Unsere touristischen Leistungsträger sind mit ihrer Not, ausgebildete Fachkräfte zu finden, nicht alleine. Gemäss einer neuen Studie der Hochschule München haben 57% aller befragten Tourismusunternehmen aus Ferienregionen in Deutschland und Österreich Probleme bei der Stellenbesetzung. 70% der Arbeitgeber sieht die Abwanderung der Fachkräfte in andere Branchen als eine Ursache des Fachkräftemangels und 36% sagen, dass die Fachkräfte in Städte abwandern und den Tourismusregionen nicht mehr zur Verfügung stehen.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Genau! Unsere Nachbarn haben die exakt gleichen Probleme wie wir in der Schweiz. Ein Grossteil der Tourismusunternehmen, insbesondere die Hotellerie, beklagt grosse Schwierigkeiten bei der Besetzung der offenen Stellen mit geeignetem Personal. Hüben wie drüben fehlt es insbesondere in der Hotellerie an ausgebildetem Personal im Bereich Küche, Service und Réception.
Angesichts des grossen Mangels an Fachkräften erstaunt es, dass nur ein Viertel der deutschen und österreichischen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden Weiterbildungen anbieten. Denn die Studie zeigt, dass für Mitarbeitende Weiterbildung ein sehr wichtiges Kriterium ist. Dies deckt sich mit Ergebnissen einer unserer Studien der HTW: Auch für Bündner und Tessiner Fachkräfte aus dem Gastgewerbe sind nebst monetären Anreizen besonders Weiterbildungsangebote bei der Jobwahl ein wichtiges Kriterium.
Ebenfalls ein Déjà-vu hat man beim Stichwort Kooperationen: Während Marketing- und Einkaufskooperationen mittlerweile normal sind, so sind Kooperationen im Personalbereich bisher kaum vorhanden. Das gilt für Graubünden und die Schweiz insgesamt ebenso wie für Deutschland und Österreich. Lieber kämpft jeder alleine als sich gemeinsam darum zu kümmern, dass Anstellungen in der Branche attraktiver werden, neue Arbeitsmodelle angeboten werden können und, dass Rekrutierungs- und Personalbindungsmassnahmen wirkungsvoll angepackt werden.
Der Blick über den Tellerrand erweitert den Horizont und setzt die Dinge in Perspektive. Mein Abstecher nach München und der Austausch mit kooperationsfreudigen Tourismusakteuren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat mir gezeigt: Wir sind punkto Fachkräfteproblem nicht besser dran als unsere Nachbarländer. Aber eben auch nicht wesentlich besser. Innovative Ideen, kooperationsfreudige Partner und neue Wege in der Personalbindung und -rekrutierung sind gefragt, um dem Fachkräftemangel im Tourismus nachhaltig zu begegnen.
Heute für Sie unverblümt und direkt von der Front: Brigitte Küng, Leiterin KMU-Zentrum Graubünden.
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