Roland Vögtli ist seit jeher einer der wichtigsten und einflussreichsten Romanen und hat für mich immer den ultimativen Rockstar verkörpert. Einerseits dank seiner lässigen Art, anderseits durch sein phantastisches Gitarrenspiel. Ja, der Engadiner war für Little Bluemoon 2006 mit seiner Band AndaRojo ein regelrechtes Idol. Doch wird der Rockstar meiner Pubertät mich auch als 28-Jährigen überzeugen können?
Mit AndaRojo schrieb Vögtli Musikgeschichte, denn sie schmissen alle mal kurzerhand ihre Jobs hin und verreisten nach Südamerika, um sich komplett der Musik widmen zu können. Die schöne Story dokumentiert mit ihrem Debütalbum «Desert» und einer Dokumentations-DVD beeindruckte mich als Jugendlichen schwer. Leider verstand ausserhalb von Graubünden die Mehrheit – wie auch ich – kein Romanisch.
Seit 2006 sind einige Jahre und Projekte ins Land gezogen. Die allererste Frage, die ich mir stellte, als ich den Tonträger in der Hand hielt, war, ob Vögtli wieder komplett auf Romanische Lyrik setzten wird. Meines Erachtens nach ist Vögtli einer der wenigen Musiker Graubündens, die ein solch unglaublich grosses musikalisches Talent haben, was ihnen längst weit über die Grenzen Graubündens Bekanntheit und Ruhm einbringen sollte, verdientermassen. Doch der Engadiner hielt fest an seiner Muttersprache und aus der wirklich geilen Band wurde bald Staub ohne Asche und geerntete Lorbeerbäume.
Hier ein Song für all diejenigen, die 2006/2007 fernab der Zivilisation Graubünden geschlafen haben:
Doch genug der Geschichtsentstäubung, der Multiinstrumentalist hat mit seiner Freundin Maria ein Duoprojekt ins Leben gerufen und hat sich darin, respektive damit grandios entwickelt. Das Duo beackert eher ruhige Gefilde, groovt jedoch ziemlich gut zusammen. Hier hört man keine unüberlegte Rotzrocksongs. So klingt erwachsener Sound, durchdacht, harmonisch, zum Teil ein wenig repetitiv, doch nie langweilig. Ähnlich wie From Kid versuchen die Zwei zu gefallen, ohne sich zu verbiegen, was meinen vollen Respekt verdient.
Was hier echt einmal gesagt werden muss, die Frau De Val kann ganz schön draufhauen, wenn sie es denn will. Ein Schelm, wer das Schlagzeugspiel nur der männlichen Konkurrenz zuschreibt. Hier wird herzhaft rhythmisch gegroovt und geklopft.
Gesanglich, steht vor allem Maria im Vordergrund, was mir ein wenig missfällt. Vielleicht aus Nostalgie, doch ich finde Vögtli hat nach wie vor ein ausgezeichnetes, leicht einzuprägendes Organ mit enormer Power. Hervorragend zur Geltung kommt dieses dann genau in dem einzigen Romanischen Song «Hai eu less». Ja, der Engadiner ist angekommen im ruhigen, gemütlichen Indie-Pop-Rock und hat nun sein Gegenpol zur idealen Ergänzung in Maria De Val gefunden. Das klingt in den besten Momenten groovig, richtig cool, originell und neu, in den schlechtesten Momenten, aber auch vielleicht ein bisschen zu entschleunigt und ruhig. Die zehn Songs lassen mich ein wenig ratlos zurück. Musikalisch, sauber gespielt, lyrisch interessant und trotzdem springt der Funke bei mir nur zum Teil über. Ich denke ein kleiner, aber feiner Rock-Song hätte mich am Schluss dann voll und ganz überzeugt. Denn zusammenspielen, lieblich sich ansingen, coole Gitarrenriffs in etwas Grosses verwandeln und unglaublich kreativ sein, kann das Duo. Eine Prise mehr Mut zur Surprise wäre gut gewesen.
ME + MARIE veröffentlichen ein Debütalbum, welches auf der Erfolgswelle von grossen Acts wie 77 Bombay Street oder From Kid mitschwimmen könnte und doch eigen und phasenweise sehr stilsicher und cool wirkt.
Ein Duo, das Lust auf mehr macht und live sicherlich einige interessante Konzerte spielen wird.
Mehr Infos unter www.meandmarie.com
(Pressebild: Lorraine Hellwig)