Der Zivilschutz, REDOG Graubünden und die Feuerwehr Landquart haben den Ernstfall geprobt: Auf dem Gelände, auf dem der neue Interventionsstützpunkt der RhB gebaut wird, wurden Menschen aus dem Schutt geborgen.
Zwischen den Gleisen am Bahnhof Landquart, unweit des Altersheim Neugut, wird abgebrochen. Eine Seitenwand mit Sicht auf die RhB-Gleiste steht noch, es liegt viel Schutt drumherum. Ein tiefes Loch klafft darin. Überall wuseln Menschen umher: Angehörige des Zivilschutzes, der Rettungshundestaffel REDOG, Feuerwehrmänner und ein paar wenige Schaulustige. «Gestern Nachmittag um 16 Uhr hat die Erde gebebt», sagt Gilbert Zimmermann, Einsatzleiter vor Ort. Hier drin liegen fünf Menschen und zwei Puppen, die wir bergen müssen.» Das Gelände wurde ihnen für die Übung von der RhB zur Verfügung gestellt.
Es ist heiss, der Staub fliegt umher. «Es ist die erste Übung in diesem Jahr, bei der wir schönes Wetter haben. Da sind alle viel motivierter», sagt Gilbert Zimmermannn. Mitten im Tohuwabohu wird Simone Meyer ausgegraben. Sie hat ein paar Kratzer davon getragen und eine klaffende Wunde am Kopf. Samariter in Chur haben ihr das um 7 Uhr morgens angemalt. Zwei Stunden lag sie unter dem Schutt begraben. «Es war kalt», sagt sie. Simone Meyer ist zu warm für das Wetter angezogen. Während oben in der Hitze alles getan wurde, um die rauszuholen, ass sie gemütlich ein Sandwich. Es ist ihr Los, als Figurantin zu fungieren, ihr Hund ist noch zu klein, um selbst nach vermissten Personen zu suchen. Ihre Teilnahme ist für sie selbstverständlich: «Ich wollte eigentlich zum IKRK. Aus verschiedenen Gründen hat das nicht geklappt. Aber jetzt helfe ich auf diese Weise bei REDOG, und das ist auch gut.»
Drei Mal geht ein Hund über die Trümmer. Erst wenn beim dritten Mal der dritte Hund anschlägt, gehen die Retter ans Werk. «Eine Bergung kann unter Umständen Stunden dauern. Wir brauchen einen sicheren Wert, um den Rettern die richtigen Angaben für die Rettung zu geben», sagt Walter Caprez, Präsident von REDOG Graubünden. Der letzte Einsatz von REDOG war beim Bergsturz in Bondo, wo sie zusammen mit ihren Hunden nach den acht vermissten Berggängern suchten, die bis heute nicht gefunden wurden. An diesem Samstag sind es Bosco, Eve und Saphira, die im Einsatz sind.
Es ist Saphira, die Opfer Nummer zwei als Letzte anzeigt. Das Opfer ist weit unten, und während die Zivilschützer mit Pressluftbohrern einen Eingang ausbauen, tönt der Feuerwehrmann auf der Hebebühne mit der Sirene. Es zeigt das Nachbeben an. Fast zeitgleich fahren ein Zug der RhB aus Richtung Malans und ein Zug der SBB aus Richtung Sargans in den Bahnhof ein.
Der Zugang zu der verschütteten Person, ein Mann, wie es sich später heraus stellen sollte, gestaltet sich schwierig. Ein Betonblock, der nur an Stahlseilen oben fest gehalten wird, erschwert die Bergung. Er wird abgesägt; es ist lärmig, es ist staubig, die Funken sprühen. «Die Zivilschützer wurden von uns für diese Arbeit ausgebildet», sagt Gilbert Zimmermann.
Punkt 12 Uhr ist der Mann aus dem Loch gerettet. Er wird mit einer Bahre hochgetragen und versorgt. Im Verpflegungszelt essen die Retter, die ihre Schicht beendet haben, ihren wohlverdienten Z’mittag: Spiralnudeln, Broccoli, Geschnetzeltes mit Pilzen und Sauce und Salat. Das Thermometer zeigt 29 Grad. Am anderen Ende des Schutts steigt eine Frau mit einer offenen Beinwunde und Kratzern am Arm lachend durch den Hintereingang in ihr Versteck.
(Bilder: Charly Bosshard, GRHeute)