Nicht schon wieder Olympia!

Eigentlich wollte ich eine Kolumne über die Bike- und Wanderinfrastruktur schreiben. Ich lasse das für den Moment sein. Biken und Wandern ist auch im nächsten Jahr wohl noch aktuell. Anders sieht es mit Olympia in Graubünden aus. Die Entscheidungen fallen bald an der Urne. Die Entscheidungen am Stammtisch oder Familientisch fallen jetzt. Die Ausgangslage heisst: anpacken oder zuschauen.

Olympische Spiele sind kein Grundgesetz, das natur- oder gottgegeben ist. Doch Olympische Spiele sind eine wiederkehrende globale Realität. Und das wird auch in naher Zukunft wohl so bleiben. Dass wir aber nur konsumieren und unsere Athletinnen und Athleten im Anschluss der Spiele bei uns feiern wollen, ohne selber mal die Verantwortung zu übernehmen, kann ich nicht verstehen. Als Graubünden, als Lebensraum der Alpen haben wir die Möglichkeit, die Zukunft aktiv und verantwortungsvoll zu gestalten. Wenn wir es nicht tun, dann machen es eben die anderen. Mit dem Resultat, dass die anderen uns auch überholen werden.

Die Diskussion um den Standort der Host-City ist mir egal. Ob das Olympiazentrum in St. Moritz, Chur oder bei mir zu Hause in Davos ist, ist für die grosse Welt absolut irrelevant. Wenn wir uns aber kantonsintern bereits jetzt mit Partikularinteressen gegenseitig aufreiben, dann haben wir auch keine Spiele verdient.

Vielleicht hätte ich doch über die Bike- und Wanderinfrastruktur schreiben sollen. Doch: Bike- und Wanderinfrastruktur in Ehren, Olympia hat etwas mehr: Olympia hat eine Aura und eine Botschaft. Nicht zuletzt auch, Frieden zu stiften. Frieden von Mensch zu Mensch. Und Frieden und ein Leben in Symbiose mit der Umwelt. Das war bei den alten Griechen noch anders. Im Jahr 2026 können wir die ersten sein, die letzteres beweisen. Wir haben es in unseren Händen zu beweisen, dass wir Künstlerinnen und Künstler sind in der Frage der Gestaltung des Alpenraums zwischen Nutzen und Schützen. Diese Frage der Gestaltung ist eine globale. In einer Welt in Zeiten der Energiewende, des Klimawandels und der grossen politischen Herausforderungen, die es neu zu schaffen gilt.

«Nicht schon wieder Olympia» ist die Ausgangslage. Lauten sollte es jedoch: «Endlich wieder Olympia in den Alpen. In Graubünden.»

Ernst Bromeis-Camichel
Wasserbotschafter und Expeditionsschwimmer

 

Die Tourismus-total-Expertenrunde von GRHeute berichtet und kommentiert einmal wöchentlich über aktuelle Tourismusthemen für Graubünden. Unverblümt und direkt von der Front.