Das Leben eines Hotel-Angestellten soll in Zukunft wie ein Märchen sein: Im Winter im Schnee, im Sommer am See. Diese Idee der HTW Chur soll schon bald Realität werden.
Der Kampf um qualifiziertes Personal in Hotels während der Saisons ist gross. «Wir führen Bewerbungsgespräche und wissen, sie haben noch mehr und gehen dorthin, wo sie die besten Löhne und gute Rahmenbedingungen haben», sagt Petra Homberger, Human Resources Manager im Hotel Grischa in Davos. Ihr Hotel ist ein Privatbetrieb und ist keinen Verbänden wie zum Beispiel Suisse Deluxe angeschlossen.
Im Tessin, im 5-Sterne-Hotel Castello del Sole, sieht die Sache nicht anders aus. «Es gibt nicht viele qualifizierte Arbeitskräfte in der Hotellerie, sagt Franziska Rechsteiner, Human Resources Manager. Das Castello del Sole bietet im Sommer bis zu 150 Arbeitsplätze; gut 25 haben eine Jahresarbeitsstelle.
Beiden Kantonen ist ein Problem gemein: qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu halten. «Wir müssen ehrlich sein: Graubünden und Tessin haben die schlechteste Entwicklung in der Schweiz», sagt Ernst Wyrsch, Präsident vom Dachverband hotelleriesuisse Graubünden. «Graubünden und das Tessin sind Leidensgenossen.»
Mitarbeiter-Sharing-Programm wird begrüsst
Unter diesen Umständen liegt eine Zusammenarbeit nahe. Eine Befragung in insgesamt 44 Hotel- und Gastro-Betrieben des Schweizerischen Instituts für Entrepreneurship SIFE der HTW Chur hat ergeben, dass den Angestellten der Lohn, die Destination und das Image des Betriebes zwar sehr wichtig sind. Gut 79 Prozent der Befragten würden aber ein Mitarbeiter-Sharing-Programm begrüssen. Interessanterweise wurden auch die Hoteliers gefragt, was sie davon denken – und kamen auf die Welt: Sie waren von 43 Prozent ausgegangen, wie Projektleiterin Brigitte Küng erklärte.
Mitarbeiter-Sharing wäre das Leben wie im Märchen: Im Sommer am See, im Winter im Schnee. Die Pilot-Hotels wollen ihren Mitarbeitern Stellen in Partnerhotels anbieten können. So dass sie gerne wieder zurück kommen und damit auch das Know-How nicht verloren geht. «Wir müssen die Qualität erhalten, wir sind teuer. Mitarbeiter behalten zu können ist Teil der Qualität», sagt Lorenzo Pianezzi, Präsident des Branchenverbands hotelleriesuisse Ticino.
«Fast ausschliesslich positive Erfahrungen»
Die Tschuggen Hotel Group mit Hotels in Arosa und Ascona hat schon nur durch die geografische Lage ihrer Häuser Erfahrung in diesem Gebiet. Funktioniert das denn, Corinne Denzler? Die Generaldirektorin ist begeistert: «Wir haben einige Zwei-Saison-Stellen und haben fast ausschliesslich positive Erfahrungen gemacht.» Die Einarbeitungszeit sei dramatisch verkürzt, weil überall die gleichen Standards gelten. Braucht die Tschuggen Hotel Group denn dieses Programm überhaupt? «Es gibt Mitarbeitende, die haben nach einem Sommer genug von 5-Sterne-Hotels und wollen in eine Skihütte. In diesem Fall gäbe es durch das Mitarbeiter-Sharing-Programm etwa Kooperationsmöglichkeiten mit der Weissen Arena in Laax.»
Das Projekt hätte auch wirtschaftliche Vorteile: Sowohl in Graubünden als auch im Tessin ist die saisonal bedingte Arbeitslosigkeit gross. Mit dem Mitarbeiter-Sharing spart die Arbeitslosenkasse.
Beim Projekt der HTW Chur machen 44 Hotel- und Gastrobetriebe mit, davon 9 im Tessin und 35 in Graubünden. Zwei weitere Betriebe kommen aus den Kantonen Luzern und Thurgau. Die Betriebe haben zusammen 800 Jahresstellen, 1300 Saisonstellen und eine Lohnsumme von insgesamt 100 Millionen Franken.