Die Ereignisse im Fall des Baukartells im Unterengadin überschlagen sich. Die Artikel im Online-Magazin «Republik» werden in den sozialen Medien als «besser als jede Netflix-Serie» beschrieben. Deshalb präsentiert GRHeute hier eine Einschätzung der momentanen Situation.
Am 31. Januar verlangte der Bündner Baumeisterverband, gezeichnet vom Präsidenten und ihrem Geschäftsführer Andreas Felix die vorbehaltlose Einstellung der Verfahren wegen Preisabsprachen im Baugewerbe. Es gebe keine kartellrechtlichen Verfehlungen.
Seit gestern liegt der Entscheid der Weko vor. Es ist dicke Post! Der Entscheid – vom Bündner Baumeisterverband an einer eilends einberufenen Medienkonferenz als «tendenziös» bezeichnet – zeigt, dass der Verband die Versammlungen mitorganisierte und deshalb zwar keine Busse erhielt, aber mit der Bezahlung von Verfahrenskosten belegt wurde.
Das in letzter Zeit aufgebaute Schutzgebäude für die Funktionäre des Baumeisterverbandes fällt damit zusammen. Auch zahlreiche Firmen haben in den letzten Jahren massiv zu Lasten des Kantons die Bauvergaben manipuliert und wurden von der Weko teilweise mit Millionenstrafen gebüsst.
Wer den Entscheid der Weko und die von der «Republik» publizierten Artikel liest, dem stehen die Haare zu Berg. Obwohl die Beamten des Tiefbauamtes von den Verfehlungen in Kenntnis gesetzt wurden, geschah nichts. Auch Regierungsrat Jon Domenic Parolini, der zugab, vom Missbrauch in Kenntnis gesetzt worden zu sein, unterliess es, eine Anzeige an die zuständigen Behörden zu machen. Stattdessen rechtfertigt er sich damit, den Gemeindevorstand informiert zu haben.
Den Schaden in dieser Angelegenheit trägt der Kanton beziehungsweise seine Steuerzahler. Sie wurden um mehrere 10 Millionen Franken betrogen. Dies kann gerechterweise nicht mit der Bezahlung einer Busse gesühnt werden. Wichtig ist es, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und den Schaden soweit möglich dem Kanton erstatten.
Nachdem der Kanton bereits seit einiger Zeit die lückenlose Aufklärung versprochen hat, bisher aber bis auf eine Bekräftigung nichts geschehen ist, wird es notwendig sein, die ganze Affäre durch eine unabhängige, externe Instanz abklären zu lassen. Das sind wir unserem Rechtsstaat gegenüber schuldig.
Der «schwarze Donnerstag» im Überblick:
Die Weko gibt das Ergebnis ihrer Untersuchungen bekannt. Auf einer eilends einberufenen Medienkonferenz, bei der eine Einladung an GRHeute unterging, bezeichnete der Bündner Baumeisterverband die Artikel-Serie der «Republik» als jetzt enttarnte Fake News. Anwesende Journalisten monierten mehrmals, dass kein Wort des Bedauerns an die Adresse der geprellten Hauseigentümer geäussert wurden.
Die Regierung zeigte sich angesichts der neuesten Enthüllungen «konsterniert» und hat eine eine Anlaufstelle für anonyme Meldungen von Submissionsabsprachen eingerichtet, wie es in einer Mitteilung hiess. «Dem Erkenntnisstand entsprechend werden die Massnahmen laufend angepasst und erweitert. Der Situation wird weiterhin höchste Aufmerksamkeit geschenkt», heisst es weiter.
Auch die SP meldete sich zu Wort. Neben der Verurteilung der Geschehnisse sticht vor allem folgender Satz hervor: «Sollte die Bündner Regierung nicht entschieden handeln, behält sich die SP Graubünden vor, den Antrag zur Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zu stellen.»
And last, but not least: Andreas Felix bleibt Regierungsratskandidat der BDP. Auch die Partei selbst liess in einer Mitteilung, in der sie das Kartell massiv verurteilte, keinen Zweifel darüber offen.
(Symbolbild: GRHeute)