4 Siege geschafft, noch 8 bis zur Titelverteidigung. Nun sollte man aber nicht zu weit nach vorne schauen, denn ab Donnerstag wartet mit dem SCB ein harter Brocken in den Halbfinals. Was spricht bei diesem Klassiker für den HCD?
Seit 1985/86 sind der HCD und der SCB sechsmal in den Playoffs aufeinander getroffen. Trotz der relativ tiefen Anzahl an Begegnungen gilt die Affiche als Klassiker und wird auch dieses Jahr ein Highlight werden. Bern gegen Davos – das ist wie wenn die Montreal Canadiens auf die Boston Bruins treffen. Dieser Vergleich hinkt nicht: Der HCD ist der mit Abstand erfolgreichste Verein in der Geschichte, gilt als Kult-Verein mit Fans in allen Ecken des Landes und hat bald 100 Jahre Tradition. Bern wiederum hat am zweitmeisten Titel aller Teams, hat die grösste Fangemeinschaft in ganz Europa und die grössten finanziellen Mittel. Bern gegen Davos – das ist zweifelsohne der Klassiker im Schweizer Eishockey. (Keine andere Affiche hat zumindest in den letzten 15 Jahren für mehr Furore gesorgt.)
Auch wenn der SCB in den letzten paar Jahren etwas unten durch musste und trotz schier unerschöpflichen finanziellen Mitteln immer wieder ins Leere griff – seien es die Verpflichtungen von Schweizer Spielern oder die von ausländischen Verstärkungen -, so muss man doch Acht geben: Der SCB ist in diesen Playoffs in Fahrt und hat mit dem Sweep über den grössten Favoriten, die ZSC Lions, bewiesen, dass sie immer noch zu den Big Four gehören und genug Firepower haben, um in den Halbfinals bestehen zu können.
Was gegen den HCD sprechen könnte
Der Bär hat nichts zu verlieren
Der SCB schaffte die Playoff-Qualifikation erst einen Tag vor Ende der Regular Season und stand eigentlich bereits vor dem Saisonende: Trainer-Kapriolen, inkonstante Torhüterleistungen, ein mässiges Team. Der achte Platz war bereits Belohnung genug für die durchzogene Saison. Und auch wenn man gegen die ZSC Lions wahrscheinlich chancenlos bleiben würde, so war die Playoff-Quali zumindest ein akzeptables Resultat. Zu Beginn der Viertelfinale war dann auch ein Motto klar beim SCB: «Wir haben nichts zu verlieren.»
Und dann kam die grosse Serie gegen den Z, und der SCB zeigte allen Experten und Kritikern, wie gefährlich es sein kann, wenn der Bär aufwacht. Mit einem Sweep gegen den Titelfavoriten aus Zürich stiess der SC Bern auf schnellstmöglichem Weg in den Halbfinal. Getreu nach dem Motto: «Wir haben nichts zu verlieren.»
Mit diesen zwei Erfolgserlebnissen ist das Selbstbewusstsein in die Höhe geschnellt. Alte, verschwundene Kräfte sind wieder wach, der Goalie hält plötzlich, und die Nicht-Weiterbeschäftigung von Head Coach Leuenberger gibt der Mannschaft als Einheit zusätzlichen Schub. Der Bär hat nichts zu verlieren und ist so gefährlich wie noch in dieser Saison.
Davos ist nicht bei der Sache
Davos wird seit mehreren Monaten in den Himmel gelobt. HCD dies, Davos das. Arno der Held, der Unterhalter. Wieser der Topskorer, Ambühl der beliebteste Spieler. Selten gibt es negative Attribute, wenn es um das Spiel des HCD geht. Mit der Erfahrung aus Spengler Cup und Champions Hockey League hat sich der HCD ein Tempo angewöhnt, das zwei Gänge höher ist als das der Kloten Flyers. Dementsprechend leicht fiel das Viertelfinal für die Landwassertaler aus. Das ist gefährlich. Nur zu oft scheiterte der überlegene Sieger einer Serie in der nächsten Runde, weil er sich an eine tiefere Intensität, an ein langsameres Tempo gewöhnte. Und die Kloten Flyers waren diese Saison wahrlich kein Gradmesser.
