«Ich werde Youtuber in Graubünden»

Wie haben sich die Zeiten doch geändert! GRHeute hat eine Umfrage unter Bündner Fünft- und Sechstklässlern durchgeführt, welcher ihr Traumberuf sei. Das Resultat ist in Graubünden nicht anders als in vielen Grossstädten: Youtuber wollen sie werden. In einer vierteiligen Serie – die jeweils mittwochs im Kanal GRDigital erscheint – betrachten wir das Thema aus Bündner Sicht.

Youtube ist weit mehr als nur Musik, Dokus und Freakshow-Filmchen. Es ist zu einem riesigen Business geworden, ein Phänomen, dem viele Ü40-er mit einem Kopfschütteln begegnen. Nicht mehr Fussballstars oder Musiker sind die grössten Idole unserer Zeit, sondern eben diese – von klassischen Medien weitgehend ignorierten – ‹Youtuber›. Klickt man sich durch solche Youtuber-Playlists, kommen viele erstmal als «normale», meist junge Leute in den 20ern – in der Schnittstelle zwischen alter Welt und Millennials – daher. Mit einfachen Mitteln produzieren sie einen regelmässigen Video-Blog über irgendein Thema. Und das ist es auch schon. Web 2.0, das sich wie ein Virus auf die jungen Generationen überträgt. 

Viele Youtuber haben mittlerweile ein Publikum, von dem viele etablierte TV-Sender nur träumen können. Zum Beispiel die mittlerweile berühmte Bibi, die auf ihrem Beautys-Palace-Kanal mal Produkte testet, mal mit ihrem Freund Challenges à la «Dschungelcamp für Arme» veröffentlicht, eine ungeniessbare (aber sogleich ausverkaufte) Beauty-Linie mit Kaugummigeschmack und dann auch noch einen oberdümmlichen Ohrwurm-Song mit mittlerweile über 46 Millionen Klicks auf den Video-Kanal geworfen hat, der unzählige Verrisse und Parodien nach sich zog. Bibi verdient als Youtuberin Plus mittlerweile offenbar 100’000 Euro im Monat und ist eben nach Miami umgezogen – ihr Produkt lässt sich standortunabhängig mit praktisch null Produktionskosten produzieren.

 

Viele Youtuber veröffentlichen fast täglich ein neues Video, in dem sie über Computerspiele, Musikszenen, Haushalttipps oder einfach über igendetwas erzählen – für viele ein lohnendes Geschäftsmodell in einem rasant wachsenden Markt. Bibi hat immerhin 4,6 Millionen Abonnenten, denen sie ihre Geschichten regelmässig erzählt. Wenn die Deutsche ein Video auf Youtube stellt – normalerweise 1-3x wöchentlich -, wird dieses gleich am selben Tag gegen eine Million mal angeklickt. 

«Er ist cool, weil er immer so schnell ausrastet und allgemein cool ist.»

Wir haben uns auf einem Bündner Schulplatz unter Fünft- und Sechstklässlern nach ihren Idolen umgehört. Natürlich hört man Namen wie Cristiano Ronaldo oder auch Andres Ambühl. Mindestens ebenso hörten wir in unserer Umfrage aber auch «Logo», «Felix von der Laden», «Benx», oder «Concrafter», «Rageless», «Abgegrieft», «Vamis» oder «Rewinside». Alles bekannte Youtube-Grössen, zumindest für Fans der «Minecraft»-Spielereihe von Microsoft. Millionen von Jugendlichen weltweit spielen das Spiel und verfolgen die Kanäle der Online-Stars – auch Bündner Kids sind davor nicht gefeit. «Mir gefällt, dass sie immer ein Lächeln haben und nie aufgeben», sagt der 11-jährige Lauro über seine Lieblings-Youtuber.

 

Der ein Jahr ältere Paul findet seinen Lieblings-Youtuber «cool, weil er immer so schnell ausrastet und allgemein cool ist.» Ein anderer meint, dass ihm gefalle, «dass der Schnittstyle bei jedem Video anders sei». Einig sind sich die Jungs, dass die Youtuber Alphatiere im Minecraft-Universum sind und dass sie das «bringen, was wir wollen». 

«Er könnte den ganzen Tag vor der Kiste sitzen, er wird völlig in diese Welt hineingezogen.»

Viele können nicht nachvollziehen, was ihre Kids daran finden, einem vielleicht 20-jährigen deutschen Studenten beim Gamen zuzuschauen und sich stundenlang in diesem Youtube-Mikrokosmos zu verlieren. «Das Problem ist die Zeit», sagt eine Mutter, «er könnte den ganzen Tag vor der Kiste sitzen, er wird völlig in diese Welt hineingezogen.»

Sich in Youtube-Videos zu verlieren, ist wohl jedem schon ein- oder hundertmal passiert, die Eindimensionalität der konsumierten Medien wird von Medien-Wissenschaftlern aber als nicht ungefährlich taxiert.

 

In unserer Youtube-Serie schauen wir nächste Woche im Kanal GRDigital auf die Gefahren  und Grauzonen der Video-Plattform. 

 

(Bild: GRHeute)