Welt heute: Der IS auf dem Rückzug

Der wöchentliche GRHeute-Blick von Franco Membrini auf einen internationalen Brennpunkt.

 

In Kürze dürfte die Schlacht um Mossul, der zweitgrössten Stadt im Irak, beginnen. Die irakische Armee mobilisiert mithilfe der USA und deren Verbündeten im Norden des Landes und will die Stadt so schnell als möglich befreien. Diese Nachrichten sind erfreulich; besiegt ist der IS aber noch lange nicht.

Seit dem 10. Juni 2014 steht Mossul , damals noch fast drei Millionen Einwohner zählend, unter vollständiger Kontrolle der Fanatikermiliz IS. In diesen zweieinhalb Jahren veränderte sich das Gesicht und das Leben in der Stadt grundlegend. Historische Monumente wurden gesprengt, die zahlreichen christlichen Bewohner vertrieben, zwangskonvertiert oder hingerichtet, auch deren Häuser wurden beschlagnahmt und dienen nun als Unterkünfte für die radikalislamischen Kämpfer. Der Fall von Mossul in die Hände des IS verhalf den Terroristen aus zwei Gründen zu einer nahezu prosperierenden Zeit nach deren Eroberung. Einerseits war die Einnahme der 3 Mio. Metropole ein Sieg der symbolträchtiger kaum sein konnte. Die Miliz aus Syrien entriss der irakischen Armee quasi im Handstreich die Kontrolle über deren zweitgrösste Stadt. Solche unerwarteten Erfolge waren es, die tausende, häufig europäische Ausländer dazu inspirierten den Kampf des IS in Syrien oder im Irak zu unterstützen, im Extremfall durch ein One-Way-Ticket an die Front.  Andererseits hatte die Eroberung Mossuls auch handfestere Vorteile für den IS als bloss propagandistische. Die Ölverarbeitungsindustrie der Region versorgte den Islamischen Staat mit einem scheinbar unerschöpflichen Strom an finanziellen Mitteln. Diese ermöglichten erst das weitere Ausbreiten (und später das Überleben) der Fundamentalisten um Abu Bakr Al-Baghdadi auf weitere Gebiete im Irak und in Syrien.

Nun könnte diese Schreckensperiode in der Geschichte der historischen Stadt im Nordirak ein Ende nehmen. Gezielte Luftschläge der Anti-IS-Koalition, angeführt von den USA, haben die vom IS errichteten Verteidigungsanlagen um Mossul weitgehend zerstört. Darüber hinaus hat die irakische Armee seit März 2015 keinen Rückschlag mehr erlitten und holt nun zum finalen Schlag aus. Dafür ist der Löwenanteil der 100‘000 Mann starken Armee im Nordirak aufmarschiert.  Obwohl sich die meisten Experten einig sind, dass die Offensive zu einem schnellen Erfolg führen wird gibt es verschiedene Herausforderungen, deren Überwindung auch der stärksten Armee nicht leicht fallen würde. Von den ehemals drei Millionen Einwohnern Mossuls sind noch etwa 400‘000 im Zentrum der Stadt verblieben. Diese können vom IS immer noch als menschliche Schutzschilde benutzt werden. Abgesehen von diesem absoluten Albtraumszenario sind es auch die historischen Bauten der Altstadt die  gefährdet sind. Bei der Rückeroberung der Stadt Khalidiya, ähnlich gross wie Chur, standen nach den Kämpfen noch ganze vier Gebäude.

Wie die Offensive auch ausgehen mag, der IS ist noch lange nicht besiegt. Selbst wenn in Syrien in Kürze eine international anerkannte Lösung gefunden werden sollte, hat sich der Keim des IS schon längst über die Grenzen Syriens und des Irak ausgebreitet. Dies beinhaltet nicht nur die IS-Ableger in Libyen und anderen arabischen Ländern, sondern auch Europa. Die infektiöse Ideologie der Fundamentalisten lässt sich nicht nur mit militärischen Mitteln beseitigen. Jüngstes Beispiel für die immer noch langen Arme des IS ist der Terrorverdächtige Dschaber al-Bakr, syrischer Flüchtling in Deutschland, der nachweislich Kontakt zur Terrormiliz hatte.

 

(Archivbild: Luftschlag auf eine IS-Position in Kobani/Wikipedia)