Eine Woche Pause seit dem letzten Spiel hilft auch nicht, einen Playoff-Rhythmus aufzubauen. Und auch wenn dieser Umstand beide Teams betrifft, so ist es doch Davos, dass mehr aufpassen muss, nicht zu überheblich in die Halbfinale zu steigen. Die jetzigen Lorbeeren helfen denkbar wenig, wenn das letzte Saisonspiel nicht gewonnen werden kann. Die ZSC Lions können davon ein Lied singen.
Was für den HCD sprechen könnte
Bern ist nicht bei der Sache
Was aber noch öfters passiert als überhebliche Favoriten, sind Underdogs, die nach einem grossen Coup implodieren und emotional nicht weiter anknüpfen können. Die Stimmen des SCB nach dem vierten Spiel gingen alle in diese Richtung. Die Spieler, die Coaches, alle freuten sich, als ob sie soeben Schweizer Meister wurden. Es erinnerte an Kevin Schläpfers Jubelstürme über eine Playoff-Qualifikation, oder die SCL Tigers Euphorie. Diese «Wenigstens-sind-wir-dabei»-Einstellung ist kein Rezept für Playoff-Erfolg, schon gar nicht gegen den HCD. Gut möglich, dass der SCB satt ist, und emotional zufrieden gestimmt ist. Das wäre der Tod für den Bären.
Der HCD ist das bessere Team. Wenn der SC Bern nicht die gleiche Leistung bringen kann wie im Viertelfinale, dann wird der HCD über kurz oder lang die Serie für sich entscheiden. Schaltet der SCB auch nur einen Gang zurück, dann sind die Halbfinale entschieden.
Davos ist Davos
Denn eigentlich spricht alles für den HCD. Nüchtern betrachtet ist Davos auf allen Positionen besser und tiefer besetzt.
Goalie? Genoni ist besser als Stepanek.
Verteidigung? Du Bois ist besser als Blum.
Härte? Forster ist besser Helbling.
Captain? Ambühl ist besser als Plüss.
Stürmertiefe? Jörg, Walser und Marc Wieser sind besser als Moser, Bodenmann und Berger.
Ausländer? Paulsson, Axelsson und Setoguchi sind besser als Roy und Ebbet.
Skorer? Lindgren ist besser als Conacher.
Provokateur? Dino Wieser ist besser als Thomas Rüfenacht.
Pest? Alexandre Picard ist besser als alle.
Und auch wenn man an mentale Vorteile, psychologische Spielchen und dergleichen glaubt, ist der HCD geprüfter und stärker. Den zur Zeit emotionalen Vorteil, den Bern scheinbar hat, ist eigentlich gar keiner. Denn isoliert betrachtet ist der HCD immer noch das Team mit den meisten Erfahrungen und Siegen in wichtigen Spielen. Der HCD verfügt seit einem Jahrzehnt über diesen psychologischen Vorteil. Diese Aura des Unbesiegbaren, wenn es draufankommt. Davos ist eben Davos. Und dann ist da noch diese erstaunliche Statistik: Wenn der HCD in den Playoffs auf Bern trifft und gewinnt, wird er zu 80% Schweizer Meister.
Fünf gewagte Prognosen
Der SCB holt sich gleich Spiel 1 in Davos.
Am Ende setzt sich aber der HCD mit 4:2 durch.
Eine Partie verzeichnet mehr als 50 Strafminuten (und Beat Forster wird für ein Spiel gesperrt).
Die Vaillant Arena ist trotzdem nur bei einem Spiel ausverkauft.
Dick Axelsson avanciert zum Bärentöter.
(Bilder: Daniel Teuscher, Jakob Mendolfi, Dennis Staiger/EQImages)