Am Samstagabend wurde auf Burg Riom Eno Peçis Ballett „Homo Sapiens“ uraufgeführt. Das Werk spielt mit dem Reiz folkloristischer Traditionen und hinterfragt deren Relevanz. Peçi setzt Heimatlosigkeit gegen ethnische Zugehörigkeit und fragt nach Menschlichkeit.
Mit Peçis «Homo Sapiens» wurde gestern Origens diesjähriges Tanzfestival eröffnet. Seit drei Jahren lädt Origen junge Choreographen ein, abendfüllende Werke für die einzigartigen Bühnen des Festivals zu kreieren. Die handverlesenen Choreographen füllen die stilistischen und inhaltlichen Freiräume – und schaffen überraschende, eigenwillige und meist sehr persönliche Arbeiten, die von Kreativität und emphatischem Engagement geprägt sind.
Plädoyer für die Menschlichkeit
Auf der Bühne stand am Samstag die neue Solistengeneration des Wiener Staatsballetts. Sie porträtieren Menschen mit einfachen ethnischen Zugehörigkeiten. Zwei Fahrende geben sich ihrer Liebe und anderen Leidenschaften hin. Ein italienisches Paar streitet sich leise und dennoch lauthals um Hausarbeit und Rollenverständnis. Ein eleganter Inder mit Teppich und Pluderhose widmet sich der Meditation. Schliesslich tanzt ein grosser Grieche den durch Anthony Quinn weltbekannt gewordenen Sirtaki – der heute als erfundene Tradition gilt. Soweit, so gut – wäre da nicht eine siebte Figur im hautfarbenen Body, bar jeder nationalen Zugehörigkeit, ohne theatrale Attitüde, ohne ethnisch gefärbte Kostümierung. Sie irrt durch die Szenen, von abstrakten Klangfolgen begleitet, und bestaunt die zur Schau getragenen Identitäten. Sie wirkt mit – etwa beim indischen Tanz – und scheitert an der Leere, die sie befällt. Sie sucht nach dem Innenleben der Bühnenkollegen. Ihre Nacktheit bewegt die stolzen Folkloristen. Sie entledigen sich ihrer Kleider. Am Ende verlässt die ganze Truppe in hautfarbenen Tricots die Bühne, auf der weiterhin heitere Volksmusik ertönt. In der Bühnemitte prangt ein Kleiderhaufen, Schuhe, Hüte, allerlei Gegenstände verflossener Identitäten.
(Bild:zVg.)