Erstmal durchatmen

Jon Pult hat gestern seinen Rücktritt als Präsident der Bündner SP angekündigt. Wir blicken auf seine politischen Erfolge und Misserfolge zurück.

Jon Pult hat in seinen sieben Jahren als Anführer der Bündner SP eine bewegte Zeit hinter sich. Von Wahlen über Abstimmungen bis zum TV-Auftritt bei Giacobbo/Müller war der 31-jährige Churer in den letzten Jahren stets an vorderster Front präsent. Ein Rückblick.

Die Abstimmungen

Jon Pults Bilanz bei kantonalen Abstimmungen lässt sich sehen. In der Oppositionsrolle setzte er sich mit der SP aktiv und erfolgreich gegen olympische Winterspiele in Graubünden ein. Dabei bewies er ein feines Gespür für pointierte Nolympia-Argumente, die beim Bündner Volk griffen und die er – zur Verzweiflung der Olympia-Befürworter – gebetsmühlenartig bis zum Abstimmungssieg wiederholte. Einen weiteren Erfolg aus der Opposition heraus feierte Pult 2013 bei der Abstimmung für ein Ja zu sauberem Strom ohne Kohle.

Dafür scheiterte Pults SP – in der unheiligen Allianz mit der SVP – bei der Proporz-Initiative 2014. Für Pult einer seiner bittersten Rückschläge, wie er in seinem Rücktrittsschreiben betont: «Für das Bündner Parlament gilt noch immer ein ungerechtes und wohl verfassungswidriges Wahlsystem. Einmal mehr haben wir versucht, dies politisch zu ändern. Einmal mehr sind wir damit gescheitert. Nun wird der Fall rechtlich geklärt.»

Die Wahlen

Bei Wahlen ist Pults Erfolgsbilanz als SP-Präsident durchzogen. Nach zwei Jahren im Amt verlor die SP Graubünden 2010 bei den Grossratswahlen zwei Sitze (12). 2014 machte die Linke dies wieder wett und stellte mit neu 15 Sitzen (+3) einen neuen SP-Rekord auf. Auch bei den Parlamentswahlen musste Pults Kantonalpartei in seinen ersten Amtsjahren bluten. Die SP (inkl. Juso) verlor von 2007 auf 2011 massiv an Wählerstimmen (23,7% auf 15,6%), konnte diesen Herbst aber wieder eine leichte Trendwende herbeiführen (neu 17,6%). Immerhin wurde der Sitz des zurückgetretenen Andrea Hämmerle 2011 – sicher auch ein Grund für die damaligen massiven Verluste – gehalten werden. Auch bei den Regierungsratswahlen konnte der SP-Sitz von Claudio Lardi durch Martin Jäger (2010) verteidigt und 2014 bestätigt werden.

Zu einem kleinen Trauma wurden für Pult die Nationalratswahlen: 2011 scheiterte er im Dreierteam um Silva Semadeni und Josias Gasser hauchdünn am GLP-Koalitionspartner, 2015 in derselben Konstellation ebenso knapp an seiner Parteikollegin. Zusammen mit dem überraschenden Erfolg des politischen Gegners SVP Graubünden – mit der Wahl von Magdalena Martullo-Blocher – zweifellos ein Schlag für den SP-Vollblutpolitiker. Eigentlich hatten viele damit gerechnet, dass Pult im Parlament nach einer Einarbeitungszeit die Nachfolge von Christian Levrat als Schweizer SP-Präsident antreten könnte. Jetzt aber ist er bald nicht einmal mehr Chef der Kantonalpartei.

Das Comeback

«Politik ist ein gefrässiges Tier», liess sich Pult vor einem Jahr zitieren. Seinen Rücktritt hatte er bereits im Frühling beschlossen. Der Job als Kantonalpräsident ist auch stressig, zehrend, vor allem, wenn man ihn mit Leidenschaft ausübt. Kein Wunder, wenn man nach sieben Jahren etwas ausgebrannt ist.

Wer die Laufbahn Pults mitverfolgt, weiss aber auch, dass der Churer zurückkommen wird. Und zwar nicht erst bei einem Rücktritt von Silva Semadeni oder bei den nächsten Parlamentswahlen. Das Comeback des «bald-nur-noch-Grossrats» steht so oder so bevor: Als Präsident der Alpeninitiative kann der Churer ein bisschen Durchschnaufen brauchen, bevor es im Kampf gegen die 2. Gotthard-Röhre so richtig zur Sache geht.

 

(Bild: Charly Bosshard)