Ostern steht vor der Tür und ich plane einige Tage Richtung Süden zu verreisen. Auf der Suche nach einer passenden Unterkunft gelange ich unweigerlich auf Online-Bewertungsplattformen. Dank ihnen muss ich mich nicht nur auf die Bilder und Beschreibungen der Anbieter verlassen, sondern kann auch auf Meinungen und Empfehlungen von Gästen zurückzugreifen, die bereits in der jeweiligen Unterkunft übernachtet haben. Ich bin mit meiner Art der Informationsbeschaffung nicht allein. Die «digitale Mund-zu-Mund Propaganda» verfehlt ihre Wirkung nicht. Laut aktuellen Studien für den DACH-Raum (Deutschland, Austria, Schweiz) tummeln sich 73% aller Reisesuchenden vor einer Buchung auf Bewertungsplattformen. Und 70% aller Personen vertrauen auf Online-Bewertungen von Fremden. Das ist eine unglaublich hohe Quote, wenn man vergleicht, dass dieser Wert bei klassischen Kommunikationsmassnahmen wie beispielsweise Zeitungsartikel, Plakat- und TV-Werbung nur gerade bei ca. 40% liegt.
Beim Besuch von Bewertungsplattformen wie HolidayCheck, TripAdvisor und Co. fällt mir aber auch auf, dass es immer noch zahlreiche Anbieter gibt (auch in Graubünden), welche die Rückmeldungen von Gästen auf diesen Webseiten nicht aktiv pflegen und betreuen. Fragen bleiben unbeantwortet und vermitteln so unweigerlich den Eindruck, dass sich der Betrieb nicht für seine Gäste und deren Anliegen interessiert.
Auf der anderen Seite – und mindestens so schlimm – empfinde ich es, wenn sich Betriebe in ein regelrechtes Wortgefecht mit Gästen begeben, welche eine schlechte Bewertung abgegeben haben. Die teilweise abendfüllende Unterhaltung über die Garzeit des servierten Fischs, über das kalkhaltige Wasser bis hin zu den harten Kissenbezügen im Zimmer sind zwar amüsant zu lesen, aber kaum für eine objektive Meinungsbildung nützlich. Auffallend dabei ist, dass die sehr ausführlichen und detaillierten Gästefeedbacks meistens negative Meldungen sind. Doch nützt es etwas, wenn Gastgebende in solchen Fällen detailliert Stellung nehmen, sich rechtfertigen, richtigstellen wollen oder den Blickwinkel des Unternehmens darlegen möchten? Ich behaupte: Nein!
Weshalb? Gäste diskreditieren sich mit solchen Bewertungen meiner Meinung nach selbst. Und wenn Gastgebende freundlich aber betont sachlich bleiben, zeigt ein Betrieb mehr Grösse und Professionalität, als wenn er sich in einen öffentlichen Wortstreit begibt. Ich auf jeden Fall ziehe solche subjektiven Erlebnisschilderungen für meine Auswahl ohnehin nicht in Betracht. Reagieren hier Gastgebende zu emotional, geben sie dieser Bewertung zusätzlich einen Raum, den sie so nicht verdient.
Gästebewertungen können Gastgeberinnen und Gastgebern aber helfen, den Blick weg vom Selbstbild hin zum Fremdbild zu richten. Das kann sehr lehrreich sein. Deshalb ein Tipp an alle Gastgebende zum Schluss: Übernachten Sie einmal in Ihrem eigenen Hotel wie ein ganz normaler Gast und lassen Sie auch Ihre Mitarbeitenden die Sicht des Gastes einmal kennenlernen. Vom Check In bis Check Out. Ich wette, Ihnen fallen ganz neue Punkte auf, bei denen Sie sich noch verbessern können. Und wenn es nur ein tropfender Wasserhahn ist, welcher im Badezimmer Ihre Nachtruhe stört. Garantiert rufen Sie den Klempner/Sanitär am nächsten Tag. Zum Wohle für den nächsten Gast…
In diesem Sinne schöne Osterferien.
Heute für Sie unverblümt und direkt von der Front: Orlando Bergamin, Geschäftsführer Heidiland Tourismus AG.
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