Die Regierung hat das Richtplanverfahren für die Umfahrung Sta. Maria in der Val Müstair, die Umfahrung Susch im Unterengadin sowie die Strassenkorrektion der Malojastrasse zwischen Silvaplana und Plaun da Lej im Oberengadin eingeleitet. Damit wurde ein wichtiger Schritt für die Strassenbauvorhaben erreicht.
Das Tiefbauamt Graubünden (TBA) hat die Planung der Umfahrung Sta. Maria in der Val Müstair, der Umfahrung Susch im Unterengadin und der Strassenkorrektion zwischen Silvaplana und Plaun da Lej im Oberengadin in den vergangenen Jahren intensiv vorangetrieben, wie die Standeskanzlei des Kanton Graubündens am Donnerstag mitteilt. Die Arbeiten sind inzwischen soweit fortgeschritten, dass die Regierung das kantonale Amt für Raumentwicklung (ARE) damit beauftragt, die Richtplananpassung für die Strassenbauprojekte einzuleiten.
«Ich freue mich, dass wir das Richtplanverfahren für die Ortsumfahrungen Sta. Maria und Susch sowie für zwei Grossprojekte an der Malojastrasse nun einleiten können. Es ist ein wichtiger Schritt für die betroffenen Regionen», sagt Regierungsrätin Carmelia Maissen, Vorsteherin des Departements für Infrastruktur, Energie und Mobilität.
Damit der Kanton ein konkretes Bauprojekt auflegen kann, ist im kantonalen Richtplan für jedes der Strassenbauvorhaben ein Eintrag mit dem Koordinationsstand «Festsetzung» erforderlich. Der Koordinationsstand «Festsetzung» wird nur erteilt, wenn anhand eines breit abgestützten Variantenstudiums nachvollziehbar dargelegt wurde, weshalb die empfohlene Variante die zweckmässigste Variante darstellt und deren Auswirkungen vertieft geprüft wurden. Das Richtplanverfahren dauert rund eineinhalb bis zwei Jahre, da das Verfahren einer Genehmigung durch den Bund erfordert.
Welches der Grossprojekte letztlich als Erstes umgesetzt wird, lässt sich gemäss heutigem Planungsstand noch nicht festlegen. Dazu müssen noch weitere umfassende Projektierungsarbeiten und die damit erforderlichen Verfahrensschritte abgewartet werden.
Die Projekte im Detail
Ofenbergstrasse, Umfahrung Sta. Maria Val Müstair
Um den Ortskern von Sta. Maria vom hohen Verkehrsaufkommen der Ofenbergstrasse zu entlasten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, standen nach Abschluss eines umfassenden Variantenstudiums im Januar 2023 zwei mögliche Varianten, die «Umfahrung Süd» und die «Umfahrung Nord» im Vordergrund. Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) sowie die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD) kamen in ihrem Gutachten vom Februar 2023 zum Schluss, dass beide Varianten «zu schweren Beeinträchtigungen des ISOS (Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung) sowie des IVS (Bundesinventar der historischen Verkehrswege von nationaler Bedeutung) führen würden». Sie empfahlen eine mittels Lichtsignalanlage gesteuerte Ortsdurchfahrt oder die Erstellung eines bergmännischen Tunnels, wobei die beiden Tunnelportale möglichst ausserhalb des Ortsbilds errichtet werden müssten.
Das Tiefbauamt nahm in der Folge die Empfehlungen der eidgenössischen Kommissionen auf und gab ein ergänzendes Variantenstudium in Auftrag. Dieses zeigte auf, dass die zwei neuen, bergmännischen Tunnelvarianten etwa denselben Nutzen generieren würden, wie die «Umfahrung Nord» der ursprünglich vorgeschlagenen Variante. Die zwei neuen bergmännischen Tunnelvarianten schneiden zwar hinsichtlich der Beeinträchtigung der nationalen Schutzinteressen gut ab, können aber aufgrund der Kosten nicht gerechtfertigt werden, da sie ein Vielfaches der bisherigen Varianten betragen würden. Nach eingehender Prüfung kommt die Regierung zum Schluss, dass die ursprüngliche Variante, die «Umfahrung Nord» weiterverfolgt wird. Die Kosten für das Projekt betragen rund 47 Millionen Franken.
Engadinerstrasse, Umfahrung Susch
Die Engadinerstrasse verläuft heute mitten durch den historischen Dorfkern von Susch. Die Fraktion Susch der Gemeinde Zernez ist an Spitzentagen im Winter und im Sommer einer vergleichsweise starken Verkehrsbelastung ausgesetzt. Eine Umfahrung soll das Dorf vom hohen Verkehrsaufkommen entlasten. Bereits in den Neunzigerjahren standen eine Ost- und eine Westvariante zur Diskussion, wobei sich die damalige Gemeinde Susch und der Kanton nicht auf eine gemeinsame Variante einigen konnten.
Das TBA trieb das Variantenstudium in den vergangenen Jahren intensiv voran. Von insgesamt 19 Varianten wurden sechs vertiefter geprüft. Dabei zeigte sich, dass die Ost-Varianten vor allem beim Kriterium «Natur und Landschaft» kritisch zu beurteilen sind. Somit standen bei der Ermittlung der zweckmässigsten Variante die West-Varianten im Vordergrund. Für den Richtplaneintrag werden zwei Varianten (siehe Abbildungen 2 und 3) weiterverfolgt, die sich lediglich durch die Länge des Tunnels unterscheiden. Die definitive Tunnellänge wird im Rahmen des dem Richtplanverfahren nachfolgenden Auflageprojekts ermittelt. Die Kosten für das Projekt betragen rund 80 Millionen Franken.
(Bild: Version Tunnel kurz)
(Bild: Version Tunnel lang)
Strassenkorrektion Malojastrasse, Abschnitt Silvaplana – Plaun da Lej
Die Malojastrasse ist die einzige Strassenverbindung vom Oberengadin ins Bergell und eine wichtige Verkehrsverbindung von Italien über Chiavenna ins Engadin. Der Abschnitt zwischen dem Anschluss Sils Föglias und Plaun da Lej ist durch Naturgefahren im Sommer und Winter gefährdet. Die punktuellen Schutzmassnahmen erhöhen zwar die Sicherheit, können aber eine Sperrung der Strasse nicht immer verhindern. Bereits im Jahr 2021 lag ein generelles Projekt mit einer bergmännischen Tunnelvariante zur Erhöhung der Sicherheit auf diesem Abschnitt vor. Aufgrund der Stellungnahmen der ENHK sowie kantonalen und nationalen Umweltschutzorganisationen hat das TBA diese Variante weiter überarbeitet und den Tunnel in Richtung Plaun da Lej auf insgesamt 2,7 Kilometer verlängert. Mit der neuen Linienführung könnte das bestehende Trassee als attraktive Langsamverkehrsverbindung genutzt werden.
Zwischen dem Anschluss Sils Föglias und dem Kreisel Silvaplana befindet sich die Malojastrasse in einem baulich schlechten Zustand (siehe Abbildung 5). Ausserdem entspricht sie mit fünf bis sechs Metern Breite nicht mehr den aktuellen Anforderungen an die Verkehrssicherheit. Mit dem Ausbau des rund zwei Kilometer langen Abschnitts sind mehrere Kurvenverbreiterungen sowie in beide Richtungen je ein Radstreifen vorgesehen. Die neue Linienführung nutzt grundsätzlich das Trassee der bestehenden Strasse. Die Kosten für beide Projekte betragen rund 310 Millionen Franken.
(Bilder: zVg.)