Sandro Viletta: Und wieder wartet ein langer, harter Weg zurück

In einem knappen Monat beginnt in St. Moritz die alpine Ski-WM 2017. Nicht aktiv dabei sein wird Lokalmatador und Kombinations-Olympiasieger Sandro Viletta. Gegenüber der NZZ gewährte der Engadiner einen Einblick in sein Seelenleben.

Letzte Woche Adelboden, jetzt die Klassiker in Wengen und Kitzbühel. Für den 30-jährigen Sandro Viletta, der wegen eines Kreuzbandrisses den Rest der Saison ausfällt, eine harte Probe. Hinschauen fällt schwer. «Ab und zu denke ich, es wäre besser, ich würde das gar nicht machen. Aber ich will doch sehen, wie es den Kollegen ergeht. Also schaue ich trotzdem.»

Viletta, vor drei Jahren in Sotschi sensationell Kombinations-Olympiasieger, ist in einer schwierigen Phase seiner Karriere. Vor ziemlich genau zwei Jahren fuhr er in der Abfahrt von Wengen (8.) seine letzte Top-Ten-Klassierung ein, letzten Winter musste er vor Weihnachten wegen Rückenbeschwerden für den Rest der Saison aufgeben. In diesem Winter wollte es der bald 31-Jährige nochmals wissen und gab im Herbst sein Comeback: Ein 41. Rang im Super-G von Val d’Isère und ein schwerer Sturz in Gröden blieben die mageren Resultate auf der Haben-Seite. Noch viel schlimmer: Bei seinem Ausfall zog er sich einen Kreuzbandriss und einen Meniskusschaden im rechten Knie zu – der Traum von einem Start an der Ski-WM vor eigenem Anhang auf einen Schlag ausgeträumt.

«Schlafe schlecht»

Aufgeben will Viletta, der 2011 im Super-G von Beaver Creek seinen bisher einzigen Weltcup-Sieg feierte, aber nicht. Zwei Wochen nach der Operation geht der Engadiner täglich in die Physiotherapie und hat mit leichtem Oberkörper-Training begonnen. «Im Moment bin ich oft zu müde. Ich schlafe sehr schlecht, weil ich ein Bauchschläfer bin und jetzt auf dem Rücken liegen muss», so Viletta gegenüber der NZZ. SWISS SKI PORTRAIT

Sorgen macht ihm die geplante Rückkehr in den Skizirkus. Viletta ist der Meinung, dass «Rückkehrer» einen besonders schweren Stand hätten in der Schweiz. Zu oft sei man in der Vergangenheit angeschlagen forciert worden, was prompt in einem Rückschlag geendet hatte: « Jetzt stellt sich die Frage, wie ich zurückkomme. Solange man nicht 100-prozentig fit ist, hat es meiner Meinung nach wenig Sinn, das Ski-Training mit der Mannschaft zu bestreiten. Unser Trainerstab ist gross genug, um den Aufbau von Rückkehrern individueller zu gestalten… Ich will unbedingt zurückkommen, aber die Betreuung muss meinen Vorstellungen entsprechen.»

«Merke, was möglich wäre»

Den Glauben an sich hat Viletta, der seine ganze Karriere mit Verletzungen – insbesondere Rückenbeschwerden – kämpfte, nicht verloren. «Ich merke immer wieder, wie viel möglich wäre, wenn ich einmal über längere Zeit gesund fahren könnte», so Viletta in der NZZ, «das nagt an mir. Ich wäre ja eigentlich ein Techniker, Riesenslalom und Slalom. Speed-Fahrer bin ich nur geworden, weil das für den Rücken verträglicher ist. Damit hadere ich manchmal. Aber an meinen Fähigkeiten zweifle ich nicht.»viletta-sandro-2copyrightfree_swissski

 

(Bild oben: Sandro Viletta unmittelbar nach seinem Kreuzbandriss nach dem Sturz in Val Gardena – EQ Images/Primoz Jeroncic/weitere Bilder: Swiss Ski)