Sollte Graubünden alle nationalen Hürden überstehen und offizieller Schweizer Kandidat für die Olympischen Winterspiele 2026 werden, wäre noch nichts gewonnen. Eine ganze Reihe möglicher Bewerbungen sind rund um den Globus in Planung.
Der Weg zu den Olympischen Winterspielen 2026 in Graubünden ist lang. Zuerst einmal muss der Grosse Rat im Dezember 2016 den Plänen zustimmen, was nur Formsache sein dürfte. Anschliessend muss die Volksabstimmung vom 12. Februar gewonnen werden. Dabei geht es darum, einen Kredit von 25 Millionen Franken – davon 9 Millionen vom Kanton Graubünden getragen – für die weiteren Vorarbeiten und das Konzept zu sprechen. Einen Monat später muss die Bündner Kandidatur dann das Auswahlverfahren bei Swiss Olympic überstehen. Aus Schweizer Sicht sind zwei andere Kandidaturen im Rennen:
- Westschweizer Kandidatur der Kantone Wallis und Waadt mit den Host Citys Montreux oder Sion, nachdem Lausanne und Crans Montana selbst darauf verzichteten.
- eine gesamtschweizerische Kandidatur mit Bern als Host City.
Zurückgezogen haben sich die Initianten der Zentralschweizer Kandidatur um Luzern sowie jene einer Zürcher Olympia-Bewegung. Die besten nationalen Chancen werden der Bündner und der Westschweizer Kandidatur eingeräumt, zumal sie regional von den grössten Wintersport-Kantonen getragen werden. Sollte Graubünden bis dahin noch im Rennen sein, wird der Bundesrat im Mai 2018 seine Botschaft zu Olympia aussprechen, ehe im Herbst 2018 erneut das Bündner Volk abstimmen darf – dann über das detaillierte Olympia-Konzept 2026.
Ist Graubünden 2026 auch an Weihnachten 2018 – sprich in ziemlich genau zwei Jahren – noch im Rennen, dann gilt’s endgütig ernst auf der grossen internationalen Bühne: Die Spiele werden dann im folgenden Sommer vom IOC vergeben.
Eine allfällige Schweizer Kandidatur kann sich jetzt schon darauf einstellen, dass eine ganze Reihe von internationalen «Konkurrenten» um die Spiele 2026 buhlen.
Innsbruck
IOC-Präsident Thomas Bach ermutigte den zweifachen Olympia-Austragungsort Innsbruck letzten Winter dazu, sich für die Spiele zu bewerben. Im Oktober hat das Österreichische Olympische Komitee zugestimmt, eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, ob man antreten will. Ein potenziell starker Konkurrent aus den Alpen mit klingendem Namen.
Stockholm
Der schwedische Vertreter Stockholm ist in einer ähnlichen Situation wie Graubünden: 2022 brach man den Bewerbungsprozess ab, weil die Stimmen aus dem Volk zu laut wurden, die Kosten seien zu hoch, die Spiele zu gross. Nach Einführung der IOC-Charta 2020 laufen derzeit Studien, ob man sich wieder bewerben will.
Aosta
Vor 25 Jahren bewarb sich das Wintersport-erfahrene Aosta-Tal für die Spiele 1998, scheiterte aber am späteren Ausrichter Nagano. Neue Initiativen planen eine Bewerbung für die Winterspiele 2026.
Dresden
Kaum zu glauben, aber sie «meinen es ernst», wie es auf der Webseite der Olympia-Bewegung in Norddeutschland heisst, initiiert vom Bürgermeister der involvierten Stadt Altenberg. Die Sachsen, immerhin das drittgrösste Wintersportgebiet Deutschlands, erhoffen sich von einer Olympia-Kandidatur neuen wirtschaftlichen Schwung.
Lviv
Der ukrainische Vertreter war schon für die Olympischen Spiele 2022 im Rennen, zog die Kandidatur dann aber wegen der politischen Lage zurück. Man kommunizierte zwar umgehend, man werde sich für 2026 bewerben. Ob dies angesichts des anhaltenden Konflikts mit Russland möglich ist, wird sich zeigen.
Almaty
Der kasachische Vertreter, zuletzt nur knapp an Tokyo 2022 gescheitert, überlegt sich eine neuerliche Kandidatur. Nachdem im letzten Kandidatur-Prozess aber Stimmen aus dem IOC laut wurden, man müsse Tokyo wählen, um Almaty zu verhindern, dürfte der Gegenwind für die Kasachen für die Spiele 2026 nicht kleiner werden.
Calgary
Der kanadische Ferienort hat schon vor über einem Jahr kommuniziert, dass man 2026 mit einer Kandidatur antreten wolle. Der Olympia-Gastgeber von 1988 hat kürzlich auch einen Kredit für die Ausarbeitung des Detailkonzepts gesprochen. Die Kanadier geben dafür allerdings nur fünf Millionen Franken aus.
Salt Lake City
Das amerikanische Olympische Komitee hat angekündigt, man wolle eine Bewerbung für die Winterspiele 2026 unterstützen. Salt Lake City, Olympia-Austragungsort 2002, scheint die besten Karten in Händen zu halten, mit Denver, Anchorage und Lake Placid sind aber auch andere interessante Kandidaten im Rennen.
Sapporo
Im japanischen Sapporo plant man schon seit einiger Zeit mit einer Kandidatur für 2026 oder 2030. Diese Spiele dürften zu den teureren Olympia-Kandidaturen gehören, budgetiert der Austragungsort von 1972 doch mit Ausgaben von 4,3 Milliarden Dollar. Das Konzept wurde vor wenigen Tagen dem nationalen Olympischen Komitee vorgestellt. Da die nächsten beiden Olympischen Winterspiele im asiatischen Raum stattfinden, dürfte die Kandidatur Sapporos für 2026 chancenlos sein.
Nicht nur die grossen Wintersport-Regionen spielen mit dem Gedanken einer Kandidatur: So sollen selbst in Chile und Argentinien Begehrlichkeiten wach geworden sein, sich zu bewerben. So oder so: Bis Olympische Spiele wieder den Weg nach Graubünden finden, warten noch viele Hürden auf die Initianten. Selbst wenn Graubünden 2026 bis zur IOC-Wahl durchkäme, würden dort ziemlich sicher einige grosse Brocken warten – möglicherweise Innsbruck, Stockholm und/oder Salt Lake City. Sicher ist jedenfalls, dass die Lust an den Olympischen Winterspielen nach Einführung der IOC-Charta 2020 weltweit wieder zugenommen hat.
(Quellen: Wikipedia/Washington Post/USA Today/IOC/olympia.gr.ch/Symbolbild: Olympische Spiele 2010 in Whistler/Valeriano Di Domenico/EQ Images)