Doch kein Besuch in Brienz möglich

Die Bewohner:innen von Brienz können den Karfreitag doch nicht für einen Besuch zuhause nutzen. Die Situation im Bereich «Schutthalde oben» bleibt gefährlich. 

Die aktuelle Lage am Brienzer Rutsch präsentiert sich gemäss dem Bulletin des Gemeindeführungsstab Albula/Alvra vom Karfreitag so: 

Rutschung Berg
In den Bereichen Plateau/Front und im Bereich West stagnieren die Geschwindigkeiten auf hohem Niveau oder sie nehmen zu. Weiterhin rückläufig sind die Geschwindigkeiten beim Rücken Caltgeras und in der «Schutthalde oben».

Rutschung Dorf
Die Rutschung Dorf wird weiter langsamer. Besonders ausgeprägt ist der Rückgang der Geschwindigkeiten seit Mitte März im Westen der Rutschung. Beim Messhäuschen im Dorf beträgt die aktuelle Geschwindigkeit etwa 1.40 m/Jahr.
 
Prognose
Die «Schutthalde oben» kann sich bei viel Niederschlag oder Felsstürzen nach wie vor sehr rasch beschleunigen. Die Situation bleibt deshalb angespannt und gefährlich.

Die Entwicklung in den kommenden Monaten kann nicht vorhergesagt werden. Dies betrifft auch die Dauer der Gefährdung durch die Schutthalde oben und deshalb leider auch die Dauer der Evakuierung.
 
Geschwindigkeiten
Plateau: ca. 7.4 m/Jahr | stagnierend bis leicht zunehmend
Front: ca. 6.3 m/Jahr | leicht abnehmend
West: ca. 6.8 m/Jahr | abnehmend
Insel Ost: ca. 3.0 m/Jahr | abnehmend
Rücken Caltgeras: ca. 2.3 m/Jahr | leicht abnehmend
Rutschung Dorf: ca. 1.4 m/Jahr | abnehmend
Schutthalde oben: bis ca. 5.2 cm/Tag | stagnierend bis leicht abnehmend

 

 
Kein Zutritt zum Dorf am Karfreitag

Nach den Niederschlägen der letzten 36 Stunden muss eine Beschleunigung der Schutthalde oben erwartet werden. Nebel in der Rutschung Berg behinderte zudem die Laser-Tachymetermessungen aus dem Dorf. Die kurzfristige Entwicklung der Gefährdungslage ist ungewiss.

Deshalb kann am Karfreitag leider kein Zutritt für Evakuierte zum Dorf stattfinden.

Über den Zutritt am Folgetag wird jeweils am Vorabend per SMS an die für den Besuch registrierten Mobiltelefone informiert. 

Regelmässiger Zutritt zum Dorf an Wochenenden

Evakuierte Einheimische und Zweitwohnungsbesitzer:innen erhalten ab Ostern jeweils am Wochenende Zutritt zum Dorf Brienz/Brinzauls. Für Ostern gilt der Zutritt von Karfreitag bis Ostermontag (18. bis 21. April), danach jeweils von Freitag bis Sonntag. 

Aus Sicherheitsgründen müssen sich alle Personen, die das Dorf besuchen wollen, mit Namen, Adressen und Mobiltelefonnummern registrieren. Registrierte Mobiltelefone erhalten SMS-Nachrichten, ob die Besuche stattfinden können. 

Wer sich mit seiner Mobil-Telefonnummer bereits für frühere Besuchsmöglichkeiten registriert hat, braucht vorab nichts zu unternehmen. Wer noch nicht registriert ist, kann das bei der Hotline (079 936 39 39) tun.

Der Zutritt erfolgt wieder über den Kontrollpunkt Belfort und ist jeweils zwischen 8 und 18 Uhr möglich. Übernachtungen im Dorf sind aus Sicherheitsgrpünden untersagt.

Es gibt im Dorf noch immer kein Trinkwasser. Wo Brunnen laufen, führen bis auf Weiteres kein Trinkwasser. Der Gemeindeführungsstab meldet, sobald wieder Trinkwasser verfügbar ist.

