Vor 100 Jahren wurde die Stiftung Bündner Lehrlingshaus gegründet, die am heutigen Standort an der Kantenstrasse in Chur über 100 jungen Berufsleuten ein temporäres Zuhause bietet. Gefeiert wird dies am 8. September mit einem Tag der offenen Tür.
Nach Feierabend erwachen Kantine, Aufenthaltsräume und Zimmer im Bündner Lehrlingshaus zum Leben. Es sind gut 80 Jugendliche in Ausbildung, Studierende und Kursbesucher, die zum Abendessen, Entspannen und Übernachten einkehren. Zu einem günstigen Preis können sie in der grössten WG der Stadt wochen- oder monatsweise wohnen, inklusive Verpflegung, Putzdienst, Fitnessraum und Freizeitprogramm. Ein Angebot, das in dieser Form nur dank viel Pioniergeist aus frühen Tagen und unermüdlichem Engagement möglich wurde.
Spartanische Gründungszeiten
Die Idee ein Lehrlingshaus in Chur zu eröffnen entstand kurz nach 1900, als mehr und mehr Lehrlinge in grösseren Betrieben, Werkstätten und Fabriken beschäftigt waren und in ihrer Freizeit nicht mehr vom Lehrmeister beaufsichtigt wurden, wie man es noch bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts kannte. Der «Hilfsverein für arme Knaben, die ein Handwerk lernen wollen», später umbenannt in «Bündnerischer Hilfsverein für Handwerkslehrlinge» erkannte das früh und war der Initiator für das erste Lehrlingsheim. Allerdings dauerte es bis ins Jahr 1918, bis ein geeignetes Haus gefunden, die nötigen finanziellen Mittel beisammen waren und das Ganze in eine Stiftung überführt werden konnte.
Am 3. September 1918 um 20.30 Uhr wurde die Stiftung im Hotel Sternen in Chur gegründet. Im Dezember konnte dann an der Loestrasse die Liegenschaft Felsenkeller bezogen werden. Es bot Platz für 14 Lehrlinge, das Kostgeld betrug drei Franken pro Tag. Gebadet wurde übrigens extern, und das erst ab 1920.
Wachstum dank grosszügigen Spenden
1922 konnte die Stiftung den Felsenkeller verkaufen und an der Sandstrasse die Villa Friedheim kaufen. Mit 21 Lehrlingen war das Haus voll. Nur wenige Jahre später konnte das Haus dank einer grosszügigen Spende auf 38 Betten erweitert werden, es reichte sogar für eine Zentralheizung. Die wirtschaftliche Situation in den 30er-Jahren hatte dann aber zur Folge, dass kein Bedarf an mehr Betten entstand, bisweilen waren sogar einige Betten leer.
Im zweiten Weltkrieg beherbergte das Lehrlingshaus kurzfristig auch Militär. In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten wurde die Liegenschaft an der Sandstrasse regelmässig umgebaut und erweitert. In der Regel waren diese Erweiterungen gekoppelt mit finanziellen Nöten. Ende der 60er Jahre bot das Heim Unterkunft für immerhin 68 Lehrlinge.
Unter anderem dank grosszügigen Spenden konnte 1978 am heutigen Standort das Bündner Lehrlingshaus eingeweiht werden. Bereits 1993 musste aufgestockt werden. Damals konnten 104 Lehrlinge im Haus untergebracht werden.
Seit 17 Jahren unermüdlich im Einsatz
Das Lehrlingshaus wird seit 17 Jahren von Petra und Marco Jäger geleitet, die in der Dienstwohnung im selben Haus wohnen und somit nahe zu den Bewohnern stehen. Das Team besteht aus 8 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich täglich um das leibliche Wohl, Ordnung und Sauberkeit kümmern. So lautet das Motto des Lehrlingshauses auch «fast wie zuhause». Den Jugendlichen soll ein zweites Zuhause geboten werden, in dem sie sich wohlfühlen können. Der Stiftungsrat besteht heute aus fünf Rätinnen und Räten, welche unentgeltlich arbeiten.
(Bild: GRHeute)