Auf der GLP-Webseite schreibt Josias Gasser, was ihm an der Politik wichtig sei: «Glaubwürdigkeit, Kompetenz, Fairness und Ehrlichkeit». Als Bündner Energiepapst hat er sich in Haldenstein mit dem Windrad selbst ein Denkmal errichtet. Auch die Gegner der Energiewende watscht der Unternehmer gerne ab, oft auch ganz schön unzimperlich.
Wer sich derart hoch aufs moralische Ross schwingt, muss sich nicht wundern, dass die «Umsteige-Aktionen» an mehreren Wahlkampforten den Beobachtern in den falschen Hals gerät.
Mit einem PKW an ein Wahlpodium zu fahren, ist sicher legitim (obwohl man – als Grünliberaler -sicher auch Fahrgemeinschaften oder den öffentlichen Verkehr benutzen könnte). Vor allem bei längeren Anreisewegen wie nach Poschiavo oder Pontresina ist eine Anreise mit dem Auto aber sicher nichts, was man Gasser ankreiden kann.
Das Auto am Dorfrand abzustellen, um nachher mit dem Öko-Mobil publikumswirksam vor den Veranstaltungsort zu fahren, überschreitet aber eine Grenze und hat mit der selbst proklamierten «Glaubwürdigkeit» nicht viel zu tun. Es ist offensichtlich, dass Gasser den Wählern seine «Energie-Marke» aufdrücken will. Kein Wunder, sprechen seine politischen Gegner von einer «Mogelpackung».
Gasser selbst sieht kein Fehlverhalten. Viel mehr steht er zu dieser Methode und rechtfertigt sie mit Marketing-Überlegungen. Das ist zum einen ehrlich. Zum andern stellt sich aber schon die Frage, ob im Wahlkampf denn wirklich alles erlaubt ist, nur um seine Positionierung zu festigen und damit ein paar Stimmen mehr abzuholen.
Die Grünliberalen Graubünden, die im Grunde aus der Einmann-Show Josias Gasser bestehen, kommen damit weiter unter Druck. Zuerst wollten die Bürgerlichen die GLP nicht in ihrer Fraktion haben, so dass sie «gezwungen» war, wieder eine Liaison mit der SP einzugehen. Dort aber droht ihnen ebenfalls Ungemach, sind doch mit der bisherigen Nationalrätin Silva Semadeni und dem Churer Jon Pult zwei aussichtsreiche Wahl-Kandidaten am Start. Im schlimmsten Fall droht Gasser, hinter die beiden SP-Kandidaten zurückzufallen und damit so oder so aus dem Nationalrat zu fallen.
Die Chancen, den Sitz an die bürgerliche Koalition BDP-CVP-FDP zu verlieren, ist zwar grösser, als dass zwei SPler gewählt werden. Trotzdem besteht auch für die Bürgerlichen die Gefahr, dass der vor vier Jahren verlorene FDP-Sitz von Tarcisius Caviezel via Josias Gasser von der GLP dieses Jahr noch weiter nach links an die SP fällt. Und das wäre dann nicht nur für die Grünliberalen, sondern auch für die bürgerlichen Parteien in Graubünden der Super-GAU.
(Foto: Wikipedia/Parlamentsdienste)