Die Revolution frisst ihre Kinder

Der Wahlsonntag hat Bewegung in die Schweizer Politik gebracht. Viele Kommentatoren prophezeiten den Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf (auch GRHeute). Andere wiederum stehen weiter für die Bündner Bundesrätin ein (auch GRHeute).

In der SVP ist am Sonntag ein weiterer Vorhang gefallen. Die «alten SVP-Schlachtrösser» Christoph Mörgeli und Hans Fehr wurden abgewählt, Toni Bortoluzzi hatte schon vor einiger Zeit seinen Rücktritt gegeben. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf könnte folgen. Alles wichtige Protagonisten der «Abwahl» von 2007, genau wie Christoph Blocher (SVP), Ursula Wyss (SP) und Andrea Hämmerle (SP), die schon seit längerem aus dem Parlament ausgestiegen sind.

Die Revolution sollte auch andernorts ihre Kinder fressen.

Dass SP-Präsident Christian Levrat unbedingt den zweiten SVP-Sitz verhindern will, ist aufgrund seiner politischen Haltung verständlich. Dass er aber unverhohlen sagt, die SVP und FDP hätten ja gar nicht die Mehrheit, ist doch ein starkes Stück. Tönt fast so, als ob Levrat Parteien wie die Grünliberalen und die CVP hundertprozentig im eigenen Sack glaubt.

Womit wir bei der CVP sind: Präsident Christophe Darbellay tönt wie ein trotziges Kind, wenn er um jeden Preis an Eveline Widmer-Schlumpf festhalten will. Die Marschrichtung seiner Partei hat er jedenfalls schon am Sonntagabend vorgegeben, wohlwissend, dass ein Teil der CVP-Basis längst nicht mehr einig ist mit ihm. Sollte sich Widmer-Schlumpf für ein Weitermachen entscheiden, ist gewiss, dass die CVP bis zu den Wahlen einer medialen Zerreissprobe ausgesetzt wird – zumindest bei jedem Abweichler, den die Presse ausgräbt. Mal schauen, wie lange der gestern verhängte Maulkorb für die Parlamentarier in dieser Frage hält. Ein riskantes Spiel. Kann das wirklich gut sein für eine Partei, die in den neun Jahren unter Darbellays Führung von 14,5 (2007) über 12,3 (2011) auf 11,6 (2015) Prozent Stimmenanteil abgerutscht ist? Erstaunlich, dass die CVP-Basis ihrem Präsidenten dabei scheinbar seelenruhig zuschaut.

 

(Bild: Gonzalo Garcia/EQ Images)