Graubünden investiert in Biodiversität

Biodiversität ist Naturkapital und somit wesentlicher Bestandteil des Reichtums des Kantons Graubünden: Um genügend intaktes Naturkapital an die nächsten Generationen weitergeben zu können, hat die Regierung im Rahmen des Entwicklungsschwerpunktes 9.1 des Regierungsprogramms 2021 – 2024 die Biodiversitätsstrategie Graubünden 2023 – 2032 und den Massnahmenband für die erste Umsetzungsetappe 2023 – 2028 verabschiedet. Bei der Umsetzung setzt der Kanton auf Förderung und Stärkung der Eigenverantwortlichkeit sowie auf Kooperation statt Einschränkungen.

Die Erhaltung und Förderung der Biodiversität ist eine Verbundsaufgabe. Basierend auf dem Grundlagenbericht «Biodiversität Graubünden 2022» erarbeitete der Kanton in einem transparenten und kooperativen Prozess mit den betroffenen kantonalen Fachstellen und externen Fachpersonen sowie unter Einbezug von Sektoren und Interessensgruppen die Biodiversitätsstrategie Graubünden 2023 – 2032. Der Prozess hatte das erklärte Ziel, bei allen Akteuren ein gemeinsames Verständnis zum Zustand der Biodiversität im Kanton Graubünden zu schaffen.

Als Teil der öffentlichen Mitwirkung diente eine webbasierte Umfrage. Bündner Gemeinden und Regionen, zahlreiche Verbände, Firmen und Forschungsinstitutionen sowie 65 Privatpersonen aus unterschiedlichen Fachbereichen haben die Vorlage mit über 80 Prozent als positiv oder eher positiv beurteilt. Der Auswertungsbericht zur öffentlichen Anhörung ist auf der Website des Amts für Natur und Umwelt publiziert.

Vielfalt als Versicherung

Fruchtbare Böden, stabile Hänge oder zurückgehaltenes Wasser in Feuchtgebieten geben Sicherheit im Alltag. Der Zustand der Biodiversität in der Schweiz ist allerdings unbefriedigend, schreibt die Standekanzlei in einer Medienmitteilung. «Obwohl in Graubünden eine nach wie vor reichhaltige Biodiversität in relativ guter Qualität vorhanden ist, hat der Grundlagenbericht über den Zustand der Biodiversität 2022 deutlich aufgezeigt, dass es bei den wassergebundenen Lebensräumen und entlang der Höhenzonen sowie generell in Gunstlagen (Standorte mit günstigen Produktionsbedingungen) erhebliche ökologische Defizite gibt. Zudem sind die Auswirkungen des Klimawandels auch in Graubünden vermehrt spürbarer.»

Die Regierung verfolgt daher ein übergeordnetes Ziel im Zusammenhang Biodiversität und Klimawandel: Künftige Bündner Generationen sollen auf eine gegenüber Veränderungen reichhaltige, widerstandsfähige Biodiversität zurückgreifen können, damit sie Herausforderungen wie den Klimawandel oder die Ernährungssicherheit besser bewältigen können.

Das Machbare tun

Die wesentlichen Eckpfeiler der vorliegenden Biodiversitätsstrategie sind in den vier Handlungsfeldern Lebensräume, Vernetzung der Lebensräume, Arten und genetische Vielfalt sowie Gesellschaftliche Verantwortung definiert und mit 20 Zielversprechen untermauert, welche in 28 wirkungsorientierten Massnahmen mit klaren Verantwortlichkeiten münden. Die Zielversprechen fokussieren darauf, ökologisch noch intakte Lebensräume und vielfältige Kulturlandschaften zu erhalten und zu fördern sowie beeinträchtigte Lebensräume insbesondere wassergebundene Lebensräume aufzuwerten, wo dies möglich ist. Ein wesentliches Ziel bildet zudem die Verstärkung der Sensibilisierung der Bevölkerung, der relevanten Berufsgruppen aber auch der Regionen und Gemeinden. Die iterative Umsetzung der Massnahmen ist in zwei Etappen 2023 – 2028 und 2029 – 2032 vorgesehen, im Sinne «das Machbare zur richtigen Zeit zu tun». Damit begegnet die Regierung den vier Herausforderungen für den Erhalt und die Förderung des Bündner Naturkapitals:

