Marco Camenisch sieht die Freiheit vor sich

Der Bündner Öko-Terrorist Marco Camenisch kommt bald frei, berichtete Radio SRF Graubünden gestern. Schon in Kürze werden ihm Hafturlaube gewährt, 2018 dürfte er endgültig entlassen werden.

Die Geschichte des heute 63-jährigen Marco Camenisch bewegt die Schweiz und Graubünden seit Jahrzehnten. Schon als Teenager hatte der im Puschlav Geborene Mühe, sich ins System einzufügen. Das Gymi in Schiers brach er ebenso ab wie eine landwirtschaftliche Lehre am Plantahof kurze Zeit später – er hatte sich nicht mit der Tierzucht und den Kunstdüngern abfinden können.

In den 70er Jahren trat er in die Anti-Atomkraft-Bewegung ein und radikalisierte sich soweit, dass er Ende des Jahrzehnts mit Gleichgesinnten Sprengstoffanschläge auf Hochspannungsmasten durchführte. Camenisch wurde erwischt und zu einer drastischen Gefängnisstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Spirale nach unten drehte sich für den Anarchisten weiter: Als Camenisch und fünf Mitgefangene aus dem Gefängnis ausbrachen, erschoss ein Mitstreiter einen Wächter und verletzte einen andern.

Vom Ökoterroristen zum verurteilten Mörder

In der öffentlichen Wahrnehmung war Camenisch nun ein richtig gefährlicher Mann. Und als dieser stellte er sich auch heraus, wenn auch erst später. Lange Zeit tauchte er unter, erst 1989 wurde er wieder gesehen – und erkannt. Er hatte das Grab seines Vaters in Brusio besucht. Kurze Zeit später fand man in der Nähe einen getöteten Grenzwächter. Ein Mord, sein Mord, den er stets bestritt.

Camenisch tauchte unter, wurde aber zwei Jahre später – 1991 – nach einem heftigen Schusswechsel in der Toskana, bei dem er schwere Beinverletzungen erlitt, doch erwischt. Seither sitzt Camenisch hinter Gittern. 2002 überführte man ihn in die Schweiz, wo er sich sofort wegen des Grenzwächter-Mordes vor Gericht verantworten musste. An mehreren Orten in der Schweiz brandeten gewalttätige Demonstrationen und Aktionen der extremen Linken auf. Nichts half: Camenisch wurde des Mordes schuldig gesprochen und zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt. Diese wurden – weil er zuvor schon Italien knapp zehn Jahre weggesperrt war – schliesslich auf acht Jahre reduziert.

Freiheit nach 28 Jahren?

Vor drei Jahren lehnte das Bundesgericht eine vorzeitige Entlassung Camenischs ab, weil er sich nicht von seinen Gewalttaten distanziere. Gleichzeitig wiesen die Bundesrichter aber an, eine schrittweise Erleichterung der Haftbedingungen zu prüfen. Letztes Jahr erschien eine Biographie «Marco Camenisch. Lebenslänglich im Widerstand» von Kurt Brandenberger, in der sich Camenisch zum ersten Mal über sein Leben äusserte.

Vor zwei Wochen nun hat die Fachkommission des Ostschweizer Strafvollzugskonkordats entschieden, dass Camenisch in die Vollzugsanstalt Saxerriet im Kanton St. Gallen verlegt wird und ihm dort Hafturlaube genehmigt werden, berichtete Radio SRF Graubünden im Abendjournal. Mit einer Entlassung kann Marco Camenisch 2018 rechnen – nach fast 28 Jahren im Gefängnis.

 

(Bild: Wikipedia)