Für viele Fussballklubs ist diese Woche die letzte in der Herbstsaison 2015. GRHeute nimmt dies zum Anlass, den Bündner Fussball und seine Perspektiven unter die Lupe zu nehmen – dabei sprechen wir nicht vom Status der Bündner Top-Mannschaften, sondern von den Konzepten, wie man in Graubünden Fussballtalente erkennt, fördert und ihre Karriere plant. Dazu beziehen wir uns auf einen kürzlich veröffentlichten Bericht von Claus Caluori, Sportchef des Bündner Fussballverbands. In einer fünfteiligen Serie fühlen wir diese Woche den Profi-Träumen der jungen Bündner Fussballerinnen und -Fussballer auf den Zahn. Gestern ging es um die Vereinheitlichung der Ausbildungskonzepte im Kinderfussball. Heute Teil 1: Das Nachwuchskonzept des Schweizerischen Fussballverbands – und was man in Graubünden davon hat.
Die Kinderfussball-Jahre sind vorbei, ab 10 gilt es ernst. Natürlich sind die Fussballer dann immer noch Kinder und müssen in erster Linie die Freude am Fussball erhalten. Andererseits kristallisieren sich in diesen Jahren die meisten Talente heraus – und sie wollen gefördert werden.
Eine Profi-Fussballer-Karriere lässt sich nur bedingt planen. Zumindest das Talent, eine grosse Einsatzbereitschaft und Fussballbegeisterung muss einem zukünftigen Spitzenspieler im Blut sein. Nach dem Kinderfussball (5- bis 10-Jährige) bilden die sogenannten Footeco-Teams (FE) der 10- bis 14-Jährigen die nächste Stufe in der Nachwuchsförderung des Schweizerischen Fussballverbands. In diesem Alter zieht die Leistungsschraube an, auch wenn Claus Caluori betont, dass «nur ein geduldiger und systematischer Ausbildungsprozess spätere fussballerische Spitzenleistungen garantiert».
Deshalb greifen ab diesen Alterklassen die Kantonal- und Regionalverbände direkt in die Nachwuchsförderung ein, auch in Graubünden. Schliesslich handelt es sich um den wichtigen Übergang vom Kinder- zum Jugendfussball. Anforderungen, Ausbildungsrichtlinien und Stoffprogramme für die Stufen FE-12, FE-13 und FE-14 sind vom nationalen Verband definiert.
Das «Future-Champs-Ostschweiz-Projekt»
Graubünden ist Teil des Future-Champs-Ostschweiz-Projekts, das diese Altersklasse an den Spitzenfussball heranführen will. Der Bündner Verband betreibt bereits ab der U11 sogenannte Junioren-Spitzenfussballteams, eigentliche «Bündner Auswahlen». Ab der U13 haben gemäss des Berichts von Claus Caluori «die ‚besten› Spieler die Möglichkeit, talent- und entwicklungsgerecht zum Leadverein FC St.Gallen in ein entsprechendes U-Team zu wechseln.»
Der Super League Verein aus St. Gallen ist damit die erste Adresse für einen normalen «Karriereverlauf» eines Bündner Fussballers. Am sogenannten FCO-Campus bekommen die jungen Fussballer anschliessend die Gelegenheit, unter professionellen Bedingungen ihr fussballerisches Können zu zeigen und zu verbessern – überwacht von den Nationaltrainern des Schweizerischen Fussballverbands, der dasselbe System auch in 12 anderen Schweizer Regionen umgesetzt hat. Spätestens jetzt werden die meisten Fussballtalente bekannt, nur noch wenige fallen durch das engmaschige Netz des nationalen Nachwuchskonzepts.
Es auf den FCO-Campus zu schaffen, ist bereits eine beträchtliche Leistung für einen jungen Fussballer. Von einer Profi-Karriere ist man aber trotzdem noch weit weg. Wer weiterkommen will, muss eine Schippe drauflegen. Einige Zahlen: Gibt es schweizweit bei den E-Junioren (10-11 Jahre) noch 15’000 Spieler, folgt bei der FE-12 eine erste Zäsur: Nur noch 2000 Schweizer Nachwuchsspieler aus diesem Jahrgang schaffen es in die regionalen Auswahlteams, in den überregionalen U15-Auswahlen sind dann nur noch 800 Spieler pro Jahrgang dabei. Bei den U17/U18-Teams noch 300 Spieler pro Jahrgang, bei der U19-U21 noch je 100. Mit diesem Konzept sollen es schweizweit 15 neue Spieler jährlich in den Profifussball schaffen, 3 davon mit dem Kaliber eines Nationalspielers.
Bald vier Bündner Talentklassen
Damit der Aufwand zwischen Schule, Trainings und Spielen koordiniert ist und das Kind nicht überfordert, gibt es in Graubünden mehrere sogenannte Talentklassen, in denen vielversprechende Nachwuchshoffnungen den Sport und die Schule besser unter einen Hut bringen können. «Im Ausbildungsraum (Südostschweiz) des Bündner Fussballverbandes hat es zur Zeit 3 Talentklassen (Ilanz, Bad Ragaz und Netstal), bei denen die Spieler der Teams BFV/Südostschweiz auf der Stufe U14, U15 und U16 ihre schulische Ausbildung und fussballerischen Ausbildung absolvieren können», so Caluori. Wie kürzlich bekannt wurde, wird auch in Chur eine neue Talentklasse aufgebaut. Diese soll gemäss Caluori «die Ausbildungsqualität im Nachwuchsprojekt zusätzlich merklich steigern.»
Welches die wichtigen Schritte auf dem Weg eines Bündner Fussballers zu einer Profikarriere sind, erfährst du morgen im Teil 3 der Serie.