  • Die noch vorhandene, gute ökologische Qualität in den Bergzonen 3 und 4, im Sömmerungsgebiet, in der alpinen und von Schnee geprägten Zone sowie im Wald erhalten. (Beispielsweise Massnahme 9 der Vergandung entgegenwirken, M21 Biodiversitätsbetriebe Landwirtschaft)
  • Im Spannungsfeld von Zielkonflikten und Klimawandel ausgewogene Lösungen für die grossen Defizite bei den wassergebundenen Lebensräumen und den davon abhängigen Arten finden. (Beispielsweise Massnahme 3 Kleingewässer – aufwerten, vernetzen und neu schaffen)
  • Das starke Biodiversitätsgefälle entlang dem Höhengradienten mit ökologischen Defiziten in den Tal- und Gunstlagen mildern. (Beispielsweise Massnahme 12 Biodiversität am Strassenrand – Ökol. Unterhalt von Kantonsstrassenböschungen)
  • Die Eigenverantwortung aller für das Naturkapital stärken. (Beispielsweise Massnahmen 19 und 20 Befähigung Berufsfachleute, Erfahrungs-/Wissensaustausch, Sensibilisierung)

Förderung und Kooperation statt Einschränkungen

Die Stossrichtung der Biodiversitätsstrategie geht bewusst den Weg der Förderung statt Einschränkungen. Nachhaltige Entscheidungen und Verhaltensweisen im Wirtschaftssystem sollen stärker belohnt und die Eigenverantwortung gestärkt werden. Die Biodiversitätsstrategie Graubünden ist im Rahmen des geltenden Rechts umsetzbar. Sie ersetzt oder verschärft keine laufenden Programme, Planungen oder Projekte, sondern schafft Synergien und schliesst Lücken. Damit bleiben auch die gesetzlich geregelten Zuständigkeiten unverändert.

Die Nahtstellen der Biodiversitätsstrategie sind mit laufenden Aktivitäten zur Erhaltung und Förderung der Biodiversität (z.B. Waldbiodiversität Graubünden) und zur Anpassung an den Klimawandel (z.B. klimaangepasste Landwirtschaft und Ernährung) abgestimmt. Die Biodiversitätsstrategie deckt das Handlungsfeld Biodiversität der Klimastrategie Graubünden ab. Diese Vernetzungen und Abstimmungen sind Teil des «Bündner Wegs»: «Zielkonflikten begegnen wir mit fundiertem Wissen, Offenheit für gute Ideen und der Erarbeitung von pragmatischen Lösungen in einem fairen Austausch sowie der Akzeptanz für sorgfältig abgewogene Entscheide», erläutert Remo Fehr, Leiter des Amts für Natur und Umwelt.

Erhaltung der Biodiversität – eine Investition

Der Erhalt und die Förderung des Naturkapitals Graubünden mit der Biodiversitätsstrategie hat auch ihren Preis Die Kosten für die erste Umsetzungsphase belaufen sich auf rund 45,7 Millionen Franken (exklusiv Personalkosten). Der Bund beteiligt sich im Rahmen seiner Programmvereinbarungen in den Bereichen Naturschutz und Waldbiodiversität mit rund 50 Prozent an den Kosten. 17 der 28 Massnahmen können im Rahmen der laufenden Budgets umgesetzt werden. Elf Massnahmen benötigen zusätzlich 3,84 Millionen Franken. Diese werden im Budget 2025 und im Finanzplan 2026 – 2028 beantragt. Für die erfolgreiche kooperative Umsetzung der Massnahmen der ersten Programmetappe – auf dem «Bündner Weg» – sind zusätzliche Personalressourcen in fünf Dienststellen erforderlich.

Das Naturkapital als Vermächtnis

Mit der Biodiversitätsstrategie setzt der Kanton einen klaren, umsetzbaren Grundstein für die Sicherung unseres Naturkapitals. «Ich wünsche mir, dass unsere Grosskinder und Urgrosskinder einmal sagen können, dass es dem Kanton Graubünden rechtzeitig gelungen ist, seine Kräfte zu bündeln und die Weichen so zu stellen, dass Graubünden langfristig eine echte, authentische und gern besuchte Naturmetropole bleibt», erläutert Regierungspräsident Jon Domenic Parolini.

 

(Bild: Gretursina Brändli/zVg.)