In einer Woche startet der HCD in die neue Saison – mit einem komplett neuen Team. Was darf man erwarten? Fünf Fragen zum neuen HC Davos.
1. Wie sieht das Kader aus?
Lukas Stoop kehrt nach sechs Jahren im Unterland zurück zum HC Davos. Vor einem Monat heiratete der 28-jährige Verteidiger seine langjährige Davoser Freundin, nun ist er also auch auf dem Eis zurück im Landwassertal.
Inti Pestoni kommt nach zwei enttäuschenden Jahren (immerhin mit einem Meistertitel) von den ZSC Lions zum HCD. Pestoni ist ein echter Mehrwert für den Davoser Sturm, und man darf hoffen, dass der 27-jährige Tessiner unter Del Curto nochmals aufblühen kann.
Dario Meyer und Luca Hischier stossen vom SC Bern neu zum HCD. Beide sind klassische Ergänzungsspieler, die in der letzten Saison auch mal an NLB Teams abgegeben wurden, und in der NLA für wenige Punkte verantwortlich sind: Hischier buchte letzte Saison in 31 Spielen sechs Punkte (4 G / 2 A), Meyer in 39 Spielen vier Punkte (3 G / 1 A).
Genau wie Meyer und Hischier ist auch der letzte Sturm-Zuzug (noch) kein Star: Thierry Bader wechselt nach dem Abstieg vom EHC Kloten zum HCD. Bei den Zürchern buchte der 21-jährige Stürmer letzte Saison in 42 Spielen 2 Tore und 4 Assists.
Und am Samstag verzeichnete der HCD seinen letzten Transfer: Der 30-jährige Torhüter Anders Lindbäck kehrt nach acht Saisons und 130 NHL-Einsätzen (für die Nashville Predators, die Dallas Stars, die Buffalo Sabres und die Tampa Bay Lightning) aus Nordamerika zurück nach Europa.
Dazu kommen zwei neue ausländische Feldspieler: Der amerikanische Stürmer Shane Prince stösst vom AHL-Team der New York Islanders zum HCD und soll den in Ungnade gefallenen offensiven Schillerfalter Broc Little ersetzen. Prince war nah dran an der NHL, am Ende reichte es dem 25-jährigen Winger aber nie ganz. Ebenfalls den Ruf als offensiver Winger hat der neue finnische Stürmer Sami Sandell, der sich im Trainingscamp für einen Vertrag aufdrängte. Der 31-jährige Nationalspieler ist bekannt für sein hartes Spiel und seine schnellen Beine.
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Und dann ist da noch die langersehnte Rückkehr von Perttu Lindgren: Der ehemalige Liga MVP kehrt einem Jahr Pause wieder zurück aufs Eis. Ob der 31-jährige Finne nach seiner Hüftverletzung immer noch der Gleiche ist, wird sich zeigen.
Wow.
Acht neue Spieler, ein neuer Goalie. Hat’s denn überhaupt Platz im Kader? Ja, hat es. Denn nicht weniger als 15 (!) Spieler sind 2018/19 nicht mehr in Gelb-Blau.
Noah Schneeberger, Simon Kindschi, Tim Grossniklaus, Pascal Blaser und Marco Forrer sind nicht mehr in der HCD-Verteidigung. Im Sturm sind Dario Simion, Gregory Sciaroni, Mauro Jörg, Nando Eggenberger und Samuel Walser weg, dazu die ausländischen Verstärkungen Anton Rödin, Robert Kousal, Broc Little, Brandon Buck und Mikael Johansson.
So lange und so gewichtig war die Transferliste des HCD schon seit Jahren nicht mehr.
2. Was heisst das also?
Der HCD hat ein ganz neues Gesicht: Zwei Stammverteidiger (Schneeberger und Kindschi) und sechs Stammstürmer (Simion, Sciaroni, Jörg, Eggenberger, Walser, Little) sind weg. Das ist happig. Mit Stoop und Pestoni kommen zwei qualitative Schweizer Spieler ins Landwassertal, aber unterm Strich wirkt das Kader dünner als die Jahre zuvor. Es werden mehr Junioren zum Einsatz kommen, und mehr Ergänzungsspieler (wie Hischier) werden mehr Verantwortung übernehmen müssen.
Der Kern des Teams steht immer noch: Dubois, Heldner, Jung, Paschoud hinten. Ambühl, Corvi, Marc und Dino Wieser vorne. Das sind mehr oder weniger zwei Linien. Aber danach fehlt die bisherige Tiefe. Junge Spieler wie Chris Egli, Tino Kessler, Jerome Portmann oder der Neuzuzug Thierry Bader müssen einen Schritt nach vorne machen. Sonst werden die dritte und vierte Linie eine Hypothek.
