Letzte Woche fiel der Eurokurs erstmal seit 2017 unter die 1.10-Marke. Das verheisst nichts Gutes. Wenn der Eurokurs hustet, dann werden der Tourismus und die übrige Exportwirtschaft nervös. Zu stark stecken noch die schwierigen Zeiten in den Knochen, als die Nationalbank 2015 den Mindestkurs von 1.20 Franken aufhob.
Leider sind die Signale für die Zukunft nicht allzu rosig. Einige Experten gehen wegen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank davon aus, dass der Euro in den nächsten zwei Jahren weiter schwächeln wird. Der Chefökonom von Raiffeisen, Martin Neff, liess in den Medien sogar verlauten, dass der Eurokurs innert 18 Monaten auf einen Franken sinken und die Parität erreichen könnte. Das gab es bisher erst ein einziges Mal, nämlich 2015, mit ernsthaften Folgen für alle exportorientierten Branchen.
Was würde der Eurokurs von einem Franken für den Bündner Tourismus bedeuten? Da die Anzahl Logiernächte bis zu einem gewissen Grad mit dem Eurokurs korrelieren, können wir davon ausgehen, dass das Ganze nicht spurlos an uns vorbei gehen wird. Die Frage ist also: wie schlimm wird es werden? Wenn sich das Verhältnis von Eurokurs zu Anzahl Logiernächten ähnlich wie in den letzten zehn Jahren verhält, könnten die Logiernächte ab 2020 um fast 1 Million oder 17 Prozent im Vergleich zu 2018 abnehmen!
Das ist jetzt natürlich ein Worst-Case-Szenario. Es bringt aber nichts, den möglichen Tatsachen nicht ins Auge zu sehen. Vielmehr sollten wir uns mit aller Kraft damit auseinander setzen, welche Lösungen in einem Hochpreisumfeld möglich sind. Es scheint fast so, als hätten wir keine Zeit für weitere Analysen. Jetzt ist Handeln angesagt. Und es gibt Anlass zur Hoffnung: es ist Graubünden in den letzten Jahren gelungen, den Anteil Schweizer Gäste zu steigern. Dieses wertvolle Gästesegment ist eurokrisensicher. Ebenfalls ein Schritt in die richtige Richtung sind Anstrengungen, den Anteil der Gäste aus Fernmärkten zu steigern, um die Abhängigkeit von Europagästen weiter zu reduzieren. Hier gibt es noch viel Luft nach oben. Und schliesslich müssen einzelne Leistungsträger immer bei ihren eigenen Geschäftsmodellen anfangen. Eine rationale Auseinandersetzung mit den Kosten und gleichzeitg die emotionale Steigerung des Mehrwerts für die Gäste scheint wichtiger denn je.
Heute für Sie unverblümt und direkt von der Front: Brigitte Küng, Projektleiterin, Macherin und Strategieberaterin bei Hanser Consulting AG, Chur.
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