12 Jahre, fast 6 Kilometer: Der Albula-Tunnel hat den Durchstich mit einem Fest gefeiert. 300 sind der Einladung gefolgt.
Es gibt Bahnfahrten in Graubünden, die mehr Gegend haben, als die Sinne ertragen können. Die Albulalinie ist so eine, viermal wechselt man die Talseite um die Höhenmeter zu bezwingen, «man fühlt sich wie im Karussell», sagt die Stimme aus dem Lautsprecher. Oben angekommen liegt Preda zwischen die Berge gequetscht, das Epizentrum eines Herzstücks der Linie: dem Albula Tunnel.
Die alte Einfahrt steht noch da, wie sie vor 116 Jahren erbaut wurde. Vor zwölf Jahren wurde beschlossen, dass der Tunnel zu alt und zu renovationsbedürftig ist, um nochmals 116 Jahre in dieser Art und Weise wirken zu können. Experten degradierten den Tunnel zum Sicherheitsstollen; seit zwei Jahren wird nebenan der neue Tunnel gebaut.
Fünfter Querschlag auf Kilometer 22
In den letzten zwei Jahren seit dem Anstich kamen sich Nord und Süd kontinuierlich näher; am Dienstag lud die Rhätische Bahn zur Durchstichfeier. 300 Menschen wurden mit einem Extrazug zum fünften Querschlag auf Höhe Kilometer 22 gefahren und auf einen zehnminütigen Fussmarsch zum Durchstich gelotst.
«Der Tag des Durchschlags ist der Tag der Mineure», sagt Stefan Engler, der Verwaltungsratspräsident der RhB. «Ein grosser Tag für die RhB, aber ein noch grösserer Tag für die Mineure», sagt Renato Fasciati, der Direktor der RhB. Der Tunnel, auf dessen Boden noch unkontrolliert Schotter liegt, ist in RhB-rot getaucht; vor dem Durchstich wehten Fahnen von RhB, den beteiligten Firmen, Preda, Spinas und Graubünden.
Topmoderner Tunnel
Ihre Arbeit ist mit dem Durchstich beendet; es folgt der Innenausbau. Andere Leute, andere Arbeiten. Drei Jahre soll es noch dauern, bis der Tunnel Anfang 2021 eröffnet werden kann. «Es soll ein topmoderner Tunnel werden, der mit bis zu 120 Stundenkilometern befahren werden kann», sagt Renato Fasciati. Preda und Spinas, je nach Fahrtrichtung Ein- und Ausgang des Tunnels, bekommen neue Bahnhöfe. «Wir sind in einer Phase der Erneuerung», sagt Renato Faschiati.
Auf Meter 2256 im Albulatunnel ist es ungefähr 15 Grad warm, eine Wohltat nach den frischen Temperaturen am Bahnhof Preda. «Warten sie, bis die Wand durchgestochen ist», sagt Christian Florin, Projektleiter des neuen Tunnels. Windig dürfte es werden; so wie dort, wo die Gäste durch den Querschlag in den neuen Tunnel stiegen.
Kurt Susek, der Dekan von Mittelbünden, segnet die Schutzheilige der Mineure, Barbara. «Ich habe in den letzten Jahren soviele Barbara-Statuen gesegnet, am Eingang und am Ausgang», sagt Kurt Susek und lacht, bevor er zu «Grosser Gott, wir loben dich» anstimmt und ein Chor von 300 Stimmen einfällt, musikalisch untermalt von der Musikgesellschaft Filisur.
Gedenkmünze als Geschenk
Der grosse Augenblick kommt mit viel Pathos. Man hört schweres Gerät hämmern; tock-tock-tock. Die Spannung im Tunnel steigt, ein erster Brocken fällt runter. Kurz vor 12 Uhr ist es soweit: Champagnerkorken, Konfetti, Applaus und ein kräftiges Glück auf! Die Mineure übergeben sich als eine ihrer letzten Amtshandlungen die gesegneten Heiligen Barbaras aus Holz, einmal Nord, einmal Süd. Einmal Eingang, einmal Ausgang, je nach Fahrtrichtung. Handys schiessen in die Höhe, Fotoapparate klicken. Das Licht ist wieder weiss.
Die Gesellschaft begibt sich weiter nach Spinas; bei Suppe, Bramata und Blaubeerkuchen wird der Durchstich gefeiert. Am Ausgang gibt es eine Gedenkmünze für alle und Schnaps gegen Spende für die Mineure. «Heute halten alle Züge in Spinas», sagt Christian Florin. Es geht wieder hinunter ins Tal, wie im Karussell. Und für die Mineure auf die nächste Baustelle. Am Albula ist ihre Arbeit fast beendet.
(Film und Bilder: GRHeute)