästen. Diese bleiben in diesem Jahr fast komplett weg.»

Öffnung hin oder her, der Tourismus wird auch in Graubünden im Sommer enorm bluten, zumal ausländische Gäste normalerweise mehr als die Hälfe des Umsatzes ausmachten. Gefährlich sei, wenn sich die heimische Hotellerie nun mit Dumpingpreisen unterbiete, um sich gegenseitig Gäste abzujagen. Züllig glaubt, dass ein Drittel der Betriebe «vermutlich nicht überleben wird.» Dies sei besonders tragisch an Orten, wo es nur noch ein kleines Hotel habe, das auch als sozialer Treffpunkt diene. «Solche Betriebe sind system­relevant. Es wäre an­gezeigt, Konzepte zu ihrer Erhaltung zu entwickeln.»

 

(Bilder: Youtube/Pixabay)