Vom Talent zum Profi – der Plan des Bündner Fussballverbands

Für viele Fussballklubs ist diese Woche die letzte in der Herbstsaison 2015. GRHeute nimmt dies zum Anlass, den Bündner Fussball und seine Perspektiven genauer unter die Lupe zu nehmen – dabei sprechen wir nicht vom Status der Bündner Top-Mannschaften, sondern von den Konzepten, wie man in Graubünden Fussballtalente erkennt, fördert und ihre Karriere plant. Dazu beziehen wir uns auf einen kürzlich veröffentlichten Bericht von Claus Caluori, Sportchef des Bündner Fussballverbands. In einer fünfteiligen Serie fühlen wir den Profi-Träumen der jungen Bündner Fussballerinnen und -Fussballer diese Woche auf den Zahn. Heute Teil 1: Das Nachwuchskonzept des Schweizerischen Fussballverbands – und was man in Graubünden davon hat.

Der Bündner Fussballverband ist national nicht gerade als Hochburg bekannt. Durch die starke Führung des Schweizerischen Fussballverbands in der Nachwuchsförderung kommen nun aber auch Kantone wie Graubünden zu neuen Chancen.

Wer sagt, dass Fussball in Graubünden keine grosse Bedeutung hat, verkennt die Situation. Nur weil kein Verein auch nur annähernd Profistatus erreicht und auch kaum Fussball-Exporte aus den Bündner Bergen bekannt sind, ist die beliebteste Sportart der Welt auch bei uns eine ganz grosse Nummer. Tausende verfolgen bei jeder Gelegenheit Champions League, Premier League, Bundesliga und wie sie alle heissen. Mit 36 Teams, 1800 Aktiven und rund 3000 JuniorInnen gehört der Bündner Fussballverband zu den grössten Sport-Vereinigungen im Kanton, Grümpelturniere gehören für Tausende zum fixen Jahres-Event, die Kinder-Fussballager im Sommer werden von Anmeldungen überrannt.

Der «Leuchtturm» im Bündner Fussball fehlt

Aber: Der grosse «Leuchtturm» – à la Nino Niederreiter im Eishockey – fehlt. Wenn es nach dem Bündner Fussballverband geht, nicht für immer. Durch die enge Einbindung ins Nachwuchskonzept des Schweizerischen Fussballverbands werden Bündner Talente seit einigen Jahren nach den gleichen Konzepten ausgebildet wie andernorts und zielgerichtet an den Spitzenfussball herangeführt. Nachdem sich die Erfolge der Nationalmannschaften in den letzten 15 Jahren auf hohem Niveau eingependelt haben, sind nun auch im Bündner Fussball positive Ergebnisse erkennbar.Fussball U17 WM 2009 - Schweiz - Nigeria

Die Neuausrichtung im Schweizer Fussball begann mit einem neuen, zentralistischen Ausbildungskonzept im Jahr 1995. Die Erfolge stellten sich rasch ein, 2002 wurde die U21 – der erinnerungswürdige «Remember-the-Titans»-Jahrgang um Alex Frei und Stéphane Grichting -EM-Dritte im eigenen Land, die U17 holte im selben Jahr gar EM-Gold. 2009 wurde die U17 mit den heutigen internationalen Topspielern wie Ricardo Rodriguez, Granit Xhaka und Haris Seferovic sogar Weltmeister (Bild), die U21 holte 2011 EM-Silber. Als oberste Mission des Schweizer Fussballverbands ist die «Versorgung der Schweizer Nationalmannschaften mit Leistungssport-Persönlichkeiten, die Herausforderungen auf höchstem Niveau suchen und Probleme lösen können» offiziell verankert.

«Höchstes Niveau», damit ist Weltklasse gemeint – und um auch in Zukunft in dieser Nähe zu bleiben, ist eine überragende Nachwuchsarbeit nötig.

Gleiches Kinderfussballkonzept für die ganze Schweiz

In der Schweiz spielen rund 60’000 Kinder zwischen 5 und 10 Jahren Fussball. Der Schweizerische Fussballverband bedient die Klubs mit einem Kinderfussballkonzept, das die Grundlage für ein «lebenslanges Sporttreiben» schaffe: Es enthält neben dem Ausbildungskonzept, das die Philosophie für das Training mit Kindern definiert, auch ein Spielkonzept, welches kindergerechte Wettbewerbe garantiert. «Oberstes Prinzip ist es, den Kindern zu möglichst vielen individuellen Erfolgserlebnissen zu verhelfen. Dazu zählt das Mitspielen dürfen («ich darf») genauso wie die erfolgreiche Lösung durch einen Pass oder einen Schuss («ich kann»)», steht im Bericht von Claus Caluori.

Dies also die kodierte Botschaft an alle übereifrigen Väter: Im jüngsten Fussball-Alter zwischen 5 und 10 Jahren geht es in erster Linie darum, die Freude am Fussball zu fördern und nicht darum, Mini-Messis heran zu züchten. Erst mit 10 Jahren wird’s langsam ernst, die Verbände nehmen nun einen aktiveren Part in der Karriereplanung der jungen Fussballer ein.

Morgen: In wenigen Stationen vom Bündner Fussballklub zum FC St. Gallen.

 

(Bilder: GRHeute/Safolabi, EQ Images)