Ein Beitrag im Rahmen des GRHeute Tourismusforums von Urs Aerni.
Ist der Schweizer Tourismus noch immer in der Krise? Ein Gespräch im Hotel Schweizerhof in Lenzerheide.
Er spricht nicht gerne von sich aber weiss viel zu erzählen. William Niggli ist sein Name, stammt aus der Region, lebt aber auf den britischen Kanalinseln. Immer wieder kommt er hierher und nun sitzt er am Tisch, breitet Postkarten, Prospekte und Dokumente aus den 1950- und 60er Jahren aus. 1955 betrug der Kurs der britischen Pfund zum Schweizer Franken 1 zu 12.50! Die Hotels waren voll von Engländern. Zu ihnen gehörte der Kultoffizier Bernard Law Montgomery oder der Sohn des Schriftstellers H. G. Wells.
Trotzdem beste Aussichten?
Niggli zeigt eine Preisliste aus dem Winter 1960/61: eine Nacht in der Hochsaison im Schweizerhof je nach Zimmer für 38 bis 60 Franken. Die Bilder von damals zeigen junge Familien am Tisch mit Bündner Platte, tanzend um einen Ziehharmoniker oder an einer Modeschau im Schweizerhof. Haben sich die Zeiten wirklich geändert? Niggli wird nachdenklich. Der Eurosturz kommt zur Sprache und die Frage, wo Handlungsbedarf bestünde.
„Wissen Sie, nur der Boxer mit Hunger gewinnt, der Gesättigte verliert.“ Er setzt nach: „Uns ging es gut, wir sind verwöhnt, die Touristen waren da, das Geschäft lief“, man vergass in dieser Zeit Qualitäten, auf die es ankäme. Die da seien? „Stil, Service, Überzeugung, Leidenschaft, Nachhaltigkeit“. Manager und CEO‘s reden ständig von Innovation, man könne das schon fast nicht mehr hören. Es brauche wieder mehr Überzeugung zum Job, ein Gefühl der Berufung. Das ständige Wechseln von Arbeitsstellen zwecks Karrieresicherung und die Oberflächlichkeit taten und tun der Gastgeberkultur nicht gut.
William Niggli weiss wovon er erzählt; er kennt zum Beispiel die Zusammenhänge vor dem Fall der Swissair und die Veränderungen der Bankenkultur … Hören wir etwas Kulturpessimismus heraus? „Angst nimmt die Freude und die Kreativität, aber wenn wir auf die Jugend bauen, dann haben wir die besten Perspektiven!“ Das beste Beispiel ist die junge Service-Mitarbeiterin hier im Hotel-Restaurant; wie sie sympathisch lächelt und uns einen wunderschönen Tag wünscht. So freut man sich auf die Zukunft unserer Hotelkultur.