Der Run auf Subventionen

Der Montagskommentar auf GRHeute.

Interessantes zum Thema Kulturförderung trug sich übers Wochenende zu. Am Samstag publizierte der Kulturredaktor der Südostschweiz, Mathias Balzer, einen Kommentar, ob man Tourneen von Bündner Bands finanziell unterstützen solle, da sie ja auch als Botschafter Graubündens unterwegs seien. Nun mal halblang, widersprach ihm Redaktionskollege Olivier Berger tags darauf indirekt in der Schweiz am Sonntag und äusserte sich deutlich kritischer zur «Staatskultur».

Das Thema Subventionen sorgt vielerorts für wenig greifbare, aber doch irgendwie ungute Gefühle. Selbst wenn alles transparent gemacht wird, wirkt das System allein aufgrund der schieren Menge an Zahlungen, Amtsstellen und Stiftungen undurchsichtig. Nicht nur in der Bündner Kulturverwaltung ist es eine herausfordernde Aufgabe geworden, die Gelder nach einem gerechten Massstab zu verteilen: Allein aus den Sport-Toto-Geldern wurden 2014 über 750 kulturelle Projekte in Graubünden unterstützt.

Da klar ist, dass die Mittel in Zukunft knapper werden, ist in den letzten Jahren ein wahrer Run auf die öffentlichen Gelder ausgebrochen. Auf die Politik wird von allen Seiten grosser Druck ausgeübt, man will sich die Pfründe sichern. Und damit ist nicht einmal in erster Linie die Kulturszene gemeint. Fast täglich sind Themen um Finanzierungen der öffentlichen Hand präsent. Einmal will Nestlé 20 Millionen Franken mehr für den Export von Schokolade und Baby-Nahrung. Dann wieder wird deutlich, dass die gefeierte Energiewende einen ganzen Berg Subventionen braucht, um im angestrebten Tempo umgesetzt zu werden. Und dann wiederum ist auch die Bündner Regierung frustriert, weil der Bund nur elf Millionen Franken zum Bau der neuen HTW beisteuern will. Öffentliche Gelder sind querbeet im Visier, ob für Jugendliteratur, Exportwein oder Kinderkrippe (die Handelszeitung hat im Sommer einige Beispiele absurder Subventionen für die Landschaftspflege aufgeführt).

36 Milliarden Franken schüttet die Schweiz jährlich an Subventionen aus, das sind 56% der Gesamtausgaben des Bundes*. Selbst wenn man die Zuschüsse an AHV und für verbilligte Krankenkassen-Prämien abzieht, bleiben rund 25 Milliarden Subventionen, die vom Staat über die verschiedensten Kanäle wieder an Projekte und Organisationen zurückfliessen. Gelder, die jedes Jahr via Steuern von der Bevölkerung einbezahlt werden.

Diese Geldtöpfe sind das Objekt der Begierde vieler Interessensgruppen. Viel mehr als eine gute Idee und ein paar Formulare braucht es nicht, um im Rennen zu sein. Ein Problem von Subventionen ist, dass Organisationen diese schnell als selbstverständlich taxieren und fest mit ihnen rechnen. Und wenn es dann mal keine mehr gibt, ist man ratlos, was man falsch gemacht hat. SO-Redaktor Olivier Berger hat recht, wenn er sagt, es brauche Eigeninitative. Womit er nicht recht ist, ist, dass alles andere in eine «Staatskultur» münde. Viel eher ist diese längst Tatsache.

 

 

* Zahlen 2013

 

(Bild: HTW/Wikipedia)