Seit vielen Wochen begleitet mich das Thema Olympia2026 in Graubünden, wie viele andere auch, in Tageszeitungen, in Social Media Kanälen, in eMails und in persönlichen Gesprächen. Ich finde es nicht nur extrem spannend, die vielen Pro und Contra-Punkte dieses einzigartigen Projektes von verschiedenen Seiten zu hören, sondern auch die Vorgehensweisen und Taktiken von Befürwortern und Gegnern zu durchleuchten. Aus meiner „einseitigen“ Sicht gibt es doch einige bemerkenswerte Vorgehensweisen:
- „Altes aufwärmen“
Das meiner Meinung nach gut aufgegleiste Projekt „Olympia2026“ hat doch einige schlagkräftige Veränderungen gegenüber dem Projekt Olympia2022 erhalten. Die Argumente der Gegner sind aber nach wie vor die gleichen. „Zu teuer“, „unnötig“ oder „andere wirtschaftliche Impulse“ sind so abgedroschen, dass es einem weh tut! - „Reize den Wolf bis er beisst, dann spiele das verwundete Lamm“
Herrlich nachzulesen, wie der Junge Jon Pult den altgedienten und erfahrenen Medienfachmann Lebrument aus der Reserve lockte, ihn zu einem Duell in den eigenen vier Wänden ermutigte um dann als „verwundetes Lamm“ die Meinungen von Unsicheren auf die Gegnerseite zu bringen. Taktisch eine Meisterleistung des Jungen, den Älteren so aus der Reserve zu locken. - „Lasse die Gegner nicht zu Wort kommen“
Von verschiedenen Pro-Olympia-Anlässen habe ich den einen besucht, jedoch einige Feedbacks von anderen Veranstaltungen erhalten. Bei vielen Anlässen sind im Podium keine wirklichen Gegner zu erkennen oder eingeladen. Man versucht krampfhaft, die eigenen Überzeugungen zu vermitteln, ohne die Gegner und ihre Argumente in Diskussion zu eliminieren. - „Fakten statt Emotionen“
„Mit Emotionen haben wir die letzte Abstimmung nicht geschafft, der Bündner braucht Fakten um JA zu sagen“. Dies war eine Antwort auf die Frage, weshalb nicht mehr mit dem emotionalen Bauchgefühl gearbeitet wird. JA, es braucht Fakten, aber die letzten 10 Wochen haben wir nur Fakten gehört. Aber wer die Hintergründe von Wirtschaftswachstum, Digitalisierung oder Marketing nicht verstehen kann, der kann die Worte „Teuer“ oder „Wahnsinn“ umsetzen. Wer hingegen in der Bauchregion dieses Kribbeln kennt, der wird sich für dieses Projekt einsetzen, denn Olympia ist einmalig.
Ich weiss, es ist einfach zu kritisieren und zu meinen, es besser machen zu können oder zu wollen. Meine persönliche Taktik, mein Umfeld für Olympia zu begeistern, hat einige andere Ansatzpunkte:
- Es geht momentan noch nicht um die Olympischen Spiele 2026. Es geht darum, die notwendigen Abklärungen zu treffen, ob und wie eine Bewerbung angegangen werden muss. Es wäre fahrlässig, diese Abklärungen aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht zu machen. Wenn du ein Haus bauen willst, hörst du auch nicht auf den Nachbarn, der dir alle Naturgefahren erzählt, sondern du klärst die notwendigen Fragen mit Profis ab und du lässt es dir was kosten.
- Ich frage die skeptisch eingestellten Personen nach allfälligen Alternativen. Nein sagen ist sehr einfach, jedoch Alternativen aufzuzählen, welche in nützlicher Zeit und mit annehmbaren Kosten abgeklärt werden können, mit einem Nutzen für den ganzen Kanton, sind doch eher rar. Also mir fällt grad so keine ein.
- Wer den Spirit einer Grossveranstaltung noch nicht spüren durfte, sei hier eingeladen, als freiwilliger Helfer einmal an vorderster Front mit dabei zu sein. Die Kraft, die Energie und den Spirit, den man nach zwei Tagen beim Skiweltcup, Tour de Ski oder Bikeweltcup, aber auch bei einem Jugendskirennen oder einem Planoiras mit nach Hause nimmt, lässt alle offenen Fragen über den Sinn einer solchen Veranstaltung mit Schmetterlingen im Bauch beantworten.
- Und wo bleibt der Pioniergeist, der unsere Vorfahren angetrieben hat, Tunnels durch Berge auf über 3000 m.ü.m zu graben, Bergbahnen auf Gipfel zu bauen oder Schienen über die schönsten Pässe zu legen? Hätte man sich damals schon die Frage nach Kosten, Sinn und Nutzen gemacht, wäre die Schweiz um einige Attraktionen ärmer, welche Kantone, Gemeinden und die Schweiz am Leben erhalten, Arbeitsplätze sichern und Wertschöpfung generieren.
Ich glaube nach wie vor an das Gute im Menschen und an das Gute in der Zukunft. Ich bin sicher, wir finden genügend Junge und Junggebliebene, welche den Pioniergeist unserer Vorfahren mittragen, welche diese Alternative prüfen wollen, welche als Volontaris die Schmetterlinge kennen und welche allen Gegnern mit positiven Antworten, mit klaren Impulsen und mit Emotionen entgegenstehen, für die eine, momentan bekannte Alternative für die Zukunft.
Ich jedenfalls stehe – trotz offener Fragen – klar hinter dem Projekt Olympia2026 in Graubünden, lege ein JA in die Urne, weil ich diese Chance der Abklärungen für ein Grossprojekt nicht den Politikern überlassen will, und weil ich all den Söhnen und Töchtern in Graubünden diese Chance nicht nehmen will.
Die Tourismus-total-Expertenrunde von GRHeute berichtet und kommentiert einmal wöchentlich über aktuelle Tourismusthemen für Graubünden.
Heute für Sie unverblümt und direkt von der Front: Bruno Fläcklin, Geschäftsführer der Ferienregion Lenzerheide.
Der Kommentar stammt aus der Feder von Ernst Bromeis, Wasserbotschafter.