Voraussetzung für den Besuch ist die positive Beurteilung der Gefährdungslage durch den Frühwarndienst. Alle registrierten Mobiltelefone erhalten am Vorabend bis 18 Uhr eine SMS-Nachricht, ob der Besuch am folgenden Tag stattfinden kann oder ob er aus Sicherheitsgründen abgesagt werden muss.
 

Erfolgreiche Bohrungen aus dem Entwässerungsstollen

Bis zu 500 Liter Wasser pro Minute strömen derzeit aus mehreren Bohrungen in den Entwässerungsstollen. «Aktuell haben wir insgesamt fünf Bohrungen hinauf in die Rutschmasse, die viel Wasser in den Stollen ableiten», sagt Geologe Daniel Figi vom Büro für Technische Geologie BTG.

Die jüngste Drainagebohrung 6 befindet sich unter der Wiese nordwestlich des Dorfes (gelber Kreis in der Grafik oben. Sie ist 100 Meter lang und führt vom Stollen senkrecht durch den Rutschhorizont hinauf in die Rutschmasse. «Der grosse Wasserabfluss führt dazu, dass der Wasserpegel in der Rutschmasse im Einflussbereich des Entwässerungsstollens stark sinkt. Seit der Fertigstellung der Drainagebohrung 6 ist er in der am nächsten gelegenen Überwachungsbohrung um 25 Meter zurückgegangen.»

Gleichzeitig geht seit November auch die Geschwindigkeit der Rutschung Dorf weiter zurück. «Die Verlangsamung der Rutschung hat nachweislich mit dem Entwässerungsstollen zu tun», erklärt Figi. «Wir sehen, dass die starken Rückgänge genau dann passiert sind, wenn wir neue Bohrungen zur Entwässerung von unten in die Rutschmasse gebohrt haben.»


 

Langzeit-Pumpversuch Armauns hat begonnen

In der Rutschmasse unter dem Gebiet Armauns liegt ein grosses Wasservorkommen. Gleichzeitig mit dem zweiten Besuchstag für die Evakuierten aus Brienz/Brinzauls konnten Spezialisten auch die geplante Pumpenanlage in einem Bohrloch im Gebiet Armauns fertigstellen. Die Pumpe läuft nun und fördert rund 200 Liter pro Minute aus dem unterirdischen Wasservorkommen (hellblaue Zone in der Grafik zum Bau des Entwässerungsstollens oben).

Der Pumpversuch soll zeigen, wie die Pegel im Wasservorkommen Armauns und ausserhalb davon sich verändern, wenn Wasser abgepumpt wird. Daraus können Hydrogeologen ableiten, wie viel Wasser in das Vorkommen nachfliesst und wie stark sich der abgesenkte Pegel auf den Wasserdruck im Dorfgebiet auswirkt.

Sobald der Entwässerungsstollen unter dieses Gebiet vorgetrieben ist, können erste Bohrungen von unten in das Wasservorkommen gemacht werden. Der Langzeitpumpversuch wird dann gestoppt. Die ersten dieser Bohrungen in die Rutschmasse beginnen voraussichtlich Mitte Mai. Sie haben zum Ziel, das Wasservorkommen vollständig und dauerhaft zu entleeren.

Unterhaltsarbeiten der Rhätischen Bahn an der Albulalinie

Wegen des Zutrittsverbots im Raum Brienz/Brinzauls hat die Rhätische Bahn seit November diverse Unterhaltsarbeiten an der Albulalinie aufgeschoben. Nun müssen diese nachgeholt werden. Seit Anfang April werden Schwellen verschoben und das Gleis wieder neu gerichtet. Die Arbeiten dauern bis Ende April und finden jeweils nachts statt.

Die starke Rutschung führt dazu, dass sich das Gleis der Albulalinie kontinuierlich verschiebt und dabei auch verlängert. Dennoch kann die Albulalinie sicher betrieben werden. Die Züge verkehren auf dem Abschnitt mit reduzierter Geschwindigkeit und der Unterhalt ist im Vergleich zu ähnlichen Abschnitten ohne Rutschung markant aufwändiger.

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