Und auch die Imports bringen Fragezeichen mit sich: Magnus Nygren ist bekannt für seine offensiven Fähigkeiten, Sami Sandell und Shane Prince sind klassische Flügel-Scorer. Perttu Lindgren ist zwar ein verlässlicher Zwei-Weg-Center. Aber Lindgren ist leider auch schon 31 Jahre alt und kommt von einer brutalen Verletzung zurück. Die Frage stellt sich bei den Imports also: Wer ist das defensive Gewissen? Wer ersetzt die Marhas, Rahimis und Kousals? Erwartet Del Curto von den Ausländern nur noch offensiven Output, oder kann er den Verstärkungen ein defensives Spiel einimpfen?
3. Was geschieht mit den Goalies?
Lindbäck, van Pottelberghe, Senn – drei sind einer zu viel. Es ist klar, dass der HCD nicht die ganze Saison über drei Goalies auf dem Roster haben wird. Gilles Senn (New Jersey Devils) und Joren van Pottelberghe (Detroit Red Wings) wurden beide von NHL Teams gedraftet und liebäugeln mit einem Sprung nach Nordamerika. Ob die beiden Rookies nach mittelmässigen NLA Auftritten aber ein Aufgebot in den USA erhalten, ist offen. Beide werden zur Zeit nicht sehr hoch gehandelt, und ob ein ECHL-Abenteuer (die Liga unter der AHL) im Sinne der beiden jungen Goalies ist, bleibt zu bezweifeln. Denn eines müssen sich die zwei bewusst sein – momentan stehen ihnen bei den zwei Organisationen rund ein halbes Dutzend „hochkarätigere“ Goalies vor der Nase.
Gut möglich, dass der HCD darum einen der beiden an ein anderes Schweizer Team (NLA oder NLB) abschieben wird. Das Traumszenario Genoni/Berra hat sich nicht wiederholt, das erneute Projekt mit zwei jungen Goalies muss dieses Mal als gescheitert betitelt werden. Anders kann man die Verpflichtung Lindbäcks fast nicht deuten. Klar ist, dass Lindbäck der nominell stärkste und erfahrenste Goalie im Landwassertal ist.
4. Welche Ausländer spielen?
Anders Lindbäck, Magnus Nygren, Perttu Lindgren, Shane Prince und Sami Sandell – der HCD hat bereits fünf Ausländer unter Vertrag. Vier dürfen eingesetzt werden. Gerüchten zufolge ist Davos auch noch an einem weiteren Center interessiert. Was durchaus Sinn macht, denn in wenigen Wochen sind die Trainingscamps der NHL Teams vorbei, und dann werden nochmals eine Handvoll starker Center auf dem Transfermarkt erhältlich sein, die den Cut in Nordamerika nicht überstanden haben werden. Da stellt sich die Frage: Wer spielt, und wer sitzt auf der Ersatzbank?
Szenario 1: Die Verletzungen. Prince und Sandell sind eventuell verletzungsanfällig. Lindgren ist eventuell noch nicht 100% fit. So könnte sich sich das Ausländerproblem für den HCD von alleine lösen.
Szenario 2: Die Goalie-Rochade. Der HCD weiss, das Lindbäck bisher ein Karriere-Backup war, und setzt ihn darum während der Saison nicht mehr als 35 Spiele ein. Das heisst 15 Partien wird der HCD mit vier ausländischen Feldspielern auflaufen.
5. Also Meistertitel oder Abstieg?
Weder noch. Auf dem Papier wirkt Davos schwächer als im Vorjahr. Stoop kann Schneeberger ersetzen. Pestoni ersetzt Simion/Sciaroni. Aber Walser, Eggenberger und Jörg werden vermisst werden. Die Tiefe fehlt, und der Kern ist ein weiteres Jahr älter (hey, Büahli wurde gerade 35 Jahre alt!). Aber vielleicht heisst das Motto diese Saison „Qualität statt Quantität“.
Der HCD ist immer noch ein Top-8 Team. Fribourg-Gottéron, Ambri-Piotta, die Rapperswil-Jona Lakers und die SCL Tigers sind schwächer als der HC Davos. Die Playoffs müssten also drin liegen. Auch eine Halbfinal-Teilnahme ist möglich. Aber eine Finalteilnahme wäre eine Überraschung. Dafür bräuchte es einen überragenden Lindbäck und das berühmte Momentum. Und eine Prise Glück.
Geld auf einen Meistertitel zu wetten wäre sehr gewagt. Genauso wie auf einen Abstieg. Die Frage ist: Kann der HCD aus dem Mittelmass herausstechen?
Die zu frühe, zu gewagte Prognose: Platz 6 nach der Quali. Halbfinal-Out.