Die Ofenbergstrasse, die durch den Ortskern von Sta. Maria im Val Müstair führt, ist eng und während der Hauptreisezeiten häufig überlastet. Eine Umfahrung soll Besserung bringen. Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) sowie die Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege (EKD) lehnen die vom Tiefbauamt Graubünden (TBA) im Rahmen des Richtplanverfahrens präsentierten Varianten in einem Gutachten vom Februar 2023 ab.
Die Ofenbergstrasse (Hauptstrasse A28) verbindet das Unterengadin über den Ofenpass mit dem Südtirol. Die Umbrailstrasse mündet im Dorfzentrum in Sta. Maria zusätzlich in die Hauptstrasse ein. Der enge Ortskern ist ein Nadelöhr, ein Kreuzen von Fahrzeugen des Schwerverkehrs ist nicht möglich. Aufgrund der zu geringen Kapazität und des zunehmenden Durchgangsverkehrs ist der Verkehrsfluss während der Hauptreisezeiten immer wieder beeinträchtigt. Die zunehmenden Emissionen wie Verkehrslärm, Abgase oder Erschütterungen führen folglich zu erhöhten Belastungen für die Einwohnerinnen und Einwohner. Auch die Verkehrssicherheit für zu Fuss gehende Personen sowie Radfahrerinnen und Radfahrer – insbesondere Kinder – ist eingeschränkt, da an den Engpässen keine durchgehenden Trottoirs vorhanden sind.
Zwei Varianten für nord- oder südseitige Umfahrung vertieft
Um den Ortskern vom hohen Verkehrsaufkommen zu entlasten und die Verkehrssicherheit zu erhöhen, standen nach Abschluss eines umfassenden Variantenstudiums durch ein externes Planungsbüro sowie einer paritätisch zusammengesetzten Begleitgruppe zwei mögliche Varianten im Fokus, wie die Standeskanzlei des Kantons Graubünden am Dienstag mitteilte.
Die erste Variante sieht eine weiträumige Umfahrung im Süden vor. Die Strasse würde dabei in zwei Abschnitten von 445 Metern und 600 Metern Länge durch Tunnels geführt. Am südlichsten Punkt – zwischen den beiden Tunnels – würde die Umbrailstrasse oberirdisch in die Umfahrung einmünden. Die Überquerung der Muranzina (Zufluss des Rombachs) würde über eine rund 100 Meter lange Brücke, ebenfalls zwischen den beiden Tunnels, erfolgen:
Bei der zweiten Variante würde die Strasse am nördlichen Siedlungsrand entlang des Dorfes führen, wobei 600 Meter in einen Tunnel verlegt würden. Eine Einmündung der Umbrailstrasse in die Umfahrungsstrasse wäre bei dieser Variante nicht möglich:
ENHK und EKD lehnen beide Varianten ab
Im Gutachten vom Februar 2023 kommen die beiden eidgenössischen Kommissionen zum Schluss, dass beide Varianten zu schweren Beeinträchtigungen des ISOS (Inventar schützenswerter Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung) sowie des IVS (Bundesinventar der historischen Verkehrswege von nationaler Bedeutung) führen würden und somit nicht zur Umsetzung empfohlen werden. Gemäss den Kommissionen ist die Entlastung des Ortskerns vom Verkehr auch aus der Sicht des schützenswerten Ortsbilds von Sta. Maria grundsätzlich zu begrüssen. Sie empfehlen jedoch – aufgrund der Beeinträchtigung des Dorfbilds, die die vorgeschlagenen Varianten mit sich bringen würden – eine Lösung, die eine mittels Lichtsignalanlage gesteuerte Ortsdurchfahrt vorsieht. Sollte an einer Umfahrung festgehalten werden, empfehlen sie allenfalls die Erstellung eines bergmännischen Tunnels, wobei die beiden Tunnelportale möglichst ausserhalb des Ortsbilds errichtet werden müssten.
Weiteres Vorgehen
Der Kanton nimmt die Empfehlung der eidgenössischen Kommissionen auf und wird zusammen mit der Gemeinde sowohl die Variante einer Lichtsignalanlage als auch für eine bergmännische Tunnelvariante prüfen. Diese Abklärungen werden jedoch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen und fliessen in das laufende Richtplanverfahren ein.
(Bilder: zVg)