Was machen mit jungen Asylsuchenden, die nicht arbeiten dürfen, aber arbeiten wollen? Thomas Richli, UMA-Betreuer im Flüchtlingsheim in Trimmis, hat sie mit auf «seinen» Weinberg genommen und ihnen den Weinbau in der Bündner Herrschaft näher gebracht.
«Für mich war es eine philosophische Frage», sagt Thomas Richli. «Diese jungen Männer lechzen nach Arbeit, sie wollen nicht herumsitzen.» Für Salome Mathys, Ressortleiterin Unterbringung und Betreuung für den Kanton Graubünden, ist es ein Pilotprojekt, das durchaus Schule machen könnte. Und für die beiden 19-jährigen Asylsuchenden aus Afghanistan ist es «gute Arbeit.»
Die Arbeit, das bedeutet 18 Aren Weinstöcke von der Knospe bis zum Wimmeln zu begleiten. Vier Umas, unbegleitete Minderjährige Asylsuchende, waren von Anfang an dabei. Den Weinberg stellte Thomas Richli, der zusammen mit seiner Familie den Weinberg seit gut zehn Jahren gepachtet hat, zur Verfügung. Jetzt wird der Weinberg vom Amt für Migration des Kantons Graubünden gepachtet – und von Thomas Richli als Projektleiter bewirtschaftet.
An diesem letzten Tag Anfang Oktober steht auch Salome Mathys zusammen mit einem Dutzend weiterer Wimmlerinnen und Wimmler im Weinberg. Es ist eine Postkartenidylle, die Petrus präsentiert: Strahlender Sonnenschein, Sicht auf die Berge. Überall in den Weinbergen wird gewimmelt; Traktoren fahren Karrenweise Trauben weg. In Thomas Richlis Wingert ist die Arbeit am Nachmittag zu Ende: Insgesamt anderthalb Tonnen Trauben werden am Schluss ihren Weg ins Weingut Davaz gefunden haben. Das ist viel, wenn man bedenkt, dass im Frühling der Frost vieles kaputt gemacht hat. «Ein Wunder», sagt Thomas Richli.
«Es ist Salome Mathys und Marcel Suter zu verdanken, dass wir das machen konnten», sagt Thomas Richli. Es war seine Idee, den Uma in Trimmis eine sinnvolle Beschäftigung mit Integrationsfaktor zu geben. «Es ist eine super Sache», sagt Salome Mathys. «Wir haben das als Pilotprojekt durchgeführt. Ende Jahr ziehen wir Bilanz und entscheiden, wie es weiter geht.» Finanziell ist es ein günstiges Projekt, bei dem allenfalls ein kleines Plus herausschauen könnte. Die Beschäftigung von Flüchtlingen muss einige Hürden überwinden, vieles scheitert auch an den Vorschriften und den Gegebenheiten.
Asef und Ali, beide 19, beide aus Afghanistan, waren zusammen mit drei anderen Umas von Anfang an dabei. Beide kamen alleine hierher, ihre Eltern sind noch immer in Afghanistan. Der heisse Herbstnachmittag ist für ihre Verhältnisse eher kühl, sie sind sich andere Temperaturen gewohnt. «Wir sind sehr gerne an der frischen Luft», sagen sie. «Es ist viel besser, als nichts zu tun.» In Afghanistan gibt es keine Weinberge; der Wein kommt aus Nachbarländern wie Pakistan. Getrunken haben sie noch nie, «ich würde den Alkohol nicht vertragen», sagt Asef. Beide könnten sich durchaus vorstellen, auch nächstes Jahr wieder dabei zu sein. Aber wichtiger ist der Asylentscheid, damit sie eine Ausbildung machen können.
«Es war ein gutes Erlebnis», sagt Thomas Richli an diesem letzten Tag der Traubenlese. Blauburgunder soll es werden. «Wir hatten viel Spass zusammen.» Ob er es nächstes Jahr wider machen wird, weiss er noch nicht. Falls das Projekt vom Amt für Migration nicht weiter unterstützt wird, übernimmt er zusammen mit seiner Familie wieder die Pacht des Weinbergs.
(Bilder: GRHeute)