Es muss echte Liebe sein: Der Verein Aero Swiss bringt die Antonov AN-2 und eine YAK 52 ins Bündner Rheintal. Der Doppeldecker verspricht ein Flugerlebnis der besonderen Art.
Das rot-silbrige Flugzeug steht auf der Wiese beim Flugplatz Bad Ragaz. Die roten Flügel glänzen in der Sonne. Das Wetter könnte nicht besser sein für die Medienkonferenz der Aero Swiss, dem Verein, der ab sofort Flugreisen mit einer Antonov AN-2 und einer YAK 52 anbietet.
«Jetzt müsst ihr alle einmal am Propeller drehen, damit das übrige Öl des vorherigen Flugs auslaufen kann», sagt einer von vier Piloten, die für den Flug mit der Antonov ausgebildet wurden und lizenziert sind. Einer davon ist Max Wipf, pensionierter Swissair-Pilot und bei Aero Swiss für die Sicherheit zuständig. Zehn Minuten muss der Motor laufen, bevor er Ready for Take Off ist. «Bei der Zündung des Motors», so Wipf, «kann es sein, dass aus den Schalthebeln Rauch austritt.» Das ist, wenn man darauf vorbereitet wird, Peanuts. Ein bisschen mulmig wird es einem trotzdem.
Die Antonov ist das einzige Flugzeug der Welt, dass vom ersten bis zum letzten Modell fast identisch gebaut wird. Sie funktioniert mechanisch und ist für Instrumentenflüge denkbar ungeeignet. «Es ist ein gutmütiges Flugzeug», sagte Wipf. Sein 9-zylindriger Sternmotor stelle bei mechanischen Problemen nicht sofort ab. Ausserdem würden bei Unterdruck automatisch Vorflügel ausfahren, die das Flugzeug beim Fliegen unterstützen würden.
Der Flugplatz Bad Ragaz ist ideal für den An- und Ausflug der Antonov, die für den Start nur 170 Meter braucht und relativ schnell Luft gewinnt. Die Verhältnisse sind speziell, Max Wipf nennt es eine «Windküche». Beim Start stören Starkstromleitungen, bei der Landung der «Büel» mit dem Restaurant.
Kein Problem für den erfahrenen Piloten Max Wipf und seinen Co-Piloten Carlo Ronchetti. Der Start erfolgt wie im Bilderbuch; die Landschaft links, rechts und unten zieht vorüber. Die Antonov und als ihr Begleiter die YAK 52 folgen der Linie des Rheins, in Landquart ist mit 2300 Meter über Meer oder 7500 Fuss, wie es in der Fliegersprache heisst, Reiseflughöhe erreicht. Die Mschine dröhnt mit einer Geschwindigkeit von 180 Stundenkilometern durch die Luft. Flugbegleiterin Nadja Joos verteilt, wie es sein muss, Chips. Auf dem linken Flügel trifft alt auf neu: Die Go-Pro-Kamera filmt den Flug und erwischt dabei auch die Kunststücke der YAK.
Kaiserwetter für einen Schönwetter-Flieger, von Aviatikern auch zärtlich «Traktor der Lüfte» oder «Tante Anna» genannt: Unter der Maschine fliesst der mächtige Rhein, die Hochhäuser von Landquart und Chur schrumpfen auf Swiss-Miniature-Grösse. Die Bunker des Golfplatzes Ems leuchten in der Sonne. Bei der Schlaufe zurück beginnt das Flugzeug zu zittern, es sind warme Luftströme, die aus dem Wald kommen. Es gab nur wenige Abstürze der Antonov, die auf Fehlleistungen der Maschine zurück zu führen waren.
Aus den Fenstern der Antonov sieht man die YAK 52 ihr Können vorführen; sie macht Loopings, fliegt zurück, und die Fenster oben sind offen. Der Flug der Antonov wirkt dagegen wie eine Entschleunigung, behäbig surrt sie das Rheintal hinauf und hinunter, ihre Piloten haben sie im Griff.
Eine Woche hat Max Wipf in Litauen verbracht, um die Lizenz für die Antonov zu bekommen. Es ist seine fünfte Landung in Bad Ragaz. Der Virus des Fliegens hat ihn auch nach der Pensionierung nie losgelassen.
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