«Das Wort ‹Mister Olympia› muss man endlich begraben»

Der Mister Olympia der gescheiterten Bündner Kandidatur 2022, Gian Gilli, hat eine neue Aufgabe. Nebst dem Aufbau der Organisation der IIHF 2020 Eishockey Weltmeisterschaft führt er ab Mitte November als Geschäftsführer die bekannte Sportmarketing-Fima Infront-Ringier. Damit setzt der Oberengadiner einen neuen persönlichen Meilenstein. GRHeute hat mit Gian Gilli gesprochen.

GRHeute: Gian Gilli, herzliche Gratulation zum neuen Job! Wie kam es dazu?

Ich wurde von Infront-Ringier kontaktiert. Ich war etwas überrascht, da ich mit der Hockey-WM 2020 schon einen Job habe, der sich langfristig nur schwer mit dieser Stelle verbinden liesse. Nach konstruktiven Gespräche mit den zwei Verwaltungsräten der jeweiligen Organisationen habe ich dann entschieden, diese Herausforderung anzunehmen, freue mich echt darauf, es gibt viel Synergiepotenzial.

Sie haben einen Vertrag bei Infront Ringier bis Mitte 2018 und bauen gleichzeitig als Direktor die Organisation der  IIHF Eishockey-WM 2020 in der Schweiz auf. Dann geben Sie die Leitung des Sportmarketing-Unternehmens wieder ab?

Ja, so ist es vorgesehen. Mitte 2018 soll mein heutiger Stellvertreter dann die Führung der InfrontRingier übernehmen, ich werde ihn bis dahin entsprechend unterstützen..

Nun existieren ja auch wieder neue Olympiapläne für Graubünden. Heisst das, dass Sie als Promotor nicht mehr dabei sein werden?

Gespräche laufen,  ich kann mir vorstellen wieder mitzuhelfen. Aber da muss ich mich mit meinem neuen Arbeitgeber zuerst noch absprechen. Wir haben ja auch schon beim Projekt 2022 mit der Firma Infront-Ringier kooperiert, sie hat sehr viel sportspezifische Veranstaltungskompetenz.

Ihr neuer Arbeitgeber müsste ja Interesse haben an einem neuen Olympia-Projekt, oder?

Auf jeden Fall. Es ist ein interessantes Betätigungsfeld.  Mein Arbeitgeber verfügt auch über das entsprechende Know-how und Netzwerk. Die Bereiche Sportrechte und Eventmarketing, Eventservices, Eventorganisation  sind sich stark am Entwickeln. Die Kombination des real-digital Erlebnisses an Events ist ein sehr interessantes Entwicklungsfeld, das auf uns zukommt. Ein dynamisches, kreatives, innovatives Feld. Ich hoffe, dass ich mit der Firma einen weiteren Entwicklungsschritt machen kann.

Ausgerechnet einer der Gegner der Olympischen Spiele von vor zwei Jahren, Andreas Wieland, ist neuer Projektleiter von Graubünden 2026. Waren Sie darüber überrascht?

Ja, das kann man so ausdrücken. Ich musste ihn damit mit meinem Erstaunen konfrontieren, wir haben das ausdiskutiert. Und ich habe festgestellt, dass man seine Meinung zur Olympiafrage auch wirklich ändern kann. Es ist ja auch so, dass sich die Rahmenbedingungen im Vergleich zur letzten Kandidatur und deren Abstimmung verändert haben. Das habe ich so akzeptiert. Andreas Wieland ist durch seine unternehmerische Tätigkeit sicher befähigt, diese Aufgabe zu übernehmen. Er braucht aber von vielen Seiten eine breite Unterstützung.

Allerdings sagt er, der Mister Olympia seien nach wie vor sie?

Das Wort Mister Olympia muss man begraben. Das war auch ein Problem beim letzten Mal: Der Gilli stand manchmal etwas allein im Wind. Was es braucht, ist eine ganze Gruppe von Mister Olympias: 20-30 Köpfe, die mit einem tollen Konzept auf allen Ebenen glaubwürdige Überzeugungsarbeit leisten. Alle Interessensgruppen müssen eingebunden werden. Olympia ist auch ein Gesellschaftsanlass, also muss die Gesellschaft auch dahinter stehen, auch kritische Stimmen  müssen eingebunden werden. Aus Prinzip dagegen zu sein, das bringt doch niemandem was. Es muss doch möglich sein, konstruktiv an solch einer Zukunftsidee mitzuwirken.

Warum sind Sie so sicher, dass die Agenda 2020 des IOC – die unter anderem dezentralisierte Spiel zulässt – ernst gemeint ist?

Ich habe den IOC-Präsidenten Thomas Bach vor 4 Monaten am IOC-Kongress in Kuala Lumpur die Eröffnungsrede sprechen sehen. Er hat nur von der neuen Agenda 2020 gesprochen. Die Zeichen sind positiv: Das IOC hat nach den Entwicklungen der letzten Jahre eine grosse Motivation, ja einen Auftrag, diese Agenda umzusetzen und noch weiter zu entwickeln. Und sie tut es ja auch jetzt schon mit Pyeonchang 2018 und Tokio 2020 ganz konkret. Sie haben die Zeichen der Zeit erkannt, was für eine mögliche Kandidatur der  Schweiz  eine grosse Chance bedeutet. Es ist ein ehrliches Bestreben des IOC.

Das Konzept liegt ja noch nicht vor, aber Andreas Wieland hat bereits angekündigt, dass man mit den angesprochenen dezentralen Spielen in Graubünden plane. Was halten Sie davon?

Dazu kann ich nichts sagen, solange das Konzept nicht vorliegt. Es braucht im Grunde zwei Strategien: Zum einen ein gutes, innovatives Konzept, zum andern einen Plan, wie man das Schweizer Sportparlament davon überzeugen kann.

Sie sprechen die anderen Bewerbungen an, namentlich das Wallis?

Swiss Olympic setzt die Rahmenbedingungen für eine Kandidatur Schweiz fest. Das Sportparlament fällt dann aufgrund dieser Rahmenbedingungen den Grundsatzentscheid, ob die Schweiz kandidieren soll oder nicht. Erst dann kommen die möglichen Umsetzungskonzepte in die Diskussion. Dass es mehrere sind in unserem Land, siehe Wallis, ist positiv, daraus sollte dann die beste Lösung für eine Schweizer Kandidatur gefunden werden.

Der Präsident des Bündner Ski-Verbands hat die zurückgetretene Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ins Spiel gebracht. Wäre sie eine Option für die Bündner Olympia-Bewegung?

Absolut! Ich fand es auch schade, dass sie sich für die Spiele 2022 in Graubünden nicht öffentlich äusserte. Sie verhielt sich da beruflich korrekt und überliess diese Aufgabe dem Sportminister Ueli Maurer, der sich auch sehr eingesetzt hat. Auf jeden Fall wäre es fantastisch, wenn sie mitmachen würde. Mit ihren Können, ihren Erfahrungen, Kontakten, mit ihrer starken Persönlichkeit und aus der Optik einer Frau könnte sie einer Kandidatur sehr viel bringen.

 

(Bild: EQ Images/Gonzalo Garcia, 2002)